Protokoll der schonungslosen Abrechnung mit dem Verein und seinem Vorsitzenden in einem Liga-total!-Interview

Über die Gesamtsituation: "Das kenne ich beim HSV seit vier Jahren, dass man Schuldige sucht. Aber darum geht's nicht - es geht um Lösungen. Schuldige zu suchen ist zwar toll, da freuen wir uns alle. Das ist wie in der Politik: Suchen wir mal einen Schuldigen, und dann haben wir das Problem gelöst. Nein, wir haben es nicht gelöst! Sie müssen die Dinge vorleben. Sie müssen keine Wertediskussion führen, Sie müssen es vorleben, und dann können Sie das auch von ihren Leuten verlangen. Nur so wird ein Schuh draus - und genauso ist es bei uns in der Mannschaft. In den zurückliegenden anderthalb Jahren sind viele Dinge entstanden, Baustellen, das ist Wahnsinn! Das sind viele kleine Baustellen, die sich summieren zu einer riesengroßen."

Welche Baustellen? "Vieles liegt im Argen, weil die Dinge ausgesessen und nicht geregelt werden. Leute werden enteiert - nehmen Sie doch mein Beispiel: Man hat einen Torhüter geholt. Den hat man geholt, damit der Rost mal die Klappe hält. Aber wenn man konsequent ist, dann lässt man ihn auch spielen. Aber wie könnte das in der Öffentlichkeit aussehen? Und von dieser Art der Baustellen haben wir Hunderte aufgemacht! Auch im Verein: Wenn Sie immer nur reingehen und gucken: Wer sitzt denn da, und hoffentlich sage ich nichts Falsches - da wird eine Misstrauenskultur geschaffen. Das ist schwierig, und Sie sehen das auf dem Spielfeld wieder: Da passiert ein Ding, und dann bricht alles auseinander. Wenn da eine gewisse Stabilität da ist, dann passiert das nicht. Dann kriegt man auch mal eins auf den Deckel, aber nicht in der Häufigkeit, wie wir das in dieser Saison erlebt haben. So wie heute, da bricht das eben gnadenlos auseinander."

Über enteierte Profis: "Es geht nicht um Fehler - man muss eine Linie haben: Wie möchte ich meinen Verein sehen, wie möchte ich Fußball spielen - und die muss ich durchziehen. Da muss ich auch diejenigen unterstützen, die mitziehen - und kann sie nicht enteiern! Wenn ich niemanden mehr habe, der irgendwas sagt, wenn ich denke: Wenn einer etwas Kritisches sagt, ist das gleich ein Feind - dann funktioniert das nicht im Fußball. Denn das ist ein Geschäft, da ist Druck, da müssen Sie unter schwierigen Bedingungen Erfolg haben. Das müssen Sie vorleben: die Begeisterung auf dem Spielfeld. Warum sind Klopp oder Tuchel erfolgreich? Ja, die strahlen das aus, die Begeisterung. Auch vom Verein: Watzke, der stellt sich hinter seine Leute, das ist so eine Einheit! Und das ist aus der Not heraus entstanden. Und es ist halt schade, wenn man das Gefühl hat, man muss erst Dinge gegen die Wand fahren, bevor man sich an das Wesentliche erinnert."

Ob Rost das Gefühl habe, dass sich Bernd Hoffmann beim HSV nicht hinter die Mannschaft stelle? "Ich habe noch nichts gehört. Er hat 160 Millionen Euro Jahresumsatz gemacht, das war sein Erfolg. Die Mannschaft hat nur 50 Spiele gemacht. Aber scheißegal! Das ist total uninteressant, ob sie mich wegfackeln, ist mir wurscht. Wir müssen gucken, dass wir 40 Punkte kriegen - das ist das Entscheidende. Was glauben die hier: dass wir irgendwo hinfahren und irgendwelche Leute abschießen? Wir haben heute nicht mal einen Blumentopf getroffen. Aber ich muss die Dinge aktiv regeln und nicht aussitzen. Stellen Sie sich vor, jeder Spieler, bei dem der Vertrag ausläuft, macht jetzt Urlaub!"

Nachfrage, er meint Bernd Hoffmannn? "Was interessiert mich Bernd Hoffmann? Wir müssen ein Verein sein, der eine Einheit ist. Nur dann haben wir eine Chance. Was wir jetzt sehen, ist ein wankender Riese - und wenn wir noch eine auf die 'Gusche' kriegen, dann fällt er um, der Riese."

Was jetzt passieren muss? "Dass alle fest zusammenstehen und dass man die Probleme, die man hat, aktiv regelt. Das geht von ganz oben los, die Spieler können es ja schwer regeln."

Welchen Einfluss der Trainer hat? "Ich bin vier Jahre hier - fünf Trainer. Und, was ist besser geworden? Die Probleme sind die gleichen. Die Medien fordern doch laufend: Wir müssen einen neuen Trainer holen, wir brauchen neue Spieler. Glauben Sie, wir gehen mit so einem breiten Kreuz ins Spiel, wenn wir wissen: Nächstes Jahr werden eh alle ausgetauscht? Solange ich meine Leute habe, verteidige ich sie bis aufs Messer: meine Spieler, meine Mannschaft, die das Wertvollste ist, was dieser Verein hat. Denn ohne Bundesliga können alle anderen den Deckel zumachen."