Lieber Charly,

Du bist morgen 70 Jahre alt, aber für mich wirst Du immer ein junger Mann bleiben. Weil ein guter Clown ohnehin nie altert, und Du bist nicht nur ein guter Clown, Du bist ein ganz großer. Und Du bist ein Held meiner Jugend. Wie alle Deine Mitspieler der HSV-Meistermannschaft von 1960. Du bist nie Gert Dörfel für mich gewesen, Du bist der Charly. Dank Deiner genialen Fußballkünste habe ich gelernt, auch das linke Bein zum Fußballspielen zu benutzen. Ich wollte einmal so flanken können wie Charly Dörfel. Dafür habe ich geübt und geübt und geübt, doch so richtig gekonnt habe ich es nie. Aber Dir konnte ohnehin niemand das Wasser reichen. Für mich warst Du der beste Linksaußen der Welt.

Du hast, wie Du es selbst immer salopp formulierst, "Uwe Seeler das Ding vor die Birne geschossen" - und Tor. Du warst als Flankengott flink, dynamisch, torgefährlich, emotional, schlitzohrig, witzig - überragend. Du warst ein Straßenfußballer vor dem Herrn, und Du warst der Fußball-Clown. Du warst unberechenbar, schräg, schrill, Du warst ein Temperamentsbolzen, eine Stimmungskanone, um von einer Sekunde zur anderen umzuschalten und das Sensibelchen zu geben. Dann warst Du feinfühlig, verletzbar, mimosenhaft, eingeschnappt und schweigsam. Wie eine Schnecke: Kopf einziehen und weg.

Du warst in Hamburg neben Uwe Seeler der zweite Hauptdarsteller, aber Du hast Dich viel zu früh aus dieser Rolle herausgestohlen. Weil Du Dich stets ungerecht (vom HSV) behandelt gefühlt hast. Ein Zustand, der andauert. Auf diese Art hast Du, so denke ich, über Jahre viele schöne Momente verschenkt.

Du bist sicher kein ganz so einfacher Mensch. Du bist extrovertiert und zugleich introvertiert. Ich aber kann sagen, dass ich Dich vor Jahrzehnten als ehrliche Haut kennengelernt habe, als einen Menschen, der mit Humor durchs Leben geht, der aber auch humorvoll durch sein Leben begleitet und geführt werden kann. Wer Dich zu nehmen versteht, der kommt mit Dir klar, dann bist Du der beste Kumpel. Du bist für mich ein Super-Kumpel.

Deine Eskapaden, Deine Affentänze, Deine Auftritte, Deine Ausrisse, hast Du mir einst gestanden, waren meistens nur Fassade, um gewisse Schwächen zu überdecken. Dieses Eingeständnis hat Dich nur noch sympathischer gemacht. Du hast gesagt, dass Spieler wie Horst Schnoor, Jochen Meinke, Gerd Krug, Willi Giesemann und natürlich Uwe Seeler Deine Vorbilder sind. Und dass sie Männer sind, zu denen Du noch heute aufschaust. Aber hast Du es ihnen einmal erzählt?

Du hättest es wohl auf 80 Länderspiele gebracht, so sagst Du, wenn Du seriöser, diplomatischer und disziplinierter gewesen wärst. Aber wärst Du dann noch derselbe Charly Dörfel gewesen?

Ich verehre Dich so, wie Du bist. Und ich wünsche Dir und Deiner Frau Lidia noch viele, viele glückliche und gesunde Jahre. Auch mit dem Fußball, auch mit dem HSV - Deinem HSV.

Herzliche Glückwünsche, Du alter und ewig junger Clown, Dein Dieter Matz.