Der Leihstürmer erzielte in vier Pflichtspielen in Folge bereits sechs Tore. Das HSV-Idol traf 1980 in fünf Spielen achtmal.

Hamburg Was hatten sich die HSV-Verantwortlichen vor der Saison doch Gedanken gemacht, wie der Verlust des zwölfmaligen Torschützen Heung Min Son zu kompensieren sei. Große Namen wie Roque Santa Cruz, Nikica Jelavic oder Niklas Bendtner machten die Runde, doch die finanziellen Engpässe verhinderten einen Transfer dieser Kategorie. Verpflichtet wurde am Ende (neben Jacques Zoua) Pierre-Michel Lasogga – auf Leihbasis zum Nulltarif im Tausch gegen Per Skjelbred. Doch dieser „Billig-Stürmer“ traf beim HSV alle 56 Minuten ins Netz. Kein anderer Spieler mit mindestens drei Treffern hat eine derart gute Quote. Son wartet in Leverkusen im Übrigen seit dem ersten Spieltag auf sein zweites Saisontor.

Wenn Lasogga diese Treffsicherheit auch am Sonntag beim SC Freiburg (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) wieder unter Beweis stellen sollte, hätte er nach Fürth (Pokal), Frankfurt, Nürnberg und Stuttgart bereits im fünften Pflichtspiel in Folge getroffen – dieses Kunststück gelang beim HSV innerhalb einer Spielzeit zuletzt Rafael van der Vaart in der Saison 2007/08. Doch sollte Lasogga gegen die Freiburger wirklich wieder jubeln dürfen, hätte er in diesen fünf Spielen insgesamt mindestens sieben Treffer erzielt. Das übertrifft beim HSV derzeit nur noch Stürmer-Legende Horst Hrubesch, der im März 1980 in fünf Begegnungen in Folge sogar achtmal traf. „Ich hätte kein Problem damit, wenn er mir diesen Rekord streitig macht“, sagt der aktuelle Coach der deutschen U21-Nationalmannschaft, der sich freut, „dass der HSV endlich mal wieder einen echten Torjäger in seinen Reihen hat.“

Von der Spielweise her erinnert Lasogga sogar an den ehemaligen HSV-Angreifer: kompromisslos, kopfballstark und mit einem feinen Torriecher ausgestattet. „Auch wenn sich die Zeiten verändert haben, kann man unsere Spielstile schon miteinander vergleichen“, sagte Lasogga unlängst. Doch Hrubesch warnt davor, solche Parallelen zu ziehen. „Als ich damals zum HSV gekommen bin, wurde ich dauernd mit Uwe Seeler verglichen, und dieser Druck ist schon immens hoch gewesen. Lasogga sollte seinen eigenen Stil finden, dann wird er seinen Weg gehen.“

Anschauungsunterricht, wie dieser Weg weiter erfolgreich sein könnte, konnte der 21-Jährige am Donnerstagabend nehmen, als die international nur zweitklassigen Portugiesen aus Estoril in der Euro-League-Partie (1:1) die Freiburger Abwehr beim Gegentor in einer Zwei-gegen-vier-Situation mit schnellem Passspiel düpierten. Trainer Bert van Marwijk hatte die TV-Übertragung jedoch nicht zur Pflicht für seine Spieler erklärt. „Man darf sich nicht zu sehr anpassen an den Gegner, sonst entstehen Situationen, in denen man viel zu viel denkt.“ Dennoch warnte der Coach davor, die bisher sieglosen Breisgauer zu unterschätzen. „Freiburg hat wenig Punkte. Aber ich habe mir den Gegner auch auf Video angeschaut, das ist eine unglaublich laufstarke Mannschaft“, sagte der Niederländer.

Auch Torhüter René Adler glaubt nicht, dass der derzeitige Tabellenplatz 17 den wahren Leistungsstand der Freiburger widerspiegelt. „Die spielen eigentlich einen guten Fußball, sind die Doppelbelastung aber nicht gewohnt. Dieses Problem kenne ich aus früheren Zeiten selber“, erklärt der Schlussmann, der bei seinem HSV zuletzt ein „extrem hohes Trainingsniveau“ ausgemacht hat.

Freiburgs Trainer Christian Streich sieht sein Team allerdings in der klaren Rolle des Außenseiters. „Die Hamburger kommen ausgeruht, sind total fokussiert auf uns, und wir müssen jetzt mit unseren Spielern so arbeiten, dass sie sich nicht dauernd fragen, warum sie die letzten Spiele nicht gewonnen haben“, sagte der Freiburger Trainer nach dem enttäuschenden Euro-League-Auftritt. Viel Hoffnung auf Besserung macht Streich mit seinen Worten jedoch nicht. „Wir haben nach den ganzen Verletzungen nicht genügend Spieler, die 90 Minuten powern können.“ Laufen bis zum Umfallen werden die Hausherren wohl dennoch, wenn man den Worten des Mittelfeldspielers Gelson Fernandes Glauben schenken darf. „Am Sonntag geht es um unser Leben“, so die drastische Aussage des Freiburgers.

Die HSV-Profis würden eine Niederlage wohl überleben, dennoch wäre der zarte positive Trend abrupt gestoppt. Mit Mönchengladbach und Bayer Leverkusen folgen in den kommenden Wochen zudem ganz andere Kaliber. Doch selbst wenn Lasogga wider Erwarten nicht selbst für Furore sorgen sollte: Es besteht dennoch Grund zur Hoffnung. Denn der HSV hat nicht nur einen Top-Torjäger, sondern auch das ausgeglichenste Team in dieser Saison: Insgesamt erzielten zehn HSV-Spieler die 20 Bundesligatreffer – kein anderes Team kann so viele verschiedenen Torschützen aufweisen.