Der 43 Jahre alte “Wunschtrainer“ ist der fünfte Coach in Hamburg seit 2003 und soll nun für Kontinuität sorgen.

Hamburg

Es war wie die Rückkehr eines alten Freundes. Als Bruno Labbadia die Tribüne des Edmund-Plambeck-Stadions in Norderstedt erklomm, um den HSV-Nachwuchs beim entscheidenden Spiel gegen den VfL Wolfsburg II um den Klassenerhalt in der Regionalliga zu inspizieren (2:1), musste er viele Hände schütteln. Die meisten Fans kennen ihn noch aus Spielerzeiten: Zwischen 1987 und dem Winter 1988 erzielte er in 41 Bundesligaspielen für den HSV elf Tore.

Neben Labbadia saßen Chef-Scout Michael Schröder sowie sein Co-Trainer Eddy Sözer, der sich während der Partie fleißig Notizen machte. Torun, Schahin, Hesl, Schulz - das sind die Namen, die Labbadia dabei schon auf dem Zettel hatte.

Dass den 43-Jährigen seine erste Dienstreise am ersten offiziellen Arbeitstag gleich zu den Talenten führte, soll kein Zufall gewesen sein: "Ich will die Jugend nicht nur fördern, sondern auch fordern, wir brauchen eine Durchlässigkeit zu den Profis."

Bereits am Morgen, als er um die Alster joggte, stieg in Labbadia die Vorfreude auf die kommende Aufgabe hoch: "Man merkt sofort, welchen Stellenwert der HSV in der schönsten Stadt Deutschlands hat. Ich habe viele positive Reaktionen erlebt." Hamburg rückte aus anderen Gründen schon früher in seinen Fokus, da Tochter Jessica (21) seit einigen Monaten an der Akademie für Mode und Design studiert. Wenn Labbadia ein Haus gefunden hat, wird die Familie mit Ehefrau Sylvia und Sohn Luca (10) vereint sein.

Bevor sich der Trainer am Mittag der Öffentlichkeit präsentierte, stellte sich Labbadia eine Stunde beim Aufsichtsrat vor. "Es war eine lockere Atmosphäre, er hat unsere Fragen ganz offen beantwortet", sagte Chefkontrolleur Horst Becker.

Labbadia ist der fünfte neue Trainer, den Klubchef Bernd Hoffmann und Sportchef Dietmar Beiersdorfer seit 2003 präsentierten. Nach dem Wunsch der Vereinsführung soll er für mindestens drei Jahre der letzte sein und mit seiner ehrgeizig-akribischen Arbeitsweise für Identifikation sorgen. "Er hat unsere volle Rückendeckung, um diese Hamburger Mehltaustimmung ein wenig zu knacken", kündigte Hoffmann an, den vor allem Labbadias Vokabel "Leistungsbereitschaft" überzeugt habe: "Diese Gier nach Erfolg, die Leidenschaft, über das normale Maß hinauszugehen, muss vom Cheftrainer vorgelebt werden."

Die Verweildauer von Bundesligatrainern betrage 13,7 Monate, so Hoffmann: "Es gibt es nur drei Ausnahmen, die heißen Schaaf, Schaaf und nochmals Schaaf. Der HSV liegt nicht oberhalb dieser Marke, das wollen wir ändern."

Natürlich lautet auch mit Labbadia das Klubziel, wieder einen internationalen Startplatz zu erreichen, doch Hoffmann betonte, dass ihm genauso wichtig sei, "Entwicklungsschritte zu sehen". Nach welchen Grundwerten der neue HSV-Trainer arbeiten will, machte er sogleich deutlich: "Respekt und Disziplin sind Dinge, die man als Trainer vorleben muss." Und: "Fußball soll Freude machen, es soll Spaß machen, zuzuschauen, wir wollen aggressiven, offensiven Fußball zeigen. Daran will ich mich messen lassen."

In den kommenden Tagen wird Labbadia noch in Hamburg bleiben, um mit Sportchef Dietmar Beiersdorfer die Planungen für den Kader voranzutreiben, er will die nur 27-tägige Vorbereitung durchsprechen, da bereits am 30. Juli das erste Qualifikationsspiel für die Europa League ansteht. Der Urlaub mit der Familie wird kürzer ausfallen als geplant.

Um mit seinen künftigen Spielern schon in Kontakt zu treten, fehlte noch die Zeit, dies will Labbadia, der einen Vertrag bis 2012 ohne Ausstiegsklausel unterschrieb, wie er betonte, jetzt nachholen. "Die Achse des Teams mit Spielern wie Rost, Mathijsen, Jarolim, Trochowski, Guerrero und Petric steht." Ins Detail, mit wem er plant, ging er nicht: "Das sollen erst die Spieler erfahren."