Bei Wahl zum HSV-Aufsichtsrat konnten sich neben Meier Eghbal, Sattelmair und Strauß durchsetzen. Bednarek großer Verlierer.

Hamburg. Die erste Glückwunsch-SMS erhielt Jens Meier bereits wenige Sekunden nach seiner Wahl zum HSV-Aufsichtsrat am Sonntag um kurz vor 16 Uhr. "749 von 1002 Stimmen, Papa ist einfach Fame", schrieb Meiers 16-jährige Tochter, die im Internet die launige HSV-Mitgliederversammlung im CCH verfolgt hatte. "Dieses tolle Ergebnis ist für mich eine Riesenüberraschung", sagte Meier, dem Überraschungskandidat Ali Eghbal (535 Stimmen) im ersten sowie Katrin Sattelmair (496 Stimmen) und Christian Strauß (447 Stimmen) im zweiten Wahlgang folgten.

Als größte Überraschung des Tages darf aber zweifelsohne das Scheitern Ralf Bednareks bezeichnet werden, der als haushoher Favorit ins Rennen ging, im zweiten Wahlgang allerdings lediglich 433 von 1002 Stimmen erhielt. Ebenfalls enttäuschend war das Abschneiden von Budnikowsky-Chef Cord Wöhlke (259 Stimmen), der im Gegensatz zu den Neu-Kontrolleuren Meier, Sattelmair, Eghbal und Strauß den Einzug in den Aufsichtsrat klar verpasste.

Star der Versammlung, die auch der frühere HSV-Chef Bernd Hoffmann besuchte, war allerdings ein Kandidat, mit dessen Wahl wohl vorher niemand gerechnet hatte. So sorgte Ali Eghbal für den launigsten Höhepunkt des langen Tages, als er auf dem Podest einen Striptease hinlegte und unter Sakko und Hemd ein rotes HSV-Trikot zum Vorschein kam. "Mein Name ist Eghbal, immer noch besser als Freistoß oder Elfmeter", sagte der 50-jährige Unternehmensberater, der mit seinem kreativen Auftritt den Beifall und später auch das Votum der Mitglieder gewann. "Mit diesem klaren Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Ich wollte mit meinem Auftritt der etwas anderen Art dokumentieren, dass ich alle Lager gleichermaßen ansprechen und versöhnen möchte."

Tatsächlich wurde Eghbal, der wegen der Erfindung der "Haji-Cola" von Freunden nur "Mr. Haji" genannt wird, wohl von allen unterschätzt. Dabei ist der Kaufmann nicht nur mit der mit Dattelsirup gesüßten Cola, von der er bereits mehr als 100.000 Flaschen verkauft hat, erfolgreich. Der HSV-Fan hat sich in der Hansestadt auch als Unternehmensberater einen Namen gemacht. Beim HSV wird man den ungewöhnlichen Neu-Kontrolleur nun wohl erst kennenlernen müssen. "Sein Auftritt war sehr eindrucksvoll. Ich werde Herrn Eghbal jetzt näher kennenlernen", sagte HSV-Chef Carl Jarchow, der mit dem neuen Aufsichtsrat nach der Wahl im Saal 18 ein ersten Tête-à-Tête in entspannter Atmosphäre hatte.

Dort konnten sich auch Strauß, Direktor der Asklepios Klinik Wandsbek, und die Anwältin Sattelmair, die bereits zum dritten Mal antrat und jetzt mit einer sehr überzeugenden Rede punkten konnte, zuprosten. "Für mich ist das einer der schönsten Tage in meinem Leben, darauf werde ich am Abend auch anstoßen", sagte Strauß, dem sich Sattelmair nur anschließen konnte: "Ich spüre pures Glück. Der Fakt, dass ich weiblich bin, dürfte entscheidend zu meiner Wahl beigetragen haben."

Tatsächlich dürfte aber vor allem der Wunsch der Mitglieder, dass die Hausmacht der Supporters nicht größer wird, zu diesem überraschenden Ergebnis geführt haben. Bednarek sagte dem Abendblatt: "Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich werde mich weiter als einfaches Mitglied engagieren."

Die spannendste Frage nach der Wahl ist nun, auf wen sich der neu gewählte elfköpfige Aufsichtsrat als Vorsitzenden einigen wird. Bei der internen Wahl am 21. Januar gelten die bisherigen Stellvertreter des ausgeschiedenen Alexander Otto, Manfred Ertel und Eckart Westphalen sowie als mögliche Kompromisslösung der neu gewählte Jens Meier als aussichtsreichste Kandidaten. Aus diesem Trio musste sich Ertel, der in den vergangenen Monaten eng mit Otto zusammengearbeitet hat, auf der Versammlung mehrfach beißende Kritik gefallen lassen. Auch innerhalb des Aufsichtsrats ist der Journalist nicht unumstritten, besonders die früheren HSV-Präsidenten Jürgen Hunke und Ronny Wulff gelten als interne Kritiker. Fraglich ist allerdings, ob der als introvertiert geltende Westphalen eine tragfähige Mehrheit für den Vorsitz hätte. Meier hatte vor der Wahl angedeutet, dass er sich den Vorsitz als neuer Kontrolleur eigentlich nicht vorstellen kann, ließ dies direkt nach der Wahl aber offen: "In der kommenden Woche wird man ausloten, wie die Konstellationen aussehen."

Der ausgeschiedene Otto gab seinem möglichen Nachfolger und dem gesamten Neu-Aufsichtsrat einen guten Rat mit auf dem Weg: "Das Ziel muss es sein, den Verein wieder auf einen Konsolidierungskurs zurückzuführen. Mein Wunsch an den neuen Aufsichtsrat ist, dass dieses neue Miteinander der vergangenen Monate beibehalten wird." Konsens unter den Neu-Aufsichtsräten ist, dass man sich bemühen sollte, den 2015 auslaufenden Vertrag mit Vermarkter Sportfive zu kündigen, um die Vermarktung des HSV selbst in die Hand zu nehmen. Für den letzten Höhepunkt des Tages sorgte Sportchef Frank Arnesen, der unter donnerndem Applaus der verbliebenen Mitglieder die ablösefreie Verpflichtung des Dortmunder Mittelfeldtalents Karem Demirbay, 19, im Sommer bekannt gab.

Die Mitgliederversammlung zum Nachlesen im Liveticker auf abendblatt.de/hsv-mv