Die peinliche Sportchef-Suche zeigt: So kann es nicht weitergehen. Die Stars von einst müssen jetzt Flagge zeigen

Der HSV macht seinem Zweitliganachbarn Konkurrenz. Galt der Club vom Millerntor in Fußball-Deutschland schon immer als der "etwas andere Verein", so arbeiten die Rothosen nun emsig an einem neuen und völlig anderen Image: Von Jahr zu Jahr wird der HSV etwas sonderbarer. Fassungslos müssen Mitglieder und Fans mit ansehen, wie spektakulär der einstmals gute Ruf des Bundesliga-Dinos durch eine wieder einmal dilettantische Suche nach einem neuen Sportchef ruiniert wird. Der HSV müsste jetzt eigentlich bemüht sein, jeden Cent, der noch in der Vereinskasse zu finden ist, in die Mannschaft für die nächste Saison zu investieren - aber er leistet sich nun den Luxus, für seinen neuen Sportchef eine Ablösesumme zu zahlen. Das ist ein Drama.

Die Profis, die derzeit die Fahne des HSV auf der Länderspielreise in den USA hochhalten, sind zunehmend frustriert. "Wir haben eine wichtige Phase verpennt", sagt Dennis Aogo. "Ich bin das leider schon gewohnt", meint Marcell Jansen. Und René Adler nennt die Sportchef-Suche "für alle nicht optimal". Recht haben sie!

Dass elf Menschen in einem Aufsichtsrat sitzen, die nie als Fußballer im Profigeschäft unterwegs waren, dass von diesen elf Leuten maximal zwei noch eine Minivernetzung im deutschen Profifußball haben, das allein ist schon mehr als eigenartig. Dass aber genau diese elf Leute laut Satzung eines Erstligaclubs, der von Saison zu Saison Millionenumsätze melden kann, ermächtigt werden, den neuen Sportchef zu suchen, ist ein katastrophaler Fehler. Amateurhafter geht es nicht.

Das ist allerdings nur einer von vielen Gründen, warum dieser HSV von der Konkurrenz schon seit geraumer Zeit nur noch mitleidig belächelt wird. Die Frage, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht: Warum überschätzt sich dieser notorisch klamme HSV erneut maßlos und zahlt eine Ablöse für Sportchef Oliver Kreuzer? Gab es wirklich keine geeigneten Kandidaten, die vertraglich ungebunden sind und ohne einen Cent Ablöse zum HSV kommen könnten?

Natürlich hätte es gute, sogar hervorragende Kandidaten gegeben, darunter auch Männer mit HSV-Stallgeruch. Felix Magath zum Beispiel. Wenn der allerdings käme, das weiß wohl jeder im Club, würde er erst einmal mit eisernem Besen kehren. Da könnte tatsächlich der eine oder andere Aufsichtsrat auf der Strecke bleiben. Deswegen ist Magath auch sofort abgelehnt worden, als er auf die Vorschlagsliste kam.

Dass andere "Ehemalige" des HSV ebenso "abgebügelt" wurden, ist kaum zu ertragen. Dietmar Beiersdorfer, der schon einmal von einem HSV-Aufsichtsrat schmählich im Stich gelassen worden ist, wurde abgelehnt. Peinlich! Als der "Didi" in Hamburg Sportchef war, gab es durchaus ein kleines, aber feines Hoch im Volkspark. Dass Männer wie Thomas von Heesen, der in meinen Augen ein absolut erstklassiger Fußballfachmann ist, oder Nico Hoogma, der in den Niederlanden beim No-Name-Club Heracles Almelo seit Jahren hervorragende Sportchef-Arbeit leistet, nicht einmal gefragt werden, ist nicht nur schade, sondern auch eine Schande.

Kurios wird es dann, wenn der SC Freiburg, Tabellenfünfter der abgelaufenen Bundesliga-Saison, auf der Suche nach einem neuen Sportchef tatsächlich erwägt, sich beim HSV zu bedienen. Denn hier arbeitet der ehemalige Torwart Richard Golz als Cotrainer der zweiten Mannschaft. Golz gilt nicht nur als intelligenter Fußballexperte, er ist es auch. Es muss aber wohl doch etwas teurer sein, wenn der HSV einen Sportchef sucht - Richard Golz wäre ja ablösefrei ...

Inmitten dieses HSV-Chaos wünsche ich mir, dass sich ehemalige Größen des Clubs wie Horst Hrubesch, Holger Hieronymus, Manfred Kaltz, Ditmar Jakobs, Uli Stein, Rudi Kargus, Willi Schulz, Harry Bähre, Horst Schnoor, wie Magath, Hoogma und von Heesen, ja selbst ein ganz Großer wie Uwe Seeler endlich einmal zusammenraufen und als ein Team auftreten. Als ein solches Team müssten sie gemeinsam bei Vorstand und Aufsichtsrat vorstellig werden, um damit - auch öffentlich - zu dokumentieren, dass es so nicht mehr mit dem HSV weitergehen darf.

Ihr Stars von einst, die ihr alle noch die Raute im Herzen tragt, habt Mut, packt es an! Damit die vielen kleinen, namenlosen HSV-Fans mitziehen können. Die Zeit ist reif.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab