Die Partie zwischen Bayer Leverkusen und Hamburg ist mehr als nur ein Spiel - es ist der große Vergleich zweier Systeme.

Hamburg. Es dauerte nicht einmal 24 Stunden, bis Hamburgs kurioser 3:1-Sieg gegen Hertha BSC auch offiziell abgehakt und der Blick nach vorne gerichtet wurde. Nach vorne, beziehungsweise nach oben. Schließlich steht nach der Länderspielpause das Gipfeltreffen zwischen Tabellenführer Leverkusen und Verfolger HSV (Sa., 17.10., 18.30 Uhr bei abendblatt.de im Live-Ticker) auf dem Programm. "Ich freue mich schon auf das Duell mit Bayer - das wird ein echtes Spitzenspiel", sagte Bruno Labbadia gestern Mittag. Und die Vorfreude des HSV-Trainers, der bis zum vergangenen Sommer in Leverkusen arbeitete, ist schon aus persönlichen Gesichtspunkten mehr als verständlich.



Es ist keine vier Monate her, da fuhr Labbadia täglich am Autobahnkreuz Leverkusen-West von der A59 ab, um an der BayArena das Bayer-Training zu leiten. Und mit Sicherheit wird Labbadias einjähriges Gastspiel beim Werksklub vor dem Spitzenspiel in den kommenden elf Tagen häufiger thematisiert werden, als es dem Neu-Hamburger lieb ist. Kurz zusammengefasst kann man festhalten, dass Labbadias Zeit in Leverkusen als großes Missverständnis in die Klubgeschichte eingehen wird, das gerade rechtzeitig beendet wurde - zur Freude Labbadias, Bayers und des HSV.


"Leverkusen baut seit drei Jahren eine neue Mannschaft auf - die aktuellen Erfolge sind die logische Folge, lobt Labbadia trotzt seines unschönen Abgangs den Ex-Klub. Und tatsächlich hat der Werksklub in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Entwicklung gemacht. Der von gegnerischen Fans mit Blick auf Hauptsponsor Bayer oft als "Pillenklub" verschmähte Verein hat längst sein Image als "graue Maus der Liga" abgelegt. "In Leverkusen hat man aus einer schweren Situation heraus unaufgeregt Strukturen geschaffen und einen Kader zusammengestellt, der Qualität und Perspektive besitzt", lobt auch HSV-Chef Bernd Hoffmann, der in Leverkusen geboren wurde und bis zur C-Jugend für Bayer spielte.


So wurde nach dem unfreiwilligen Abgang Reiner Calmunds als Bayer-Manager 2004 in Leverkusen so konsequent auf junge deutsche Talente wie nie zuvor gesetzt. Statt sich wie früher nur in Brasilien umzuschauen, intensivierte Bayers hochgelobte Scoutingabteilung aus Kostengründen die Talentsichtung vor der eigenen Haustür - mit Erfolg. So wurden die heutigen Nationalspieler René Adler, Gonzalo Castro, Simon Rolfes, Patrick Helmes und Stefan Kießling für insgesamt 7,25 Millionen Euro in den vergangenen Jahren verpflichtet. Zum Vergleich: Alleine Marcus Berg kostete den HSV vor dieser Saison 8,9 Millionen Euro. Der Lohn für Leverkusens Mut zum Umbruch: Kaum ein Team überzeugte die neutralen Fans in den vergangenen Jahren und auch in dieser Saison mit so erfrischendem Offensivfußball wie Bayer.


Anders als Leverkusen setzt der HSV auf seinem Weg in die Top Ten Europas (offizielle Zielsetzung Hoffmanns) in erster Linie auf Qualität, die ihren Preis hat. So wurden allein in den vergangenen vier Jahren mehr als 110 Millionen Euro für Neuzugänge ausgegeben. Talente bekamen beim "Dino der Bundesliga" dagegen nur selten eine Chance eingeräumt - zu groß war die Sorge vor den schnell kritischen Fans und Medien. Und auch in dieser Saison kaufte der HSV in der Hoffnung auf die Renaissance der "guten alten Zeiten" im großen Stil ein. Knapp 30 Millionen Euro wurden für Stars wie Zé Roberto ausgegeben. Und so unterschiedlich die Wege des HSV und Bayers auch sein mögen, so sehr verbindet den Werksklub und den Traditionsverein ein Wunsch: Endlich mal wieder einen Titel holen. Leverkusen gewann zuletzt 1988 den Uefa-Cup, der HSV ein Jahr zuvor den DFB-Pokal. Der Sieger des Gipfeltreffens darf hoffen, dass die titellose Zeit noch in dieser Saison beendet sein wird. Allein das dürfte doch Grund genug sein, sich auf das Spiel Erster gegen Zweiten zu freuen.

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