Das Buch des Ex-Präsidenten zeigt: Der Fußball wird immer verrückter. Wann kommt die Neuauflage von “Hoffmanns Erzählungen“?

Fußball verrückt - oder wie soll man das nennen, was seit einer Woche auf und neben dem Rasen passiert? Erst das aufregende 0:0 zwischen Freiburg und dem HSV, zuletzt die trostlose Nullnummer zwischen den Niederlanden und dem deutschen B-Team - und mittendrin eine weitere Null, das Buch des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Der Titel lautet "Die Zwanziger Jahre", er könnte aber in meinen Augen auch "Der falsche Zwanziger" heißen. Unfassbar, was da zu lesen ist. Da packt und keilt ein Boss aus, weil ganz offenbar sein Ego mit dem jähen Ende der Karriere als Chef des größten Fußballverbandes der Welt nicht klargekommen ist.

Aber will das wirklich jemand wissen? Wegen ähnlicher Skandalbücher hat es immer mal wieder Ärger gegeben. Harald "Toni" Schumacher, der Kölner Torwart, flog einst wegen seiner pikanten Enthüllungen aus der Nationalmannschaft. Sepp Maier oder auch Philipp Lahm zogen sich wegen ihrer allzu detaillierten "Werke" den Zorn der Mitspieler zu. Die Gründe für diese literarischen Versuche liegen im Dunkeln. So viel Geld kann doch ein (Multi-)Millionär mit keinem Buch der Welt verdienen.

Und dann diese Erklärungsversuche. Uli Hoeneß, den Zwanziger erst abgewatscht hat, nannte der Ex-Präsident dann wegen seiner Reaktion "kleinkariert". Überhaupt sei er, Zwanziger, doch immer für den Fußball eingetreten, für die Liga, die Nationalmannschaft, den Nachwuchs, die Frauen und auch die Amateure. Was hätte er denn sonst den ganzen Tag machen sollen?

Aber bei dem Stichwort Amateure zucke ich schon zusammen. Zwanziger wollte immer für die Basis eintreten und lobt sich nun selbst, dass er es auch tatsächlich getan hat. Sollen die Amateure etwa froh sein, dass sie noch immer unter dem Dach des DFB spielen dürfen? Denn getan hat der allmächtige Fußball-Bund doch lange Zeit so gut wie nichts.

Im Gegenteil, die Bedingungen für den Unterbau des Fußballs wurden von Jahr zu Jahr schlechter. Inzwischen spielen die Profis am frühen Mittag, nachmittags und abends. Die Amateure gucken in die Röhre, denn ihre ehemaligen Zuschauer sitzen daheim vor der Glotze und sehen den Großen zu. Oder auch das Thema Aufstieg. Welcher Oberliga-Verein kann sich heute noch den Sprung in die höhere Klasse leisten? Die meisten verzichten längst, weil sie nicht in der Lage sind, die verlangten "goldenen Käfige" zu bauen und die nötigen Millionen aufzubringen. Wer kann denn das noch bezahlen, Herr Zwanziger? Aber Sie wollen alles für die Amateure getan haben ...

Bayern-Manager Uli Hoeneß hat schon recht: Mit diesem Buch driftet der ehemalige DFB-Präsident nur noch mehr und schneller ins Abseits.

Die Fußballfans werden für dumm verkauft. Wie jetzt auch ein Blick nach Bremen und Wolfsburg beweist. Da wechselt Werder-Sportdirektor Klaus Allofs von heute auf morgen den Arbeitgeber, von Werder zum VfL, obwohl er tagelang gesagt hatte: "Es gibt kein Angebot, keine Anfrage, keine Gespräche." Natürlich nicht, das hat sich alles von ganz allein geregelt ...

Natürlich kann ich verstehen, dass Klaus Allofs vor dem "Über-Manager" Willi Lemke ("Der liebe Gott weiß alles, Willi Lemke aber alles viel besser") aus Bremen geflüchtet ist. Erschütternd ist nur, was Allofs seinen Bremern zum Trost sagt: "Für Werder ist das jetzt eine gute Chance, mal etwas Neues zu machen." Für mich klingt das erbärmlich.

Und beim HSV? Da verzichtet Aufsichtsratschef Alexander Otto auf seine Wiederwahl, bleibt dem Klub aber weiterhin fest verbunden. Mit dem Herzen, wie er sagt. Ist schon klar. Jeder Verein bekommt eben den Aufsichtsrat, den er verdient. Jetzt warte ich nur noch darauf, dass es eine Neuauflage von "Hoffmanns Erzählungen" gibt. Frei nach Zwanziger. Und dort gäbe es dann Enthüllungen zu lesen wie diese: "Wie ich für elf Millionen Euro Marcus Berg aus den Klauen des FC Barcelona befreite."

Morgen kommt übrigens Mainz 05 mit Trainer Thomas Tuchel in den Volkspark. Das riecht nach Zoff, denn "HB-Männchen" Tuchel hat sich wieder einmal mit den Schiedsrichtern angelegt und einen Beschwerdebrief nach Frankfurt geschickt. Fußball verrückt. Das schöne Spiel wird immer skurriler.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab