Nach der Sieben-Punkte-Woche hat Hamburgs Sportchef Frank Arnesen erstmals über “die härteste Zeit meiner Karriere“ geredet.

Hamburg. Die mutmaßlich größte HSV-Feier aller Zeiten war am Sonnabend für Frank Arnesen beendet, bevor sie so richtig beginnen konnte. Gerade als die After-Show-Party nach der Gala zum 125. Vereinsgeburtstag in der Dannemann-Lounge so richtig an Fahrt aufnehmen wollte, hatte sich der Sportchef gegen 23.30 Uhr bereits auf den Weg nach Hause gemacht. Dort wollten er und Ehefrau Kate in seinen 56. Geburtstag im kleinen Kreis reinfeiern. Mit "einem Glas Champagner" hätten sie um Mitternacht angestoßen, berichtet Arnesen, der offenbar trotz der allgemeinen Feierlaune nach dem glücklichen Sieg gegen Hannover 96 nur wenig Lust hatte, seinen Ehrentag in großer Runde zu zelebrieren. Natürlich sei auch er nach der nicht erwarteten Sieben-Punkte-Woche gegen Dortmund, Gladbach und Hannover glücklich gewesen, sagt der Skandinavier, aber groß feiern sollten mal lieber die anderen.

Am Morgen nach seinem Geburtstag sitzt Arnesen auf einem weißen Ledersessel in der BoConcept-Loge in der Osttribüne. Der Zweite Vorstandsvorsitzende lächelt, aber eigentlich lächelt er immer. Wie es aber in seinem Inneren aussieht, wird deutlich, als Arnesen nach ein paar Minuten des Smalltalks ein Gespräch über die Zeit vor der Sieben-Punkte-Woche zulässt. Es waren die Wochen, in denen der Sportchef extern und intern im Kreuzfeuer der Kritik stand. Uwe Seeler hatte ihm öffentlich mehrfach vorgeworfen, die Bundesliga unterschätzt zu haben, Mäzen Klaus-Michael Kühne hatte sein zögerliches Handeln beim Transfer Rafael van der Vaarts kritisiert, und sogar seine Vorstandskollegen schienen nach und nach das Vertrauen in die Expertise des Dänen verloren zu haben.

"Intern sind sehr harte Worte gefallen", gibt Arnesen zu. Tiefpunkt der Entwicklung war ein Artikel der "Sport Bild" über seine Zusammenarbeit mit Beratern, nach dem er in Begleitung seines Anwalts stundenlang vom Aufsichtsrat verhört worden war. Gegenüber den Kontrolleuren soll Arnesen aber plausibel erklärt haben, warum er die Vermittler Dejan Mitrovic und Vladica "Vlado" Lemic beim Transfer Milan Badeljs hinzugezogen hatte. Einen sechsstelligen Betrag, wie es zuvor berichtet worden war, habe der HSV an die Agenten nicht überweisen müssen, da dieser Betrag als Provision nur fällig gewesen wäre, wenn Badelj statt am 31. bereits am 1. August nach Hamburg gewechselt wäre. Trotz aller Beteuerungen wurde nach einer Untersuchung der Deutschen Fußballspieler-Vermittler Vereinigung (DFVV) sogar die Fifa eingeschaltet, die den HSV zu einer schriftlichen Stellungnahme aufforderte. Ob es die härteste Zeit seiner Karriere war? "Ja", antwortet Arnesen, "es waren sehr harte Wochen für mich."

Der allgemeine Tadel an seiner Arbeit hat den früheren Sportdirektor von Chelsea mehr mitgenommen, als es zunächst den Anschein hatte. Arnesen gibt zwar zu, dass Fehler gemacht wurden und auch er Fehler gemacht habe. Aber die geballte Kritik hat ihn verletzt. Besonders geärgert habe er sich, dass ihm nach einer Presserunde, in der er ein Fazit über Thorsten Fink für den Winter angekündigt hatte, ein gestörtes Verhältnis zum Trainer nachgesagt worden sei. Auch das Abendblatt hatte über das Zerwürfnis zwischen den beiden leitenden Angestellten berichtet, das Arnesen aber vehement bestreitet.

"Die Kritik an meiner Arbeit war sehr aggressiv", sagt Arnesen, der auch dem Vorwurf, er habe sich zu spät um die Kaderplanung gekümmert, widerspricht. Die Transfers von René Adler, Artjoms Rudnevs, Maxi Beister und Milan Badelj wären früh klar gewesen, sagt der Sportchef, für weitere Einkäufe habe er vom Vorstand und Aufsichtsrat keine Mittel zur Verfügung bekommen. Erst als der Saisonstart misslang, hätte es eine neue Ausgangslage gegeben. Danach habe man reagieren können und Petr Jiracek für vier Millionen Euro und Rafael van der Vaart für 13,5 Millionen Euro verpflichtet. Kein Geheimnis ist allerdings, dass Arnesen beim Kauf van der Vaarts, der vom Vorstandskollegen Joachim Hilke und Geldgeber Klaus-Michael Kühne in Eigenregie abgewickelt worden war, übergangen wurde.

Trotz allem versucht Arnesen nach den sportlichen Erfolgen, die ihm Rückenwind beschert haben, positiv in die Zukunft zu schauen. "Ich glaube, dass wir gestärkt aus dieser Situation hervorgehen", sagt der 56-Jährige, der in Matthias-Sammer-Manier nach den drei Spielen ohne Niederlage vor verfrühter Zufriedenheit warnt: "Wir haben gegen Hannover nicht so gut gespielt, müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht nachlassen." Aber Gründe zum Feiern, da ist sich Arnesen sicher, wird es noch mehr als genug geben.