Seit vier Jahren beschäftigt sich der linke Außenverteidiger mit Vermarktungsideen und -konzepten, seit zweieinhalb Jahren hat er seine eigene GmbH. Derzeit richtet sich der 23-jährige Fußballer in Blankenese ein eigenes Büro mit zwei Mitarbeitern ein.

Abendblatt:

Herr Jansen, fühlen Sie sich als Fußballprofi unterbeschäftigt?

Marcell Jansen:

Ganz im Gegenteil. In einer normalen Bundesligasaison ist man als Fußballer mehr als 340 Tage im Jahr im Einsatz. Diesen Sommer hatte ich das erste Mal seit fünf Jahren vier Wochen Urlaub.

Abendblatt:

Trotzdem haben Sie offenbar so viel Zeit, dass Sie neben Ihrem Job beim HSV eine eigene Firma gegründet haben, wie Sie im Abendblatt-Sonderheft "Fußball in Hamburg" verrieten.

Jansen:

Na ja, man ist ja als Fußballer nicht den ganzen Tag auf dem Rasen, und schließlich sollte man ab und zu auch seinem Kopf ein wenig Abwechslung gönnen. Vor vier Jahren habe ich angefangen, mich für Marketing zu interessieren, und jetzt wird aus dem Spaß immer mehr Ernst.

Abendblatt:

Streben Sie eine Karriere nach der Karriere an?

Jansen:

Ich bin ja noch sehr jung und will noch möglichst viele Jahre spielen. Aber mein Wunsch ist ganz klar, dass ich nach meiner Karriere als Fußballer im Bereich Marketing arbeiten will. Es wäre toll, wenn das mit meiner eigenen Firma klappen sollte. Unser Ziel ist es, langsam und stetig zu wachsen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Abendblatt:

Was genauen machen Sie mit Ihrer Firma?

Jansen:

Vor zweieinhalb Jahren habe ich meine Firma als GmbH angemeldet und kümmere mich derzeit vorrangig um Vermarktung, Networking und den Bereich Lifestyle. Wir betreuen eine ganze Reihe von Projekten.

Abendblatt:

Gibt es ein Büro?

Jansen:

Ich bin gerade dabei, mir ein kleines Büro in meiner Wohnung in Blankenese einzurichten. Neben mir gibt es zwei feste Mitarbeiter. Besonders wichtig war mir, dass sich nicht irgendeine Agentur um alles, was meinen Namen betrifft, kümmert.

Abendblatt:

Heißt das, dass Ihre Firma in erster Linie den Namen Marcell Jansen vermarktet?

Jansen:

Überhaupt nicht. Wir betreuen auch Kunden, denen wir ein Marketingkonzept erstellen, das überhaupt nichts mit Fußball zu tun hat. Meine Firma betreut auch meine Werbeverträge, macht aber darüber hinaus viele Projekte, die gar nichts mit dem Namen Marcell Jansen zu tun haben.

Abendblatt:

Nach welchen Gesichtspunkten suchen Sie sich Werbepartner aus?

Jansen:

Die Marke muss zu mir passen. Ich komme aus einer ganz normalen Familie, habe früher mit meinen Eltern, die beide auch noch arbeiten, in einer 80-Quadratmeter-Mietwohnung gewohnt. Zu mir würden keine Luxusartikel passen.

Abendblatt:

Was fasziniert Sie so sehr am Marketing?

Jansen:

Als ich angefangen habe, mich damit zu beschäftigen, war mir schnell klar, dass mir der ganze Bereich Spaß macht. Wäre ich kein Fußballer geworden, hätte ich versucht, in einer Marketingfirma anzufangen. Man muss flexibel, variabel und offen für Neues sein. Besonders durch das Internet gibt es ganz andere Möglichkeiten, die vor Jahren noch keiner kannte. Der Arbeitszweig entwickelt sich täglich weiter, das finde ich spannend.

Abendblatt:

Viele Fußballromantiker klagen darüber, dass Marketing, Merchandising und Sponsoring gegenüber dem Geschehen auf dem Rasen immer wichtiger werden. Was ist Ihre Meinung?

Jansen:

Wir reden hier über zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich interessiere mich für Marketing generell, Ihre Frage bezieht sich auf das persönliche Vermarkten von Fußballern. Aber auch das finde ich im Gegensatz zu einigen Fußballromantikern überhaupt nicht schlimm. Wichtig ist doch nur, dass man authentisch bleibt.

Abendblatt:

Cristiano Ronaldos 94-Millionen-Euro-Wechsel zu Real Madrid soll durch Merchandising refinanziert werden. Wie kann er dabei authentisch bleiben?

Jansen:

Offenbar klappt es, sonst würden doch nicht so viele Leute sein Trikot kaufen. Der Erfolg spricht für sich.

Abendblatt:

Der Erfolg ist gekauft.

Jansen:

Und wenn schon. Ich verstehe nicht ganz, wie man sich auf der einen Seite darüber beschweren kann, auf der anderen Seite aber alle mitmachen. Das ganze Gerede über zu hohe Ablösesummen finde ich geheuchelt. In der Wirtschaft sprechen wir doch über ganz andere Summen.

Abendblatt:

Wird in Deutschland zu viel über Geld gesprochen?

Jansen:

Ich spreche jedenfalls nur ungern darüber. Ich habe mir keine Gedanken gemacht, als ich noch mit meinen Eltern in einer Wohnung zusammenlebte, und ich mache mir auch heute keine Gedanken darüber, wo ich ein gutes Gehalt als Fußballprofi verdiene. Wir kennen doch häufig gar nicht die Umstände von bestimmten Beträgen. Geld hat einen viel zu hohen Stellenwert. Ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass mich mein Fußballergehalt in irgendeiner Art und Weise als Mensch verändert hat.

Abendblatt:

Trotzdem dürfte die Marke Marcell Jansen sehr viel mehr Geld wert sein, weil Sie erfolgreich Fußball spielen.

Jansen:

Klar, sonst hätten mit Bayern und dem HSV auch nicht zwei Vereine in Deutschland eine hohe Millionensumme in mich investiert. Aber ich habe mir alles selbst erarbeitet - den Erfolg auf dem Fußballplatz und jetzt auch meine Firma. Die Hauptsache ist doch, dass es Spaß macht.