Unternehmer Alexander Otto tritt im Januar 2013 nicht zur Wiederwahl an. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Hamburg. Am Dienstagabend informierte er seine Kollegen im Aufsichtsrat, am Mittwoch ging Alexander Otto an die Öffentlichkeit: "Auch wenn ich große Lust hätte, die Zukunft des HSV weiter aktiv mitzugestalten, lassen meine beruflichen Aufgaben bei der ECE (baut und betreibt Einkaufszentren, die Red.) und meine weiteren Verpflichtungen die Kandidatur für eine weitere Amtszeit leider nicht zu. Denn die zeitliche Beanspruchung durch das Mandat ist erheblich", erklärte der Unternehmer seinen Verzicht auf eine Wiederwahl bei der Mitgliederversammlung am 13. Januar 2013.

Nachdem Otto im Mai die Nachfolge von Otto Rieckhoff als Vorsitzender des Gremiums übernommen hatte, galt der 45-Jährige im Verein als Idealbesetzung für die kommenden Jahre. Nun steht der Aufsichtsrat erneut vor einem Umbruch. "Ich bedaure das sehr, eine derartige Hamburger Persönlichkeit hat dem HSV hervorragend zu Gesicht gestanden", reagierte Eckart Westphalen, wie Manfred Ertel einer der Stellvertreter, betroffen, während Ertel betonte: "Er ist eine Integrationsfigur nach innen und nach außen, die Zusammenarbeit mit ihm war äußerst harmonisch, effektiv und loyal." Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen nach dem Otto-Rückzug.

Warum hört Otto auf?

Von Anfang an hatte Otto betont, dass seine Zusage für den Vorsitz nur bis zum Januar gelte. Schon vor Wochen sendete Otto intern klare Signale, dass er sein Amt nicht weiterführen will. "Ich weiß, dass seine Gründe ausschließlich mit der zeitlichen Belastung zusammenhängen", sagte der Klubvorsitzende Carl Jarchow. Nicht nur berufliche, auch familiäre Überlegungen sollen eine Rolle gespielt haben. Jarchow hofft: "Ich bin sicher, dass er dem Verein verbunden bleibt."

Wer hört auf, wer macht weiter?

Neben Otto scheidet im Januar Jörg Debatin aus. Auch Otto Rieckhoff (bisher Delegierter Ochsenzoll) galt als sicherer Abgang. Rieckhoff hatte nach seinem Rücktritt als Vorsitzender sein Ausscheiden aus dem Gremium öffentlich angekündigt. Gestern sagte er jedoch: "Ich werde mir die allgemeine Situation ansehen und dann entscheiden, ob ich antrete." Horst Becker hält ebenfalls die Entscheidung offen: "Ich habe früher gesagt, dass ich dazu tendiere, eher nicht mehr anzutreten, aber ich werde mich erst Anfang Dezember entscheiden." Bei Ian Karan geht die Tendenz eher in Richtung Abschied, aber auch er hat noch keinen Entschluss gefasst. Mindestens noch zwei Jahre im Amt bleiben die Stellvertreter Ertel und Westphalen (Amateure-Delegierter) sowie Jürgen Hunke, Marek Erhardt, Hans-Ulrich Klüver, Björn Floberg (für die Supporters) und Ronald Wulff (für die Senioren, gewählt bis 2016). Das heißt, im Januar sind vier freie Plätze im Gremium zu vergeben, das nach der Auflösung des HSV Ochsenzoll nur noch elf statt zwölf Mitglieder hat.

Wer kandidiert?

Am 9. Dezember (24 Uhr) endet die Frist für Wahlvorschläge. Erster und bislang einziger Kandidat ist Christian Strauß, geschäftsführender Direktor der Asklepios-Klinik Wandsbek. Über die Zulassung der Kandidaten befindet der Wahlausschuss am 12. Dezember, am 13. Dezember folgt eine erste Präsentation der Kandidaten auf freiwilliger Basis im Stadion. Im Aufsichtsrat wird die Akquise von Hamburger Persönlichkeiten längst auch aktiv betrieben. "Ich bin mit Alexander Otto mit mehreren Hamburger Persönlichkeiten in guten und Erfolg versprechenden Gesprächen für eine Kandidatur", sagte Ertel. Fest steht: Wie 2011 wird es auch dieses Mal keinen offiziellen Kandidaten der Supporters-Abteilungsleitung geben, das kündigte deren Vorsitzender Ralf Bednarek gestern an: "Ich würde mir wünschen, dass sich im Aufsichtsrat die gesamte Breite des Vereins widerspiegelt."

Wer wird neuer Chef des Gremiums?

Wie nach jeder Mitgliederversammlung wird der frisch gewählte Aufsichtsrat auch im Januar bei seiner konstituierenden Sitzung den Vorsitzenden und die beiden Stellvertreter bestimmen. Stand heute sind alle Mutmaßungen reine Spekulation, zunächst muss die neue Zusammensetzung abgewartet werden. Klar ist: Für den Vorsitz naturgemäß infrage kommen die bisherigen Stellvertreter Ertel und Westphalen. Dass ein Räte-Neuling ohne HSV-Erfahrung gleich auf den Chefstuhl gesetzt wird, gilt als unwahrscheinlich.

Steuert der HSV auf eine neue Führungskrise zu?

"Das sehe ich nicht", sagt Jarchow, dessen Vertrag wie auch der von Vorstand Joachim Hilke bis Mai 2015 verlängert wurde. "Dies ist ein normaler demokratischer Vorgang. Und sportlich kommen wir gut voran, sind stabil." Ertel sieht es ähnlich: "Ottos Verzicht führt den Aufsichtsrat nicht in eine Führungskrise. Die personelle und inhaltliche Kontinuität ist durch die übrigen Aufsichtsrats-mitglieder sehr gut gewährleistet." Dennoch wird es die wichtigste Aufgabe des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden sein, einigend zu wirken. Schließlich taten sich besonders zwischen den alten und den 2011 gewählten Räten tiefe Gräben auf, die bei der Aufarbeitung der Ära Bernd Hoffmann zutage traten. Allerdings näherten sich die Gruppierungen zuletzt immer mehr an. Wurden anfangs die "Alten" für den Abschluss des Kühne-Deals sowie die hohen und vor allem in der Zukunft noch fälligen Transferablösen kritisiert, so ist der HSV in der jetzigen Zusammensetzung finanziell ein noch höheres Risiko eingegangen - und dank Kühne wurde auch die Verpflichtung von Rafael van der Vaart getätigt.

Was ist die Herausforderung des neuen Aufsichtsrats?

Eindeutig die Finanzen. Nach den jüngsten Millionen-Ausgaben ist die Lage angespannt, auch in diesem Geschäftsjahr wird es ein deutliches Minus geben. Die künftige Gestaltung der Vermarktung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Im Juni 2015 läuft der Vertrag mit Sportfive aus.