Das Abbrennen von Pyrotechnik wird in der Bundesliga zur Gewohnheit. Der HSV ist vorbelastet und musste jetzt 7000 Euro Strafe zahlen.

Hamburg. Mittlerweile gehört es in den Stadien der Bundesliga schon zum gewohnten Bild. Auch beim Spiel des HSV in Hannover wurden am Sonnabend kurz vor dem Anpfiff beider Halbzeiten mehrere bengalische Feuer im Block der Hamburger Fans gezündet. Das ist zwar kein exklusives HSV-Problem, an jedem Spieltag wird in irgendeinem Stadion Pyrotechnik abgebrannt. Doch die Hamburger sind vorbelastet: Erst gestern wurde der Verein vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wegen "fortgesetzten unsportlichen Verhaltens" zu einer Geldstrafe von 7000 Euro verurteilt. Die Strafe bezieht sich auf die Vorfälle beim Bundesligaspiel bei Werder Bremen und im DFB-Pokal bei Eintracht Trier. Der Klub hat das Urteil akzeptiert. Eine zu verkraftende Summe, doch die Geschehnisse der Partie in Hannover dürften für den HSV als Wiederholungstäter ein weitaus teureres Nachspiel haben, was Klubchef Carl Jarchow ärgert: "Ich kann ein solches Verhalten nicht akzeptieren, habe die Vorfälle absolut negativ zur Kenntnis genommen", sagte er gestern.

Schon vor knapp vier Wochen verkündete DFB-Boss Theo Zwanziger, dass Pyrotechnik nichts in den Stadien zu suchen habe und eine Legalisierung komplett ausgeschlossen sei. Befürworter einer solchen hatten sich von den vorhergehenden Verhandlungen mit DFB und DFL eine Einigung erhofft - die Anhäufung von Vorfällen seit dem Scheitern kann nun als Trotzreaktion gedeutet werden. Die von vielen Fans geforderte Legalisierung lehnt auch Jarchow strikt ab: "Es wäre der falsche Weg, Pyrotechnik künftig zu erlauben, da Zuschauer dadurch gefährdet werden. Das Feuer kann Temperaturen um 1000 Grad erreichen. Und irgendwann kommen nicht nur Geldstrafen auf uns zu, sondern es könnten auch die Kartenkontingente unserer Fans bei Auswärtsspielen reduziert werden. Darunter würden alle Anhänger leiden, auch die Mehrzahl der friedlichen."

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Unterstützung erhält Jarchow vom Berliner Pyrotechniker Björn Weber, der ebenfalls eindringlich vor den Bengalos warnt: "Diese Fackeln sind für die Verwendung in der Seenotrettung entwickelt worden. In einem Stadion, wo viele Menschen auf einem Haufen stehen, ist die Gefahr, dass Kleidung oder gar Personen in Brand gesteckt werden, viel zu groß."

Jarchow will die Vorfälle mit dem Vorstand und der Abteilungsleitung besprechen sowie den Austausch mit den Fangruppen suchen. Zudem plant er, wie Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies beim Spiel gegen Dortmund, sich bei einem der nächsten Auswärtsspiele in den Fanblock zu stellen. So weit wie Tönnies, der mit seinem Handy Fotos schoss, um zündelnde Fans zu überführen, würde Jarchow jedoch nicht gehen.

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Doch ob sich die überzeugten Hobby-Feuerwerker von diesen Maßnahmen von ihrem Vorhaben abbringen lassen, ist zweifelhaft. "Es sind nur einzelne Personen innerhalb größerer Fan-Gruppierungen, die so aus dem Rahmen fallen", sagt Jarchow - und diese seien nur äußerst schwer zu identifizieren. Trotz moderner Kameratechnik in den Stadien sind die Täter kaum zu fassen. Vermummt mit Kapuze und Schal verschwinden sie nach dem Abfackeln von Leuchtfeuern unter großen Fahnen, tauschen dort sogar ihre Kleidung, um es möglichen Zeugen schwer zu machen, sie wiederzuerkennen.

Ralf Bednarek, Vorsitzender der großen HSV-Fanorganisation Supporters Club, hält dagegen nicht viel von bloßen Verboten. "Man sieht ja, dass so keine abschreckende Wirkung einsetzt." Bednarek befindet sich bereits in Gesprächen mit Teilen der Gruppierung der "Ultras", aus deren Mitte die Bengalos gezündet wurden: "Pyrotechnik ist derzeit verboten, deshalb kann ich den Einsatz auch nicht gutheißen. Doch ein großer Teil unserer Fans ist bengalischen Feuern grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt, da sie ihrer Meinung nach für bessere Stimmung sorgen und so im Endeffekt auch dem HSV helfen würden. Deshalb gilt es, in Absprache mit Behörden, Verbänden und Vereinen Lösungen zu finden, die für alle akzeptabel sind." So sei vorstellbar, dass in einem abgesperrten Extrabereich Pyros gezündet werden, die nicht 1000 Grad heiß werden können, und die Aktion zusätzlich von Feuerwehrleuten überwacht wird.

Für Weber keine Alternative. "Das beseitigt nicht das Problem, dass beim Abbrennen Gase entstehen, die die Gesundheit aller Stadionbesucher gefährden. Die Fackeln bestehen zu einem großen Teil aus Magnesium. Dieses hat die Eigenschaft, beim Abbrennen eigenen Verbrennungssauerstoff zu entwickeln, was bedeutet, dass man es nicht löschen kann, weder mit Wasser noch mit Sand. Außerdem halte ich das Argument des kontrollierten Abbrennens für vorgeschoben. Der Reiz für die Fans besteht doch darin, ihren Block zu erleuchten. Die wollen das doch gar nicht aus der Hand geben."