Bereits zum zehnten Mal findet am 7. September auf St. Pauli der Tag der Legenden statt. Franz Beckenbauer ist der Schirmherr im Jubiläumsspiel.

Hamburg. Da stand er nun neben den anderen Legenden, Kapitäne allesamt, so wie er selbst. Der unkaputtbare Karl-Heinz Körbel erzählte von seinen vier Pokalsiegen mit Eintracht Frankfurt, Thomas von Heesen von Meisterschaft und Landesmeister-Cup mit dem HSV, Thomas Berthold von der magischen Nacht in Rom und dem WM-Titel 1990. „Ich“, sagte Fabian Boll, „ich habe den Oddset-Pokal gewonnen. Gegen Halstenbek-Rellingen.“

Erstmals wird Boll nun am 7. September beim Tag der Legenden wieder im Millerntor-Stadion auflaufen, dort wo er am 11. Mai gegen Erzgebirge Aue seinen hoch emotionalen Abschied vom Profifußball gefeiert hatte. Jetzt ist der 35-Jährige auch offiziell in den Legendenstatus erhoben, den ihm die Fans des FC St. Pauli schon lange zubilligen. „Ich habe zwölf Jahre in dem Stadion gespielt, da werde ich keine Eingewöhnungsschwierigkeiten haben“, sagte Boll.

Zum zehnten Mal bereits steigt am Millerntor das große Ehemaligentreffen der Fußballstars aus Hamburg, Deutschland und einem kleinen bisschen Welt zugunsten von Reinhold Beckmanns Initiative Nestwerk e. V., die mit zahlreichen Projekten aus Sport und Kultur insbesondere Kinder aus weniger privilegierten Hamburger Wohngebieten fördert. Hamburg gegen Deutschland – das Spiel ist inzwischen selbst Kult und Vorbild für diverse Nachahmer in ganz Deutschland. „Aber wir sind das Original“, betont Sportberater Christian Hinzpeter, neben Beckmann einer der Macher von Nestwerk.

Möwengeschrei und Meeresrauschen, Sturmgebrus und schlagende Brecher – man meinte fast, das Salz zu schmecken und den Tang zu riechen bei der Präsentation des Spiels im Hotel Le Méridien an der Außenalster. Und als dann noch ein Film auf großer Leinwand wogende Wellen quasi in den Saal schwappen ließ, da war die virtuelle Seekrankheit nicht weit. Dann kam tatsächlich ein Schiff, es schob sich von hinten in den Raum. Guter Zweck heiligt die Mittel. „Die Kapitäne entern Hamburg“, lautet das Motto der zehnten Auflage.

Wohlan denn und Ahoi!

So ein Jubiläum, das rechtfertigt ja, noch einen draufzusetzen auf die ohnehin traditionell aufwendige PR- und Werbekampagne für das Spiel, das doch diesen Aufwand eigentlich gar nicht mehr nötig hätte. „7000 Karten sind bereits verkauft, praktisch ohne Werbung“, freute sich Beckmann, „aber unser Ziel ist natürlich wieder ein ausverkauftes Millerntor.“

172.000 Zuschauer haben in den neun Jahren zuvor die Stadiontore passiert, 1,75 Millionen Euro Einnahmen aus Eintrittskarten und Spenden konnte Nestwerk bislang verbuchen. „Unser Ziel ist es, die zwei Millionen zu knacken“, sagte Beckmann. 223 Spieler haben insgesamt bereits die Fußballschuhe geschnürt und 71 Tore geschossen. Und weil in diesem Jahr nun eben ein ganz besonderes Jahr ist, wird auch ein ganz Besonderer als Schirmherr fungieren: Franz Beckenbauer.

Kapitäne, große Fahrt, Blick voraus. Uwe Seeler, Boll, Männer, die ihr Team auch durch raue See steuerten. „Reize setzen muss man“, sagt Thomas von Heesen, der auch einst die Binde beim HSV trug. Dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden geht es heute oft zu gleichgeschaltet zu in den Mannschaften: „Wir verlieren zusammen, na toll. Es geht nicht, dass alle zufrieden sind. Ein Kapitän muss auch mal dazwischen hauen.“ Konkret über seinen Verein sprach von Heesen nicht – aber irgendwie hatten alle im Saal das Gefühl, als würde der Klabautermann bei von Heesens Worten leise „van der Vaart, van der Vaart“ flüstern.

Auf der Trainerbank vom Team Hamburg sitzt wieder Helmut Schulte. Die deutsche Auswahl wird von Jupp Heynckes betreut, der nach seinem Abschied als Triple-Champion mit den Bayern erstmals wieder auf einer Trainerbank sitzt und sofort zugesagt hat, als ihn die Einladung ereilte. Eine Premiere also, ebenso wie die Debüts von Carsten Jancker, Christoph Metzelder, Arne Friedrich und Körbel.

Der „treue Charly“, der die Rekordzahl von 602 Bundesligaspiele für Eintracht Frankfurt bestritt, und nur für Eintracht Frankfurt, hat zum Millerntor übrigens eine besondere Beziehung. Am 8. Juni 1991 ging dort beim 1:1 gegen St. Pauli am 33. Spieltag seine Erstligakarriere zu Ende, der geplante große Abschied im abschließenden Heimspiel im Waldstadion blieb ihm verwehrt. Schiedsrichter Michael Prengel zeigte ihm eine Gelbe Karte, Sperre. „Das macht man nicht“, sagte Körbel, „auch die St.-Pauli-Spieler haben noch versucht, Prengel davon abzuhalten.“

Aber jetzt, jetzt kann der 59-Jährige seinen Frieden machen mit St. Pauli. Und er freut sich drauf, viel Gutes hat er schließlich schon gehört, insbesondere auch von der Galanacht der Legenden nach dem Spiel im Tivoli. „Da soll es ja ziemlich abgehen“, sagte Körbel, „ich muss mir noch überlegen, ob ich meine Frau mitbringe oder nicht.“