Warum ehemalige Weltstars unter die Bettler gehen müssen und die Moral im Wechselgeschäft nichts mehr gilt

Es wird immer toller. Im Fußball allgemein und besonders auf dem Trainermarkt. Nachdem sich schon Lothar Matthäus jahrelang wie Sauerbier bei den hiesigen Bundesliga-Vereinen angeboten hat und zwischendurch - wegen Nichterhörung - dem deutschen Fußball auch kurz mal die Freundschaft gekündigt hatte, folgt nun der "blonde Engel". Bernd Schuster, zuletzt quasi in letzter Sekunde vom VfL Wolfsburg nicht verpflichtet, sagte während eines Golf-Turniers in eine Fernsehkamera: "Wenn ein Verein glaubt, dass ein Bernd Schuster zu ihnen passen könnte, dann muss man mich einfach mal anhören. Manchmal vergeben Clubs die Chance, weil sie glauben, ich wäre zu teuer, da ich schon bei großen Vereinen war. Sie täuschen sich." Zwei Weltstars von einst sind unter die Bettler gegangen.

Auf dem Trainermarkt geht es zu wie im Tollhaus. Das hätten sich Männer wie Sepp Herberger, Herbert Widmayr, Dettmar Cramer oder Heinz Lucas nicht träumen lassen, als sie 1957 den Bund Deutscher Fußball-Lehrer gründeten. Der Verein hatte sich damals hehre Ziele auf die Fahne geschrieben: Wahrung des Fair Plays, Überwachung der sportlichen Gesetze in Trainerangelegenheiten, Ordnung und Rechtschaffenheit. Früher trat der "BDFL" sofort auf den Plan, wenn mal wieder ein Bundesligatrainer entlassen wurde. Heute ist er längst vergessen.

Es wäre aber durchaus wünschenswert, wenn sich der alte Dino BDFL noch einmal aufbäumen würde. Allmählich wird der Trainer-Job zirkusreif. Regten sich die Übungsleiter einst noch öffentlich über die vertragliche Untreue der Herren Profis auf, so gehen sie längst selbst innovative neue Wege. Als Felix Magath von Schalke 04 entlassen worden war, saß er eine Woche später beim VfL Wolfsburg auf der Bank. Auch der aktuelle HSV-Trainer Thorsten Fink verließ den Schweizer Meister und Champions-Legaue-Teilnehmer FC Basel, weil er fortan beim HSV für "Ordnung und Rechtschaffenheit" sorgen wollte. Niemand zeigte auch nur irgendwie geartete Missbilligung.

Auch als vor einigen Wochen Dieter Hecking vom 1. FC Nürnberg zum VfL Wolfsburg wechselte, herrschte allenthalben Schweigen. Oder ist es die Rache der zu oft entlassenen Trainer?

Fußball-Lehrer sollten allmählich einmal in den Spiegel schauen und sagen: "So kann und darf es nicht weitergehen! Was sind wir doch nur für Vorbilder?"

Aber offenbar gibt es im Profisport keine Grenzen mehr. Das fängt beim Anbiedern der einstigen Stars an. Und es hat seinen Gipfel erreicht, indem ein Vertragsbruch schon (fast) als legal hingestellt wird. Hauptsache, die Perspektive stimmt - und die Kohle auch.

Wenn ein Fußball-Fan von seinem Star erwartet, dass er sich mit dem Verein identifiziert, dass er nicht nur nach einem erzielten Tor das Vereinsemblem auf dem Trikot küsst und so seine Liebe zum Verein heuchelt, dann müssten die Fans so etwas erst recht von ihrem Cheftrainer erwarten dürfen. Auf wen wohl sonst sollen sie noch etwas geben? Aber das Fußballvolk wird für dumm verkauft.

Wesentlich besser wäre es, wenn sich der Bund Deutscher Fußball-Lehrer und seine Trainer bald einmal zusammensetzten und ein "Gentlemen's agreement" träfen: Entlassene oder freiwillig gegangene Trainer dürften während einer Saison keinen neuen Verein mehr übernehmen. Vielleicht würden dann ja auch so verzweifelt einen Job suchende Trainer wie Matthäus und Schuster ihre Chance erhalten ...

PS: Das gilt übrigens auch für Manager. Oder, Herr Allofs?

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab