Ein Kommentar von Kai Schiller

Es ist etwas mehr als drei Monate her, als Slobodan Rajkovics Tage in Hamburg endgültig gezählt schienen. Nachdem der Serbe bei einem Tête-à-Tête mit Heung Min Son zunächst seine Fähigkeiten im Nahkampf durchaus eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, beeindruckte der Abwehrmann anschließend auch verbal mit schlagfertigen Thesen. In einem autorisierten Interview mit dem Abendblatt warf Rajkovic Trainer Fink sogar vor, gelogen zu haben. Die folgende Antwort Finks, dass der 23-Jährige unter seiner Regie nie wieder für den HSV spielen werde, war wenig überraschend, konsequent und wahrscheinlich auch nachvollziehbar.

Genauso richtig wie die damalige Härte ist nun aber die plötzliche Milde, mit der Fink gestern überraschend Rajkovic begnadigte. Drei Monate lang ließ der HSV-Coach seinen Heißsporn bei den Amateuren abkühlen, ehe er sich nun dazu durchrang, Rajkovic noch eine zweite Chance einzuräumen. Entscheidend waren für den 45-Jährigen nicht seine persönlichen Befindlichkeiten, sondern viel mehr das Wohl des Vereins. Und obwohl Fink damit unfreiwillig wortbrüchig wurde, beweist er mit der Begnadigung gleichzeitig auch Größe - und vor allem Geschäftssinn.

Denn wer glaubt, dass Rajkovic nun wieder bei null anfängt, der irrt. Bei den Profis erhält der Innenverteidiger nur die Möglichkeit, sich bis zur Öffnung des Wintertransfermarkts in den Fokus möglicher Interessenten zu spielen. Geht das Kalkül auf, wechselt Rajkovic in wenigen Wochen zu einem anderen Klub - und beschert dem HSV und Fink ein paar Euro für mögliche Verstärkungen.