Der HSV-Chef strebt unverändert sportlich Platz sechs und wirtschaftlich eine schwarze Null an. „Wir sind auf Kurs“, so Carl-Edgar Jarchow. Aufsichtsrat segnet Jahresabschluss ab.

Hamburg. Wirklich spät sei es am Dienstagabend nicht geworden. „Ich war gegen 23 Uhr wieder zu Hause, das war in der jüngeren Vergangenheit auch mal ganz anders“, sagte HSV-Chef Carl Jarchow am Morgen nach der vierten und letzten turnusmäßigen Sitzung des Aufsichtsrats in diesem Kalenderjahr. So richtig Brisantes habe es in der Hamburger-Weg-Loge nicht zu besprechen gegeben, beschwichtigte der Vorstandsvorsitzende, der den Kontrolleuren am Vorabend die wirtschaftlichen Rahmendaten, den aktuellen Stand beim Campus-Projekt und die finanzielle Jahresabschlussbilanz präsentiert hatte. „Wir sind auf Kurs“, so sein Fazit.

Dabei lässt sich trotz der formellen Absegnung der Jahresabschlussbilanz durch den Aufsichtsrat natürlich trefflich darüber streiten, ob der HSV nach dem ersten Drittel der Saison – sportlich und wirtschaftlich – im Soll liegt oder nicht. So musste auch Jarchow auf Nachfrage einräumen, dass die Mannschaft aktuell zumindest der sportlichen Zielsetzung hinterherhinkt. „Stand jetzt sind wir noch nicht im Plan. Aber noch geben wir unsere vor der Saison abgesprochene Zielsetzung nicht auf.“ Trotz acht Punkten Rückstand auf den sechsten Tabellenplatz strebe er auch weiterhin die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb an: „Ich korrigiere die Ziele nicht.“

Trotz nicht budgetierter Mehrausgaben soll es kein Millionen-Minus mehr geben

Gleiches gelte auch unverändert für die wirtschaftlichen Rahmendaten. Nach drei Jahren in Folge mit einem hohen Millionen-Minus versprach Jarchow trotz nicht eingeplanter Mehrausgaben in dieser Saison weiterhin die angestrebte schwarze Null. „Das muss unser Ziel sein“, sagte der 58-Jährige, der betonte, dass den überraschenden Mehrausgaben – Ex-Trainer Thorsten Fink erhielt 800.000 Euro als Abfindung, Neu-Trainer Bert van Marwijk soll rund 500.000 Euro mehr als Fink verdienen – auch nicht zuvor budgetierte Mehreinnahmen gegenüberstehen. So bleibt nach dem insgesamt zwölftägigen Trainingslager im Januar dank des Kurztrips nach Indonesien, der 450.000 Euro einbringt, ein deutliches Plus im sechsstelligen Bereich übrig. Auch das Pokal-Achtelfinale gegen Köln, das im Businessbereich nach dem Europa-League-Halbfinale gegen Bremen 2009 das am zweitmeisten nachgefragte Spiel der Vereinsgeschichte ist, würde die Kasse überproportional klingeln lassen.

Obwohl Jarchow eine grundsätzliche finanzielle Schieflage nicht bestreiten will, widerspricht er Aufsichtsratschef Manfred Ertel, der am Montag im Interview bei Hamburg 1 gesagt hatte, dass der HSV ein Liquiditätsproblem habe. „Unsere Liquidität ist gesichert“, sagte Jarchow, der aber einräumen musste, dass die Liquidität lediglich durch die Anleihe zum HSV-Campus gesichert werden konnte. „Die Anleihe ist bilanziell wie ein Darlehen zu bewerten“, erklärte Jarchow, der zudem bestritt, dass die finanziellen Sorgen nur durch Wintertransfers eingedämmt werden könnten. „Natürlich streben wir weiterhin an, unseren zu großen Kader zu verkleinern. Aber wir können unsere wirtschaftlichen Ziele auch ohne weitere Spielerverkäufe erreichen.“

Zur Strukturdebatte und dem hart umkämpften Wahlkampf wollte sich Jarchow genauso wenig äußern wie zu der Tatsache, dass Trainer Bert van Marwijk auf eine Wohnung verzichten und weiterhin im Hotel wohnen will: „Ich finde diese Diskussion abenteuerlich, das ist doch völlig unerheblich.“ Aber auch über diese Frage lässt sich wohl ganz trefflich streiten.