Ex-HSV-Trainer Martin Jol wurde gestern von seinem neuen Arbeitgeber Ajax Amsterdam präsentiert. In Hamburg geht der Poker um die Nachfolge unterdessen weiter.

Hamburg. Für Martin Jol war gestern ein Glückstag. Bestens gelaunt präsentierte sich der ehemalige HSV-Trainer an seiner neuen Wirkungsstätte als Trainer von Ajax Amsterdam. Beim Vorstand des HSV war dagegen auch gestern hektische Betriebsamkeit angesagt. Unter Hochdruck fahndet die Klubführung nach einem neuen Trainer - am Pfingstmontag oder am Dienstag, so der Plan, soll die Entscheidung verkündet werden.

Als Favorit gilt wie berichtet weiter Bruno Labbadia, Trainer von Bayer 04 Leverkusen. Auf der Kandidatenliste des HSV steht indes auch Thomas Schaaf, Trainer des Erzrivalen Werder Bremen. Schaaf genießt durch seine Erfolge und seine Art der Mannschaftsführung hohes Ansehen.

Werder-Manager Klaus Allofs schloss eine Freigabe des Trainers aus dem bis 2010 laufenden Vertrag kategorisch aus: "Thomas wird auch in der kommenden Saison unser Trainer sein." Beim HSV ist man ohnehin skeptisch, ob Schaaf wirklich das beschauliche Bremen gegen die Medienstadt Hamburg eintauschen will. Zumal die Entscheidung für einen Trainer aus Bremen bei den HSV-Fans auf wenig Gegenliebe stoßen würde. Dennoch werden Schaaf weiter - wenn auch sehr geringe - Chancen eingeräumt.

Kurioserweise treffen beide Wunschkandidaten am Sonnabend im DFB-Pokalfinale aufeinander. Der Spielausgang wird indes kaum Auswirkungen auf die Entscheidung des HSV haben. Rund um das Bayer-Werk gilt es als offenes Geheimnis, dass der 43-jährige Trainer am Sonntag, spätestens aber am Montag nach dem Endspiel von seinen Aufgaben beim Tabellenneunten entbunden wird.

Dabei galt Labbadia in Leverkusen zunächst als Erfolgsmacher. Die Liga schwärmte vom schwungvollen Fußball Marke Bayer. Am zwölften und 13. Spieltag rangierte Bayer sogar auf Platz eins.

Im Winter kam es zum Bruch mit der Mannschaft. Die Hauptvorwürfe: Labbadia sei beratungsresistent, ziehe stur seine Linie durch und trainiere viel zu hart. Selbst der 4:2-Sieg im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Bayern München konnte die Risse nicht mehr kitten. Interner Tenor in der Bayer-Führung: "Da haben wir nicht wegen Labbadia gewonnen, sondern trotz Labbadia."

Daher wird Leverkusen dem Trainer trotz eines noch laufenden Vertrages keine Steine in den Weg legen. Kurioserweise gilt gerade diese Entschlossenheit als Labbadias größter Pluspunkt im Kampf um den vakanten Trainerjob beim HSV. Labbadia, so heißt es intern, sei jemand, der total auf das große Ziel, den Erfolg, fokussiert sei. Ein trainingsbesessener Arbeiter, der alles für den Verein gebe, taktische Abläufe immer wieder probe und extrem auf Disziplin achte. Eigenschaften, die der HSV zuletzt bei Martin Jol vermisste. Mehrere Führungsspieler klagten, dass Jol es mit taktischen Anweisungen nicht so genau nehme, seine Mannschaftsbesprechungen seien inhaltsleer.

Beerbt also ein Trainer aus der jüngeren Generation Jol? Auf jeden Fall bleibt das Rennen spannend. Der Vorstand will in den nächsten Tagen noch mit einem weiteren Kandidaten verhandeln.