Der Trainer verteidigt seine Entscheidung, Boateng beim 2:3 gegen Gladbach auf dem Platz zu lassen, obwohl der nur noch humpelte.

Hamburg. Zumindest das Medien-Coaching bei Jerome Boateng gelang perfekt. Während der Verteidiger 80 Minuten nach Spielende immer noch auf die Bereitschaft seines Körpers wartete, die nötige Menge Flüssigkeit für die Dopingprobe herauszurücken, eilte Jörn Wolf durch die Mixed Zone in die Kabine der Ärzte. Der Pressechef nutzte ganz offensichtlich die Gelegenheit, um mit dem HSV-Profi dessen spätere Statements abzusprechen. Als dann Boateng um 18.49 Uhr schließlich mit dick bandagiertem rechten Sprunggelenk erschien, erklärte er ungefragt: "Nein, es ist nicht so, dass der Trainer schuld hat. Ich wollte für die Mannschaft auf die Zähne beißen. Aber das ist schiefgegangen."

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Nach dem 2:3 gegen Mönchengladbach hätte es viel Stoff für Diskussionen gegeben, wie das Rot-würdige Foul von Jarolim an Levels, das Schiedsrichter Aytekin ungeahndet gelassen hatte. Oder das klare Foul des Borussen Bradley im Strafraum gegen Pitroipa beim Stand von 2:1 (74.), das erstaunlicherweise nicht zu einem Strafstoß geführt hatte. Im Brennpunkt stand aber nur eine Frage: Hat Bruno Labbadia die erste Bundesliga-Niederlage in dieser Saison verschuldet, weil er den angeschlagenen Boateng nicht rechtzeitig auswechselte?

Wegen einer in der 59. Minute erlittenen Prellung quälte sich der Verteidiger nur noch über den Rasen und ließ sich von Mannschaftsarzt Dr. Nikolai Linewitsch sogar eine Schmerztablette (Voltaren) an den Spielfeldrand bringen. "Die hat allerdings überhaupt nicht geholfen, ich hatte, glaube ich, noch nie solche Schmerzen", sagte Boateng später.

Obwohl der 21-Jährige in der Folge kaum noch einen Zweikampf gewann und sich deutliche Fehlerquellen einschlichen wie ein verunglückter Rückpass auf Torwart Frank Rost, verließ sich Labbadia auf das Urteil von Spieler und Arzt. "Entscheidend ist doch, dass der Doc gesagt hat, dass es nur eine schmerzhafte Prellung war, und dass der Spieler signalisierte, er könne weiterspielen", wollte der HSV-Trainer keinen Fehler eingestehen. Und auch Boateng meinte: "Wen hätte der Trainer denn bringen sollen?" Zum Beispiel Tomas Rincon, der für den nach innen rückenden Guy Demel die rechte Abwehrseite hätte besetzen können, aber offenbar kein Vertrauen bei Labbadia genießt.



So blieb es reine Spekulation, ob ein gesunder Boateng den 2:2-Ausgleich von Dante nach einer Ecke hätte verhindern können - Fakt ist aber, dass der humpelnde Boateng zusammen mit Demel dazu nicht in der Lage war. Und auch die unsortierte Defensive vor dem 2:3 durch Friend kann nicht alleine an Boateng festgemacht werden. Wie sich Labbadias Team durch den gänzlich aus der Balance gebrachten Boateng verunsichern ließ, war jedoch bis unters Tribünendach spürbar.

Erst in der 84. Minute machte der Defensivmann Platz für Arslan. "Ein taktischer Wechsel, um in der Schlussphase alles nach vorne zu werfen", begründete Labbadia später. Zu spät jedenfalls für einige HSV-Spieler. "Im Nachhinein wäre es wohl besser gewesen, wenn er raus gegangen wäre", sagte Kapitän David Jarolim. Noch deutlicher wurde Zé Roberto: "Der Trainer hätte früher wechseln müssen, Jerome lief die ganze Zeit nur noch auf einem Bein."

Eine Ansicht, die Labbadia auch mit etwas Abstand nicht teilen wollte: Auf die Frage am Sonntag, ob er sich nach einer Nacht anders entschieden hätte, antwortete Labbadia unmissverständlich: "Nein!" Boateng habe ihm während des Spiels signalisiert, dass er nicht raus wolle. "Natürlich humpelte er, weil es schmerzhaft war. Aber er war zu keiner Zeit gefährdet, er konnte ja auch noch sprinten."


Immerhin: Nach ein, zwei Tagen Pflege und Schonung soll Boateng wieder ins Training einsteigen und auch im Europa-League-Spiel gegen Celtic Glasgow (Donnerstag, 19 Uhr) auflaufen können. Mit zwei Beinen.


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