Leverkusens Coach ist in seinem Klub nicht mehr unumstritten - offenbar gab es bereits Gespräche mit dem HSV-Vorstand. Auch Schaaf und Gross werden gehandelt.

Hamburg. Kaum ein Thema elektrisiert die Hansestadt derzeit so sehr wie die Trainerfrage beim HSV. Bis gestern 18 Uhr beteiligten sich 8372 User an der Umfrage von abendblatt.de. Der klare Favorit dort: Mirko Slomka, ehemaliger Trainer von Schalke 04 mit 36 Prozent.

Ein Name allerdings fehlte bis zu diesem Zeitpunkt in der Umfrage-Tabelle - weil er noch einen laufenden Vertrag bei einem Bundesliga-Klub hat und zudem im Pokalfinale steht: Bruno Labbadia (43), Übungsleiter von Bayer Leverkusen. Doch inzwischen scheint der ehemalige Nationalstürmer, der von 1987 bis 1989 auch für den HSV spielte, zu den großen Favoriten auf die Nachfolge von Martin Jol zu gehören. Nach Abendblatt-Informationen soll es sogar schon vor rund zehn Tagen ein erstes Gespräch zwischen dem HSV-Vorstand und Labbadia in Hamburg gegeben haben, zu einem Zeitpunkt also, als schon vieles auf eine Trennung von Jol hindeutete.

Labbadia zählte bereits zu den Kandidaten beim HSV, als vergangenes Jahr ein Nachfolger für Huub Stevens gesucht wurde. Damals trainierte er noch den Zweitliga-Klub Greuther Fürth. Am Ende entschied sich der Vorstand - wohl auch wegen der größeren Erfahrung - für Jol.

Doch jetzt könnte Labbadias zweite Chance kommen: In der Szene ist es ein offenes Geheimnis, dass er in Leverkusen trotz des Einzugs ins Pokalfinale inzwischen unzufrieden ist. Er hat Ärger mit seinen Spielern - bei einer Umfrage soll die Mannschaft sich mit 20:4 Stimmen gegen eine weitere Zusammenarbeit ausgesprochen haben. Nach dem Absturz in der Tabelle von Platz eins (zwölfter und 13. Spieltag) auf Rang neun gerät er zudem vereinsintern immer stärker unter Druck. Gegenüber "Bild" erklärte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser nun: "Von einem Treueschwur kann keine Rede sein. Das würde auch nicht zum schnelllebigen Fußball passen." Das klingt nicht nach Harmonie zwischen Klubführung und Trainer.

Die aktuellen Probleme sind zwar nicht gerade eine Empfehlung, aber andererseits hat auch der HSV-Vorstand registriert, dass Labbadia ein Händchen für junge Spieler hat - was er einst schon als Coach von Darmstadt 98 und in Fürth bewies. Und genau diesen Weg will auch der HSV gehen. Zudem hat Labbadia trotz der Bayer-Talfahrt noch immer einen guten Ruf in der Branche - schließlich soll er auch eine Offerten seines ehemaligen Klubs 1. FC Kaiserslautern (für den er einst stürmte) vorliegen haben. Für Labbadia wäre es die Heimkehr an eine sehr erfolgreiche Station.

Seine ersten Trainer-Schritte in den großen Fußball allerdings hat er in Fürth getan, dort wurde er von Fans, Spielern und Vorstand gleichermaßen hofiert und geschätzt. Präsident Helmut Hack sagte im Frühjahr 2008: "Ich bin restlos überzeugt davon, dass Bruno Labbadia ein ganz großer Trainer wird." Weil Labbadias Führungsstil von Klarheit geprägt ist. Für ihn zählt nur die Mannschaft: "Bei mir darf keiner sein Einzelding machen, nur das Team ist wichtig."

In Leverkusen allerdings ist er auf seine ersten Grenzen gestoßen, die Profis beklagten sich, wenige Tage vor dem Pokalfinale, über "zu hartes Training". Labbadias Motto aber war und ist schon immer: "Gute Leute, die gute Arbeit leisten, setzen sich durch."

Auch beim HSV? Die Entscheidung über die Trainerfrage wird indes wohl frühestens Mitte der kommenden Woche fallen. Auch über andere Kandidaten macht man sich noch Gedanken. Laut "Bild" steht auch Thomas Schaaf auf der Wunschliste, der am Sonnabend mit Werder Bremen im DFB-Pokal-Finale auf Labbadias Team trifft. Ausgerechnet Schaaf: Mit seiner Mannschaft beendete er in der abgelaufenen Saison alle Titelträume der Hamburger. Das freilich könnte gerade für eine Verpflichtung des 48-Jährigen sprechen, der in Bremen seit einem Jahrzehnt erfolgreiche Arbeit leistet. Fraglich nur, ob sich Schaaf auch den enttäuschten HSV-Fans vermitteln ließe.

Allerdings: Auch Meister VfL Wolfsburg hatte sich kürzlich um Schaaf als Nachfolger des zu Schalke wechselnden Felix Magath bemüht, sich dabei aber eine Absage eingehandelt. Laut Werder-Manager Klaus Allofs kam damals eine Freigabe des Trainers aus seinem bis 2010 laufenden Vertrag nicht infrage.

Ein Problem, das sich bei Christian Gross nicht ergeben würde. Der 54 Jahre alte Schweizer ist seit Mittwoch seinen Job beim FC Basel nach zehn Jahren los. Gross hatte bereits im Vorjahr mit dem HSV verhandelt, als der auf der Suche nach einem Nachfolger für Huub Stevens war. Letztlich erfolglos: Offenbar konnte Gross die Hamburger in den Gesprächen nicht davon überzeugen, wirklich auf den Trainerposten beim HSV erpicht zu sein. Ob das jetzt anders ist?