Der HSV-Torwart steht gegen Frankreich im DFB-Tor, akzeptiert aber die Hierarchie. Wieder Absagenflut für Bundestrainer Joachim Löw

Frankfurt am Main. Ein Pokerspieler hätte viel von René Adler lernen können - der HSV-Torwart verzog keine Miene. Ruhig, beinahe monoton beantwortete der 28-Jährige die Fragen zu seiner erstaunlichen Rückkehr ins Tor der Nationalmannschaft. Als "sensationelle Geschichte" empfindet Adler seinen Einsatz gegen Frankreich am Mittwoch (21 Uhr/ARD), den ihm Bundestrainer Joachim Löw versprochen hat. Das schon. Aber aus den für ihn so wichtigen 90 Minuten eine Kampfansage an Stammkraft Manuel Neuer zu machen, hält Adler für unangemessen - trotz der gereizten Kommentare des Münchner Konkurrenten zu der vertauschten Aufgabenverteilung in Paris.

"Ich sehe meinen Einsatz nicht als Chance, die Nummer eins zu werden. Ich sehe es als Lohn für harte Arbeit, bin aber weit davon weg, dieses eine Spiel zu nutzen, um Druck zu machen", sagte Adler. Neuers Nörgelei ("Bei einem solchen Spiel wäre ich gerne dabei gewesen") und direkte Stichelei ("Ich habe seine Entwicklung nicht verfolgt, weil ich bei Bayern München spiele") wollte Adler nicht kommentieren. "Ich habe das gar nicht mitgekriegt. Es ist sein gutes Recht. Ich bin nicht in der Position, das zu bewerten", sagte Adler. Mit einem Typ wie ihm ist ein Torwart-Kampf wie vor der Heim-WM 2006 zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann nicht vom Zaun zu brechen.

Es waren die kleinen Bemerkungen in Nebensätzen, die am Montag die Bedeutung seines elften Länderspiels für ihn preisgaben. Auf Routine und "sein Schema" habe er gesetzt, als Löws frohe Kunde am Freitag kam: "Um das alles nicht so hochzuhängen." Dennoch wurden vom HSV-Betreuerstab gleich Videosequenzen über Franck Ribéry und Karim Benzema für sein Tablet-PC zusammengestellt. Bei der Nationalmannschaft folgt weiteres Gegnerstudium. Nichts soll ihn im Stade de France überraschen können.

Adler hat in seinen Torwartjahren schon viel erlebt. Kurz vor der WM 2010 kam durch eine Rippenverletzung das Aus. Neuer zog an ihm vorbei. In Leverkusen ging es bergab. Erst der Wechsel zum HSV im Sommer 2012 brachte die Wende. Im deutschen Tor stand er letztmals am 17. November 2010 beim 0:0 in Göteborg gegen Schweden.

Viel hat sich für Adler in seinem Leben seither verändert. Er wirkt ungewöhnlich ruhig für das aufgeregte Fußballgeschäft. Nur eines ist gleich geblieben. Eigene Patzer wie im Nordderby gegen Bremen kann er nicht vertragen. "Ich ärgere mich nach wie vor über Fehler. Das ist in mir, das ist der sportliche Ehrgeiz, der mich treibt." Das klingt dann doch etwas nach Kahn.

Bei seinem Comeback wird Adler allerdings auf einige die DFB-Elf zuletzt prägende Gesichter verzichten müssen. Nachdem neben dem Langzeitverletzten Holger Badstuber (Kreuzband) erst Bayerns Bastian Schweinsteiger (Sprunggelenk) passen musste, sagten mit Mario Götze (Infekt), Marco Reus (Adduktoren) und Marcel Schmelzer (Sprunggelenk) gleich drei Dortmunder ab. Als Nationalmannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt dann noch bei Miroslav Klose (Lazio Rom) einen Außenbandteilabriss im rechten Knie diagnostizierte, nominierte Löw den Dortmunder Sven Bender nach. Passend dazu musste der frühere Nationalspieler Karlheinz Förster, einst selbst in Marseille aktiv, einen geplanten Besuch nach einer Operation absagen ...

Fast wie eine Laune des Schicksals wirkt es da, dass ausgerechnet der so lange verletzt fehlende Adler in einem von Blessuren geprägten Spiel seine Rückkehr feiert. Aber das wird ihn wohl kaum beschäftigen - oder er wird es sich nicht anmerken lassen.