Vorstand muss mehr als 50 Anträge zur HSVPlus-Ausgliederung bearbeiten. Eine Mammutveranstaltung droht

Hamburg. Sieben Minuten vor Mitternacht am späten Ostersonntag erreichte dann auch der letzte Antrag sein Ziel. Um 23.53 Uhr, also unmittelbar vor dem Ende der Frist, erhielt HSV-Vorstand Oliver Scheel die E-Mail eines Mitglieds aus der Hockeyabteilung. Und der Absender hatte ein sehr konkretes Anliegen: Gerade noch rechtzeitig sprach er sich dafür aus, dass die Mitglieder auf der Versammlung am 25. Mai im Stadion entscheiden mögen, dass eine mögliche neue Fußball-AG doch bitteschön zukünftig Lizenzgebühren für die Benutzung der HSV-Raute an den Verein bezahlen möge. „Das war der letzte von insgesamt mehr als 50 Anträgen, der rechtzeitig vor Fristende bei uns einging“, sagte Scheel am Ostermontag, als er sich zunächst mal einen ersten Überblick verschaffte.

Noch bevor sich die HSV-Anwälte an diesem Dienstag mit den zahlreichen Anträgen beschäftigen werden, scheint schon jetzt sicher, dass den Mitgliedern auf der mit Spannung erwarteten Versammlung nach der Saison eine echte Mammutsitzung droht. „Sicherlich können einige in der Sache ähnliche Anträge thematisch zusammengefasst werden. Trotzdem wird es sehr zeitaufwendig, wenn man alle Anträge bespricht und abstimmt“, sagte Scheel, der als Vorstand für die Belange der Mitglieder für den Ablauf der Veranstaltung verantwortlich ist.

Auf der Veranstaltung, für die sich bereits jetzt mehr als 5000 Mitglieder unverbindlich angekündigt haben, soll in erster Linie über die Ausgliederungspläne von HSVPlus um Initiator Otto Rieckhoff abgestimmt werden. Bereits in der vergangenen Woche hatte der frühere Aufsichtsratschef sein Schattenkabinett für den künftigen AG-Aufsichtsrat vorgestellt, in dem neben den früheren Stars Thomas von Heesen und Peter Nogly auch Klitschko-Manager Bernd Bönte, Immobilienexperte Dieter Becken, Felix Goedhart, der Vorstandsvorsitzende der Capital Stage AG, und natürlich Karl Gernandt, der Präsident des Verwaltungsrats der Kühne + Nagel International AG, sitzen sollen. Dieser sechsköpfige Aufsichtsrat wird sich, so kündigte es Rieckhoff im NDR-Sportclub am Sonntag an, bis zum 25. Mai Gedanken über das restliche Personaltableau für die AG machen und dieses den Mitgliedern präsentieren.

Wie es um den Ruf des aktuellen Vorstands um Carl Jarchow und Joachim Hilke bestellt ist, wird auch durch einen der nun vorliegenden Anträge deutlich, der die sofortige Entlassung der Verantwortlichen fordert. Ein Antrag, der in dieser Form allerdings nicht umsetzbar ist. Größte Erfolgsaussichten dürfte dagegen der erneute Antrag auf Fernwahl haben. Auch die zahlreichen Anträge zum richtigen Umgang mit der HSV-Raute dürften kontrovers diskutiert werden. Eher Außenseiterchancen werden den Anträgen von Aufsichtsrat Jürgen Hunke und „Rautenherz“-Initiator Rainer Ferslev eingeräumt, die sich um eine Vertagung der Ausgliederungs-Entscheidung bis zum Januar bemühen. Zudem machen sich die HSVPlus-Gegner dafür stark, eine Ausgliederungs-Arbeitsgruppe einzurichten. Auch die Verkleinerung des Vereins-Aufsichtsrats wurde für den Fall beantragt, dass HSVPlus doch an der Dreiviertelmehrheit scheitert.

Unabhängig vom Erfolg der geforderten Verkleinerung dürfte diese auch ohne Antrag aus Mangel an Interesse bereits jetzt beschlossen sein. So haben sich bis zur Frist um Mitternacht am Ostersonntag mit Ferslev, Andreas Merkle, Holger Urlitzki, Ralph Hartmann und Frank Schäfer lediglich fünf eher unbekannte Mitglieder für die vier offenen Posten des jetzigen Vereinsaufsichtsrats beworben. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es noch 14.

Geht es nach HSVPlus-Initiator Rieckhoff, dürfte der Vereinsaufsichtsrat in Zukunft ohnehin keine Rolle mehr spielen. „Ohne die Ausgliederung weiß ich auch nicht, wie es weitergehen soll“, sagte der frühere Chefkontrolleur am Sonntag im „Sportclub“ und betonte erneut, dass Investor Klaus-Michael Kühne auch im Falle des Abstiegs als strategischer Partner bereitstehen würde: „Herrn Kühne haben wir in der Hinterhand. Aber wir streben vier bis fünf strategische Partner an.“

Diese seien in der Zweiten Liga, so Rieckhoff, möglicherweise sogar noch wichtiger als im Falle des Klassenerhalts. Immerhin würde sich der Umsatz des HSV bei einem Abstieg von 125 auf geschätzte 75 Millionen Euro verkleinern, die Gehälter sollen von mehr als 41 Millionen Euro auf rund 25 Millionen Euro reduziert werden, weil auch die zu erwartenden Fernsehgelder von rund 20 Millionen auf maximal 8,6 Millionen Euro sinken würden.

Mit den Finanzen und den Erklärungen des Vorstands über den Verbleib der Campus-Millionen will sich der noch im Amt befindliche Vereins-Aufsichtsrat noch in dieser Woche auseinandersetzen. Die Erklärung von HSV-Chef Jarchow auf der Infoveranstaltung am Mittwoch, dass man für die 17,5 Millionen Euro doch schon ein paar Bäume gefällt und ein paar Heizstrahler für den Arena-Rasen besorgt hätte, wollte man so jedenfalls nicht akzeptieren.