Nach seiner schweren Knieverletzung ist Abwehr-Hüne Alex Silva auf dem Weg der Besserung. Sein Ziel: Die Teilnahme an der WM in Südafrika.

Hamburg. Alex Silva geht. Er läuft nicht, er rennt nicht, aber er humpelt auch nicht. Erwähnenswert ist das, weil es keine acht Wochen her ist, seit sich der 24-Jährige einer komplizierten Operation am rechten Knie unterziehen lassen musste. In einem unbedeutenden Testspiel gegen Wacker Innsbruck sind die Patellasehne, der Meniskus und die Innenbänder beschädigt worden, das vordere Kreuzband riss - nach 2007 bereits zum zweiten Mal. "Die Diagnose war ein Schock. Ich war traurig und wütend zugleich", erinnert sich der Brasilianer, "dabei lief es gerade ganz gut für mich."

Laufen kann der brasilianische Nationalspieler zwar noch nicht, aber immerhin schmerzfrei gehen: "Ich merke, wie es jeden Tag besser wird." Silva, der wie ein südamerikanischer Kojak ohne Lolli aussieht, lächelt. Die Zeiten der bösen Gedanken sind vorbei, jetzt wolle er nach vorne schauen. Vier Stunden täglich trainiert der 1,93-Meter-Hüne für sein Comeback, das er lieber heute als morgen feiern möchte. Während Trainer Bruno Labbadia keinen Druck machen will, davon spricht, dass Silva alle Zeit der Welt hätte, sagt Silva, dass er noch in der Hinrunde zurück aufs Spielfeld will. "Mein Ziel ist es, bei der WM 2010 dabei zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werde ich alles geben."

Ob er denn in der Nacht zum Sonntag das Spiel der Seleção gegen Argentinien (2.30 Uhr/live auf Sky) im Fernsehen verfolgen wird? Was für eine Frage! Wenn Brasilien auf die Gauchos trifft, ist das kein Spiel, sondern eine nationale Angelegenheit. Und immerhin wird auch sein Bruder Luisão dabei sein. "Er hält mich auf dem Laufenden, richtet mir Grüße von den anderen Spielern aus", sagt Silva, der trotz seiner Verletzung als einer von 35 Profis von Nationalcoach Carlos Dunga in den vorläufigen WM-Kader Brasiliens nominiert wurde.

Wenn es nach Silva geht, dürfte neben Dunga auch Labbadia schon bald wieder mit dem Sambastar rechnen. "Der Trainerwechsel war sehr positiv für mich. Labbadia gibt mir das Gefühl, gebraucht zu werden, er erkundigt sich nach mir", sagt Silva, der mit Vorgänger Martin Jol nicht das beste Verhältnis gehabt haben soll. "Alex hält sich an alle Absprachen, er ist auf einem sehr guten Weg", lobt Labbadia, der schnell verstanden hat, dass der sensible Südamerikaner mehr als nur ein paar Anweisungen auf dem Trainingsplatz braucht. Deswegen kümmert sich auch Dolmetscher Dennis Pauschinger noch immer um den Abwehrmann, der ursprünglich nur für sechs Monate "gepampert" werden sollte.

Das Windelnwechseln wird Silva in wenigen Wochen selbst erledigen müssen. Ehefrau Kellen ist schwanger, im November soll Miguel in Brasilien geboren werden. Für seinen Sohn und seine Frau trägt er bereits eine Kette mit einem Anhänger. KMA steht darauf - K ellen, M iguel und A lex. "Die baldige Geburt löst einiges in mir aus. In Kürze wird jemand da sein, der auf mich zählen muss", sagt Silva, der von Labbadia die Erlaubnis erhielt, zur Geburt in die die Heimat zu reisen: "Bis dahin soll er an seiner Gesundheit ackern. Für ihn ist die Geburt eine Art Etappenziel."

Über das Endziel muss Labbadia mit dem werdenden Papa nicht sprechen. Silva sitzt auf der Auswechselbank am Spielfeldrand der Nordbank-Arena, zeigt auf die leeren Ränge, das Spielfeld und sagt: "Hier will ich so schnell wie möglich wieder spielen." Noch sagt er den Satz auf Portugiesisch: " Quero jogar em breve ." Aber auch das soll sich schon bald ändern. Er verstehe Deutsch immer besser, tut sich nur schwer, die komplizierte Sprache auch zu sprechen. Jetzt müsse er aber los, zum Unterwassertraining in der Rehapraxis. " Adeus " - "auf Wiedersehen", sagt Silva - und geht.