Am Sonnabend beginnt für den HSV die Bundesliga gegen Schalke 04 - mit einem Heimspiel. Noch hakt es allerdings im neuen System.

Hamburg. Er wollte das Spiel "nicht zu hoch hängen". Zumindest nicht nach außen. Dennoch war Armin Veh anzumerken, dass ihn der schwache Pokal-Auftritt seiner Mannschaft ärgert. Das schwache 5:1 beim Fünftligisten in Torgelow beunruhigt den neuen HSV-Trainer sogar. Ob sich jemand im ersten Pflichtspiel der Saison 2010/2011 verletzt hat? Veh überlegt, lächelt kurz und fragt: "Verletzt? Wie denn bitte?" So wenig Laufbereitschaft hatte der Trainer gesehen. Veh droht seinen Stammspielern sogar: "Jedes Spiel liefert dem Trainer Argumente, auch dieses. Ich kann sagen, dass meine Mannschaft für Sonnabend noch nicht steht." Im Gegenteil, Veh droht seinen Spielern mit Konsequenzen: "Fußball ist ein Wochengeschäft. Wenn einer seine Leistung nicht jeden Tag wieder bringt, ist eben ein anderer da. Man sieht bei uns schon in der Viererkette, wo es noch nicht stimmt." Und von diesen Beispielen gibt es einige. Allerdings bleiben Veh nur noch vier Tage, um vier große Baustellen abzuarbeiten. Eine Analyse.

Im Tor ist der HSV gut besetzt. Trotzdem droht Ärger. Zwar hat sich Frank Rost im Kampf um die Nummer eins nachvollziehbar durchgesetzt. Allerdings ist Zugang Jaroslav Drobny, der alles andere als eine schwache Vorbereitung absolvierte, keine typische Nummer zwei. Der Tscheche von Hertha BSC Berlin hatte bei seiner Absage an etliche andere Klubs aus Frankreich, England und der Bundesliga dem Vernehmen nach andere Umstände erwartet, als sich sportlich mit Frank Rost messen zu müssen. Geschweige denn, zu Saisonbeginn auf der Bank zu sitzen. "Er wird seine Spiele machen", verspricht Veh und versucht, den Neuzugang zu beruhigen. Allerdings bleibt abzuwarten, wie lange Drobny stillhält.

Stockfehler, Abstimmungsprobleme, mangelnde Fitness und Verletzungen - in der HSV-Abwehr ist mit Sicherheit am meisten Arbeit nachzuholen. Im Grunde genommen stimmt noch nichts. Der neue Kapitän Heiko Westermann offenbarte in Torgelow individuell wie im Zusammenspiel mit Joris Mathijsen eklatante Schwächen. Er sei noch nicht bei 100 Prozent, erklärte er selbstkritisch. Allerdings muss sich Veh auf ihn verlassen. Schließlich gibt es keine Alternative. Guy Demel, der zuletzt als Aushilfs-Innenverteidiger aufgetreten war, wird rechts in der Viererkette gebraucht, wo Dennis Diekmeier in der Vorbereitung - nett formuliert - ausbaufähige Leistungen absolvierte und jetzt vier Wochen lang verletzt ausfällt. Zudem fehlt die Abstimmung. Bis zum Schalke-Spiel hofft Veh, der auf Dennis Aogo sicher verzichten muss (Ischias-Beschwerden und Trainingsrückstand), daher auf die Rückkehr von Marcell Jansen - der seit der WM noch kein Spiel absolvierte. Die Abwehr ist so noch nicht bundesligatauglich, allerdings ist die Situation angesichts erfahrener Leute wie Demel, Westermann, Mathijsen und Jansen längst nicht hoffnungslos. Auch wenn nur noch vier Tage bis zum Besuch von Schalke samt Stürmerstar Raul bleiben.

David Jarolim und Zé Roberto kennen sich und wirken aufeinander abgestimmt. Beide sorgten in den Vorbereitungsspielen sowie in Torgelow für Ordnung. Allerdings geht beiden bislang noch das Offensivspiel ab - und die dafür vorgesehenen Außenspieler sowie der umfunktionierte Paolo Guerrero als zentraler Spieler sind noch nicht bei 100 Prozent. "Vielleicht sind alle nach der langen Vorbereitung mental ein wenig müde", glaubt Zé Roberto. Allerdings darf selbst von einem "mental müden" Bundesligaprofi im Spiel gegen einen Fünftligisten mehr erwartet werden. Ganze 34 Minuten benötigten die Hamburger für ihre erste gelungene Offensivaktion. Kaum vorstellbar, dass es Schalke dem HSV leichter machen wird.

"Wir haben drei Stürmer auf dem Platz gehabt - sonst waren es zwei." Armin Veh sieht sich in Erklärungsnot, angesprochen auf die Situation im Angriff. Als einzige Spitze gesetzt ist Ruud van Nistelrooy, der sich mit seinen drei Treffern gegen Greif in Topform präsentierte. Dahinter spielten zuletzt Guerrero zentral sowie Pitroipa links und Mladen Petric rechts. Und während viele damit rechnen, dass Pitroipa von Elia oder Jansen abgelöst wird, soll Petric rechts bleiben. Eine Personalie, die großes Streitpotenzial beinhaltet. Zumal Petric selbst seine neue Rolle nicht anzunehmen scheint. "Auch von ihm war das zu wenig", weiß Veh, der sich stur gibt: "Lasse ich vorne zwei Spitzen spielen, ist einer der drei raus. So sind sie alle drei drin." Allerdings unzufrieden - zumindest Petric demonstrierte seine Lustlosigkeit zuletzt auch auf dem Platz. Veh gibt sich stur: "Wo kommen wir denn hin, wenn Spielern ihre Position nicht gefällt." Allerdings weiß auch Veh um das Konfliktpotenzial bei seinem stolzen Kroaten. "Aber zum Glück bestimme hier noch ich."