Während Underdog Dänemark gelassen bleibt, steht die Niederlande unter Siegzwang. “Sonst haben wir gleich ein Problem“, sagt van der Vaart.

Krakau/Charkow. Die Entschlossenheit steht Bert van Marwijk ins Gesicht geschrieben. Seit Wochen predigt er den niederländischen Nationalspielern nur einen Gedanken: „Der EM-Auftakt gegen Dänemark ist das wichtigste Spiel des gesamten Turniers. Wir wollen einen guten Start hinlegen.“ Am Sonnabend (18.00 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) in Charkow soll die Forderung des Bondscoaches mit Leben gefüllt werden. Ein Sieg ist für den Vizeweltmeister Pflicht. „Sonst haben wir gleich ein Problem“, sagt Mittelfeldstar Rafael van der Vaart.

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In der Tat erlaubt die Vorrundengruppe B keine Schwäche. Nicht von den Niederlanden. Nicht von Deutschland und Portugal, die sich am Sonnabend (20.45 Uhr) in Lwiw gegenüberstehen. „Die Gruppe ist sehr ausgeglichen, wer das erste Spiel nicht gewinnt, kommt schnell in Schwierigkeiten“, sagt das niederländische Fußball-Idol Johan Cruyff. Es wird also gehofft, gebangt, gezittert. Von Berlin über Amsterdam bis Lissabon. Nur bei Außenseiter Dänemark verfolgt man das alles eher entspannt.

„Die anderen müssen gewinnen, wir wollen gewinnen“, sagt Trainer Morten Olsen vor dem Auftaktspiel. Immer wieder, in verschiedenen Sprachen und ohne Unterlass. Seine junge Mannschaft will die Großen ärgern – und damit am Sonnabend gegen die Niederlande beginnen. Vor zwei Jahren in Südafrika lautete Olsens Plan allerdings schon ganz ähnlich. 0:2 unterlag man Oranje damals zum WM-Auftakt. „Jetzt haben wir aber eine ganz andere Situation. Meine Mannschaft hat sehr viel Perspektive“, meint Olsen: „Holland ist der große Favorit. Aber wir werden uns nicht schon vor dem Spiel geschlagen geben.“

Ex-Hamburger Joris Mathijsen droht bereits das EM-Aus

Der erfahrene Coach weiß, dass er mit der Offensive der Niederländer eigentlich nicht mithalten kann. Da wo beim Gegner Arjen Robben, Wesley Sneijder und Robin van Persie zaubern, haben die Dänen nicht annähernd so viel zu bieten. Top-Talent Christian Eriksen soll das Spiel lenken, Niklas Bendtner die Tore schießen. Vor allem setzt der Underdog aber auf Leidenschaft, Einsatzwillen und Laufbereitschaft. Wohl aber auch auf die Anfälligkeit der holländischen Hintermannschaft.

Oranjes Viererkette kann qualitativ nicht annähernd mit der eigenen Offensive mithalten. Zumal Abwehrchef Joris Mathijsen mit einer Oberschenkelverletzung ausfällt und auf der linken Außenbahn wohl der fast gänzlich unerfahrene Jetro Willems die Löcher stopfen soll. Mit einem Einsatz am Sonnabend könnte der Außenverteidiger der jüngste EM-Spieler aller Zeiten werden. 18 Jahren und 71 Tagen – da ist man in der Regel unbekümmert oder dem Druck noch nicht gewachsen. Van Marwijk, der gegen Dänemark zum 50. Mal auf der niederländischen Trainerbank sitzen wird, hofft auf Ersteres.

„Wenn man als Mannschaft zusammenhält, ist man fast unbesiegbar“, sagt Kapitän Mark van Bommel, der seine internationale Karriere im Falle des Titelgewinns wohl beenden wird. Nur zu gern würden ihn seine Kollegen auf diese Art und Weise aus der Elftal verabschieden. Dem großen Coup soll in den kommenden Wochen alles untergeordnet werden. „Wir müssen unsere Egos beiseiteschieben. Wenn man Europameister werden will, braucht man mehr als elf Spieler“, sagt Dirk Kuyt.

So wird der 31 Jahre alte Offensivallrounder am Sonnabend ohne zu murren auf der Ersatzbank Platz nehmen. Neben Ausnahmekönnern wie Klaas-Jan Huntelaar oder van der Vaart. Auch der frühere Hamburger Bundesligaprofi muss auf seine Chance im weiteren Verlauf des Turniers warten. Vielleicht bekommt er sie schon am 13. Juli gegen Deutschland. Auch das Spiel gegen den Erzrivalen soll für Oranje nur eine Zwischenstation werden. „Die EM ist für uns dann ein Erfolg, wenn wir sie gewinnen“, sagt van der Vaart. (dapd/HA)