HSV trennt sich vom Sportdirektor. Bernhard Peters soll Nachwuchschef werden

Hamburg. Wer am vergangenen Mittwochmittag im stickigen HSV-Presseraum in der Arena am Volkspark genau zuhörte, konnte die Botschaft bereits erahnen. „Wie sieht die Zukunft von Sportchef Oliver Kreuzer aus“, lautete die Frage an den neuen Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer bei dessen Präsentation. Beiersdorfer antwortete außerordentlich diplomatisch: „Ich habe ihm gesagt, dass wir über alles reden, wenn ich im Amt bin.“ Ansonsten werde er sich zu personellen Fragen jetzt nicht äußern. Ein Treuebekenntnis sah anders aus.

Seit Montagnachmittag ist die Entscheidung nun offiziell gefallen. Auf der Homepage des Vereins dankte Beiersdorfer Kreuzer „für dessen großen Einsatz“, lobte ihn auch dafür, „wie er mich in den vergangenen Wochen beim Übergang in die Fußball AG und bei der Kaderplanung unterstützt und begleitet hat“. Am Ende aber stand die sofortige Beurlaubung. Kreuzer muss gehen. „Wir haben gewisse Vorstellungen einer Neuausrichtung des sportlichen Bereichs. Diese Entscheidung ist ein Teil davon. Ich habe Oliver Kreuzer heute in einem persönlichen Gespräch davon unterrichtet“, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Damit endet der Kontrakt des ehemaligen Verteidigers in Diensten des FC Bayern nach einem guten Jahr. In einer ersten Reaktion äußerte sich Kreuzer am Montagabend gegenüber dem Abendblatt „überrascht“ über die Entscheidung. Er hatte gehofft, sich insbesondere mit der Verpflichtung von Stürmer Pierre-Michel Lasogga für weitere Aufgaben empfohlen zu haben.

Erst am 11. Juni 2013 hatte Kreuzer beim HSV einen Dreijahresvertrag als Sportvorstand unterschrieben. Kreuzer hatte sich in einer Bewerbungsrunde beim HSV-Aufsichtsrat gegen den ehemaligen Hannover-96-Manager Jörg Schmadtke durchgesetzt. Für Kreuzer war es der Start in eine schwierige Mission. Von Beginn an sorgte die Ablöse von rund 650.000 Euro an den Zweitliga-Aufsteiger Karlsruher SC – dort hatte Kreuzer einen laufenden Vertrag – für große Aufregung in Hamburg. HSV-Investor Klaus-Michael Kühne heizte diese Diskussion in einem Abendblatt-Interview weiter an, nannte Kreuzer einen „Drittligamanager“, der der Aufgabe nicht gewachsen sei.

Die insgesamt desaströse Saison – der HSV entließ zunächst Trainer Thorsten Fink, dann dessen Nachfolger Bert van Marwijk – beschädigte das Ansehen Kreuzers weiter. Zudem wurden ihm falsche Transferentscheidungen angelastet – etwa die Verpflichtungen von Stürmer Jacques Zoua und Innenverteidiger Lasse Sobiech (inzwischen wieder beim FC St. Pauli) sowie den Winterflops Ouasim Bouy und Ola John. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Kreuzer auf Wunsch der jeweiligen Trainer handelte.

Mit dem Wechsel zur HSV AG zeichnete sich dennoch immer mehr ab, dass Kreuzer seinen Job wohl verlieren würde. Der neue Aufsichtsratschef Karl Gernandt, ein enger Vertrauter Kühnes, galt von Beginn an als Gegner des 48-Jährigen. Gernandt missfiel besonders, dass Kreuzer weiter im Transfergeschäft tätig war, obwohl Beiersdorfer als neuer Vorstandschef gehandelt wurde. Öffentlich erklärte Gernandt, dass die Verpflichtung des Fürthers Zoltan Stieber gegen den Willen des neuen Rats passiert sei. Kreuzer betonte zwar immer wieder, dass er sich mit Beiersdorfer sehr wohl abstimme. Doch offenbar war auch der designierte Chef von diesem Transfer nicht wirklich überzeugt. Am Ende konnte Kreuzer nicht mal mehr seine Bereitschaft retten, ohne Vorstandsamt unter Beiersdorfer als einfacher Sportchef zu arbeiten. Der neue Chef wollte den klaren Schnitt.

Mit der Demission Kreuzers steigen die Chancen auf ein Engagement von Bernhard Peters beim HSV. Der ehemalige Hockey-Bundestrainer (2000–2006) war einst Favorit von Jürgen Klinsmann für den Posten des DFB-Sportchefs. Den Job bekam schließlich Matthias Sammer. Peters führt jetzt seit 2006 erfolgreich die Nachwuchsabteilung des Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim, die dortige Trainingssteuerung und Talentsichtung gilt in der Branche als vorbildlich. Hoffenheims A-Jugend wurde in dieser Saison deutscher Meister. Peters soll nun als neuer Chef die als marode geltende Scouting- und Nachwuchsabteilung des HSV auf Vordermann bringen.

Die Frage bleibt, was Peters an einem Wechsel vom finanziell entschieden gesünderen Club des Milliardärs Dietmar Hopp zum äußerst klammen HSV reizen könnte. Neben der ohne Frage großen Perspektive in der zweitgrößten deutschen Stadt spielt bei dieser Entscheidung offenbar auch eine gewisse Unzufriedenheit Peters in Hoffenheim mit. So war der Diplom-Sportlehrer offenbar schon nach dem Rücktritt von Trainer Ralf Rangnick am Neujahrstag 2011 kurz davor, die Brocken in Hoffenheim hinzuwerfen. Peters hatte vergebens dafür gekämpft, Markus Gisdol sofort den Job zu geben. Doch der wurde erst im April 2013 Trainer in der Bundesliga. Zudem sollen Peters die Alleingänge Hopps zunehmend nerven.

Privat hält sich Peters ohnehin des Öfteren in der Hansestadt auf, da sein Sohn Jan für den Club an der Alster Hockey spielt. Wohl schon sehr bald dürfte der Weg zu ihm deutlich kürzer werden. Vorher muss der HSV mal wieder eine hohe Abfindung zahlen. Diesmal an Kreuzer. Aber darin hat der HSV ja Übung wie kein anderer Verein in der Fußball-Bundesliga.