Die beste Offensive der Liga will den zahlreichen Ausfällen trotzen: Eljero Elia soll gegen den VfL Bochum trotz Grippe für die Tore sorgen.

Hamburg. Nun ist es schwarz auf weiß: Der HSV ist die Abteilung Attacke der Bundesliga. Beweis hierfür ist nicht nur die Torstatistik, nach der keine Mannschaft so viele Treffer erzielt hat wie die ersatzgeschwächte Hamburger Offensive, sondern vielmehr das gerade auf mehr als 100 Seiten überarbeitete Gesamtkonzept des Vereins, das im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens bis Januar an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) abgegeben werden muss. Hierin lässt Trainer Bruno Labbadia auf mehreren DIN-A-4-Seiten festschreiben, dass sein Team offensiven und attraktiven Angriffsfußball spielen soll. Es ist nicht nur eine Art Versprechen, es ist die neue Philosophie des Vereins. "So sehe ich Fußball, und so mag ich Fußball", begründet Labbadia die HSV-Leitlinien.

Dabei ist dem Trainer, der trotz der immer gravierenderen Personalmisere auch am Sonntag gegen den VfL Bochum (17.30 Uhr/live auf Sky und im Abendblatt-Ticker) stürmen lassen will, durchaus aufgefallen, dass er gegen den Trend arbeitet. Denn während der HSV mit 27 Treffern nach zwölf Spieltagen so viele Tore wie seit der Champions-League-Saison 2000/2001 nicht mehr erzielen konnte, sind in der Bundesliga so wenige Treffer wie seit 20 Jahren nicht gefallen (290 nach zwölf Spieltagen). "Generell wird es immer schwieriger, Tore zu schießen. Ein Großteil der Teams legt einen Schwerpunkt auf eine gut organisierte Defensive", erklärt Labbadia den Trend, dem er sich mit seiner Mannschaft entgegenstellen möchte.

Beeindruckend ist Hamburgs Sturmdrang, wenn man besonders in der Offensive die Personalflaute bedenkt. So fallen gegen Bochum neben den Langzeitverletzten Paolo Guerrero (Kreuzbandriss) und Mladen Petric (Sehnenriss) auch Vertreter Nummer eins Jonathan Pitroipa (Adduktorenprobleme) und voraussichtlich auch Vertreter Nummer zwei Marcus Berg (Magendarmvirus) aus. Zumindest ein Einsatz von Anfang an scheint für den Schweden, der nach vier Tagen Pause gestern erstmals wieder 30 Minuten joggen konnte, ausgeschlossen zu sein. Genau wie zuletzt auch gegen Hannover 96 sollen dafür die Mittelfeldflitzer Tunay Torun und Eljero Elia im Sturm spielen, die allerdings beide an einer Grippe leiden. "Ich spiele auf jeden Fall", ließ Elia trotz "Müdigkeitsschüben" keinen Zweifel an seiner Motivation aufkommen, ehe er sich nach dem Freitagstraining auf den Weg zu Dr. Helmut Pantlen in der Kieler Straße machte, wo er ausreichend mit Medikamenten versorgt werden sollte.

An ein durch die Ausfälle bedingtes Aussetzen des festgeschriebenen Offensivfußballs verschwendet Labbadia dagegen keinen Gedanken: "Trotz der vielen Verletzen haben wir in den vergangenen Spielen immer unsere Tore gemacht", sagt der 43-Jährige, und untermauert seine Aussage mit Zahlen: zwei Treffer gegen Hannover 96 (2:2), zwei Tore gegen Borussia Mönchengladbach (2:3) und drei Treffer auf Schalke (3:3) zeigen deutlich, dass der HSV im Angriff die Ausfälle verkraftet. Vielmehr macht sich Labbadia Gedanken um die zuletzt schwächelnde Abwehr: "In der Defensive müssen wir uns einfach cleverer anstellen. Unser Problem ist, dass wir zu viele Tore kassieren." Und ähnlich wie im Sturm muss Labbadia auch in der Verteidigung experimentieren. Neben den Langzeitverletzten Alex Silva, Collin Benjamin (beide Kreuzbandriss) und Bastian Reinhardt (Aufbautraining nach einem Mittelfußbruch) fallen gegen Bochum definitiv Mittelfeldmann Zé Roberto (Bänderdehnung) und wohl auch Abwehrallrounder Jerome Boateng (Wadenprobleme und Grippe) aus. Trotzdem will Labbadia auch gegen den VfL auf Sieg spielen: "Wir haben 13 Feldspieler zur Verfügung - das reicht", sagt er, um dann doch zuzugeben, dass er eine derart angespannte Personallage in seiner Karriere als Spieler und als Trainer noch nie erlebt hat: "Alles Lamentieren bringt ja nichts, wir werden trotzdem versuchen, zu gewinnen." Nach vier sieglosen Spielen in Folge wäre ein Sieg doppelt wichtig - für die Moral der dezimierten Mannschaft und das Fortkommen in der Tabelle. Am besten schwarz auf weiß.