HSV-Sportchef Frank Arnesen will mit dem Südkoreaner langfristig verlängern. Das letzte Wort spricht jedoch der Berater des 20-Jährigen.

Hamburg. Vom einen auf den anderen Moment wurde es am Sonnabendnachmittag unruhig neben der Buseinfahrt der Imtech-Arena. Als die rund 50 Autogrammjäger, die knapp zwei Stunden auf ihre Helden vom Vorabend gewartet hatten, Heung Min Son erspähten, war es mit der Zurückhaltung vorbei. Ein paar vorpubertäre Kreischer hier, ein paar schnelle Bilder mit dem Fotohandy dort. Höflich erfüllte Son, bester Spieler beim 2:0 in Augsburg, jeden Autogrammwunsch, ehe er sich wenig später auf den Weg ins verdiente freie Restwochenende machte.

Die plötzliche Euphorie um den 20-jährigen Südkoreaner ist verblüffend, bedenkt man, dass viele Anhänger den Offensivallrounder trotz seiner Tore in der jüngeren Vergangenheit durchaus kritisch bewertet hatten. Noch am vergangenen Dienstag musste Trainer Thorsten Fink bei einem Fanabend im Stadionrestaurant Die Raute gleich mehrfach erklären, warum er auch in Zukunft gedenke, an seinen variabel einsetzbaren Flügelflitzer festzuhalten. "Sonny ist ein herausragendes Talent, das aber noch am Anfang seiner Entwicklung steht", sagte Fink. Wie recht der Trainer doch hatte, wurde am Freitagabend beim Auswärtsspiel des HSV in Augsburg deutlich. Son, der am kommenden Sonnabend gegen Bayern bereits sein 50. Bundesligaspiel absolvieren wird, schoss nicht nur sein fünftes Saisontor und bereitete einen Treffer indirekt vor. Der Youngster war zweikampfstark, lauffreudig, machte die meisten Sprints und gab zudem die meisten Torschussvorlagen. "Er ist ein Knipser. Chance, bum, Tor", lobte Sportchef Frank Arnesen.

Genau diese Eigenschaften sind es allerdings auch, die Arnesen derzeit ordentlich Kopfschmerzen bereiten. Zu gern würde er noch in diesem Winter den 2014 auslaufenden Vertrag um mindestens zwei Jahre verlängern. Doch jedes Son-Tor, so sind nun mal die Spielregeln des Geschäfts, macht das Vorhaben des Dänen schwieriger. "Ich bin da ganz entspannt", sagt Arnesen, "Son sieht ja, dass wir uns hier mit guten Spielern verstärkt haben. Er spielt, hat gute Leute neben sich, und auch seine Perspektive stimmt." Bis Februar würde er die Verlängerung gern erledigt haben, ein erstes Treffen mit Sons Berater Thies Bliemeister sei in der kommenden Woche terminiert.

Ganz so schnell dürfte es dann aber doch nicht gehen. Bliemeister, der sich gestern Mittag gemeinsam mit Son das A-Jugend-Regionalligaspiel zwischen Holstein Kiel und dem VfL Wolfsburg anschaute, hat längst registriert, dass sein talentierter Mandant Begehrlichkeiten geweckt hat. Der HSV sei selbstverständlich erster Ansprechpartner, versichert Bliemeister, aber natürlich hätten sich weitere Interessenten gemeldet: "Sonny hatte sich vor der Saison fest vorgenommen, beim HSV den Durchbruch zu schaffen. Er ist noch immer jung, und trotzdem ist es ein zentrales Jahr in seiner Karriere."

Es ist keine einfache Aufgabe, die Bliemeister derzeit zu erfüllen hat. Der Berater, der in der Szene einen guten Ruf genießt, muss den Spagat zwischen den Interessen Sons und des HSV bewältigen. Der Südkorea-Experte betreut Son seit dessen Wechsel als B-Jugendlicher ins HSV-Internat vor vier Jahren, hat aber gleichzeitig eine Kooperation mit dem Verein über die Ausbildung von Talenten in Sons Heimatland abgeschlossen. "Gemeinsam mit Sons Vater wollen wir talentierte Fußballer entdecken und zielgerichtet fördern. Es geht darum, sie möglichst langfristig zu entwickeln", sagt Bliemeister, der Mitgründer der Asia Football Academy in Chuncheon ist. Der HSV ist Partner, regelmäßig sollen Nachwuchstrainer nach Südkorea reisen.

Die unbeantwortete Frage, die nun im Raum steht, ist, ob das vielversprechende Langzeitprojekt auch bei einem Weggang Sons aus Hamburg aufrechterhalten werden kann. Unbestritten ist, dass besonders die lukrativen Sponsorendeals mit südkoreanischen Unternehmen an Sons Person hängen. In Kürze will der HSV bereits einen dritten Exklusivpartner aus dessen Heimat vorstellen. "Das ist natürlich ein Faktor", gibt Arnesen zu, "wir wissen, dass es uns durch Sonny leichterfällt, in Korea Sponsoren und Partner zu finden." Der angeblich an Son interessierte FC Liverpool, das versichert Arnesen, habe sich bei ihm aber noch nicht gemeldet. "Natürlich werde ich alles dafür tun, dass Son langfristig bleibt", sagt der Skandinavier, der aber auch betont, dass kein Spieler unverkäuflich sei.

Son selbst scheint die neuerliche Zuneigung zu genießen: "Ich fühle mich in Hamburg sehr wohl." Ob er aber tatsächlich in Kürze seinen Vertrag verlängert, da wollte er sich noch nicht festlegen: "Ich muss mit Thies sprechen. Er entscheidet fast immer."

Eine einfache Entscheidung, so viel steht fest, wird es für Bliemeister wohl nicht werden.