Nach der Kritik von Zé Roberto an der Nicht-Auswechslung des verletzten Jerome Boateng kam jetzt das Echo - von HSV-Trainer Labbadia.

Hamburg. Während Frank Rost gestern im Ausbildungszentrum als Pate für das neue Förderprojekt "NeuStart" des Hamburger Wegs auftrat, verriet der HSV-Keeper seinen ersten Berufswunsch: Architekt. Im Beisein von Ole von Beust fügte er hinzu: Nein, das Amt des Bürgermeisters wäre nie sein Ziel gewesen, weil die Maxime, möglichst allen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden, ein so schwieriges Unterfangen sei.

Vermutlich wird sich der Torwart noch gedacht haben: Alle Beteiligten in einer Fußball-Mannschaft zufrieden zu stellen, ist schon schwer genug - wie jetzt die Aufregung um die Nicht-Auswechslung von Jerome Boateng beim 2:3 gegen Mönchengladbach zeigte. Für die nötige mediale Munition hatte dabei vor allem Zé Roberto gesorgt, der direkt nach dem Spiel in der Mixed-Zone, auf Boateng angesprochen, die Meinung vertreten hatte, dass Bruno Labbadia den angeschlagenen Verteidiger zu lange auf dem Platz gelassen hatte.

"Wir werden das nicht dulden, dass Spieler sich zu gewissen Dingen äußern. Das ist nicht gut", reagierte der HSV-Trainer bei NDR 90,3 gereizt. "Die Spieler erwarten auch, dass man sie permanent in der Öffentlichkeit schützt und nichts sagt. Insofern ist so eine Aussage nicht gut, wenn der Spieler die Fakten nicht kennt." Und auch Katja Kraus, im Vorstand verantwortlich für den Bereich Kommunikation, machte deutlich: "Es ist wichtig, dass man kritisch miteinander umgeht, aber bitte intern."

Dass der Brasilianer durchaus ein Mensch ist, der sich über sein eigenes Spiel hinaus seine Gedanken macht, bewies der 35-Jährige bereits in der Diskussion über die Verletzungsmisere, als er dem Verein empfahl, im Winter zwei, drei neue Offensivkräfte zu verpflichten. In der Hierarchie der Mannschaft steht er ganz oben, was die Aussage seines 22-jährigen Kollegen Dennis Aogo unterstreicht: "Zé ist in der Position zu sagen, was er denkt."

Zwar relativierte der Mittelfeldspieler gestern seine Aussage, indem er betonte: "Ich wusste nicht, dass sich Labbadia mit dem Arzt und dem Spieler abgestimmt und es kein Signal von Jerome gegeben hatte. Es bleibt immer die Entscheidung des Spielers, der Trainer hat sich vollkommen korrekt verhalten." Und doch zeigt dieser Fall, wie schmal der Grat für Labbadia ist, mündige Spieler in seinem Team zu fordern und zu fördern, die bereit sind, auf dem Platz Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite darf aber nicht die Autorität des Trainers untergraben werden, wenn sich Profis trauen, mutige Aussagen zu treffen.

Labbadias Beharren, er würde genauso wieder entscheiden, erinnerte indes an frühere Verhaltensmuster. Schon in Darmstadt und Leverkusen wurde dem HSV-Coach eine gewisse Sturheit nachgesagt. Auch beim ersten Gegenwind bei Bayer habe er konsequent weiter seine Linie verfolgt, sich quasi beratungsresistent gezeigt, hieß es.

Frank Rost gehört ebenfalls zu denjenigen, die mutig ihre Ansichten vertreten, wie er zuletzt bei der geplatzten Sportchef-Wahl von Spielerberater Roman Grill bewies. "Ich bin nicht der Typ, der in der Öffentlichkeit andere beurteilt", sagte Rost. Aber: "Es muss erlaubt sein, eine Meinung zu haben." Die hat er auch in Bezug auf die erste Liga-Niederlage: "Wir sollten nicht den Fehler machen, nach Alibis zu suchen." Viel wichtiger ist es nach Rosts Ansicht, wieder die nötige Balance zwischen Offensivdrang und Defensivarbeit herzustellen. Welchen Part er vernachlässigt glaubt nach nur zwei von neun Punkten aus den letzten drei Spielen, muss hier nicht gesondert erwähnt werden.

Feinfühlig wie ein Seismograph reagiert Rost, wenn er glaubt, dass sich die Gedanken in die falsche Richtung entwickeln. Seine Frage "Wer sagt denn, dass wir eine Spitzenmannschaft sind?" verweist auf seine Grundthese, dass bei dauerhaftem Erfolg immer vor allem harte Arbeit als Fundament dient. Ganz sicher: Rost wäre auch ein guter Architekt geworden.

Nutzen Sie unseren HSV SMS Dienst und seien Sie immer auf dem Laufenden bei News und Ergebnissen rund um die Rothosen.