Bundestrainer Löw erhofft sich von der Generalprobe gegen Israel “einen Schub“ für die EM. Für Draxler & Co. gibt es aufmunternde Worte.

Tourrettes. Joachim Löw kann bei der EM-Generalprobe gegen Israel wohl noch nicht seine Wunschformation für das Turnier in Polen und der Ukraine aufbieten. Der Bundestrainer muss am Donnerstag (20.30 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) in Leipzig voraussichtlich ohne den angeschlagenen Bastian Schweinsteiger antreten, außerdem wolle er den letzten Test noch einmal für einige personelle Experimente nutzen.

Bei Schweinsteiger will Löw jedes „Risiko minimieren“. Der Mittelfeldchef vom FC Bayern München trainiert deswegen auch in Südfrankreich weiterhin nur individuell. „Er hat einen Bluterguss in der Wade, mit dem er im Champions-League-Finale 115 Minuten gespielt hat. Das macht die Sache schwieriger als gedacht“, berichtete Löw. „Wenn von ärztlicher Seite ein Einwand vorhanden ist, werde ich einen Teufel tun und einen Spieler angeschlagen in ein Spiel schicken.“

Löw kündigte zudem an, dass Kapitän Philipp Lahm gegen Israel auf der linken Seite verteidigen wird. Eine Entscheidung für das Turnier sei damit aber noch nicht getroffen. Rechts soll in Leipzig Lahms Bayern-Kollege Jérome Boateng spielen. In der Innenverteidigung plant Löw voraussichtlich mit dem Duo Mats Hummels und Holger Badstuber.

Nach der 3:5-Niederlage in der Schweiz bezeichnete der Bundestrainer ein Erfolgserlebnis beim letzten Test vor der Europameisterschaft als „wünschenswert“. Ein überzeugender Sieg würde der Mannschaft „einen Schub geben“ für den Endspurt der Vorbereitung.

+++ Löw und die DFB-Elf: Alles eine Sache der Vorbereitung +++

Ausgerichtet sei die Trainingsarbeit aber weiterhin ganz auf den 9. Juni. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal müsse man „voll im Saft stehen“. Trotz der aufgedeckten Schwachstellen gegen die Schweiz bleibt Löw für die EM-Mission zuversichtlich: „Wir werden stabiler sein, wenn das Turnier beginnt, wacher, dynamischer.“

An der offensiv ausgerichteten Spielweise der Nationalmannschaft will Löw konsequent festhalten. „Im Mittelfeld baue ich auf drei spielstarke zentrale Spieler. Wir werden nicht davon weggehen, weil wir einmal fünf Gegentore bekommen haben“, sagte der Chefcoach.

Im Test gegen Israel werden definitiv die aussortierten Marc-Andre ter Stegen, Cacau, Julian Draxler und Sven Bender fehlen. „Die Gespräche mit ihnen waren sehr emotional. Die Spieler waren in diesem Moment unglaublich enttäuscht und niedergeschlagen“, beschrieb Löw die Unterredungen mit den Ausgemusterten am Montag.

Die Aussortierten dürfen sich laut Löw aber Hoffnungen darauf machen, nach der Endrunde wieder eine Rolle in der deutschen Auswahl zu spielen. „Sie haben die Tür zur Nationalmannschaft aufgestoßen, sie gehören weiter zum Kreis. Sie sind im August vielleicht schon wieder dabei“, äußerte der Bundestrainer. Alle vier Profis sollen sich zudem im Fall von verletzungsbedingten Ausfällen weiter bereithalten.

Wie Löw bauen auch die Ausgemusterten auf die Zukunft. „Ich hoffe, dass ich bald wieder eine Chance bekommen werde“, sagte ter Stegen. Ähnlich äußerte sich Bender. Draxler sieht bereits die Teilnahme an der Vorbereitung als Gewinn an. „Die Einladung war für mich schon ein Riesenerfolg“, sagte der Schalker: „Ich werde neu angreifen.“ Anders sieht es bei Cacau aus. Die Streichung ist für den 31-Jährigen der Anfang vom Ende seiner Karriere in der Nationalelf - auch wenn der Stuttgarter das noch nicht wahrhaben will: „Ich fühle mich weiterhin als Teil der Mannschaft.“

Die Ausmusterung der vier Profis überlagert im deutschen Lager derzeit sogar die Diskussion um die schwierige Integration der acht Spieler von Rekordmeister Bayern München. Die mentale Verfassung von Kapitän Philipp Lahm, Mario Gomez, Jerome Boateng, Thomas, Müller, Manuel Neuer, Holger Badstuber, Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger nach der bitteren Niederlage im Finale der Champions League gegen den FC Chelsea wirft nach wie vor Fragen auf.

Während die meisten Münchner den Frust nach eigener Aussage verdaut haben, sieht es bei Schweinsteiger vor allem wegen seines verschossenen Elfmeters nach wie vor anders aus. „Du versuchst zwar, den Kopf frei zu kriegen, aber du denkst trotzdem immer an dieses Spiel“, sagte der Mittelfeldstratege, der nach einer langen Verletzungspause seiner Topform weiter hinterher läuft, der Bild-Zeitung: „Es ist nicht leicht, aber wenn man sich neue Aufgaben sucht, geht es einfacher. Die EM ist ein Neuanfang.“

+++ Die EM-Gruppen-Gegner Deutschlands +++

Diesen Neuanfang hat Torhüter Neuer („Wir bauen den Bastian schon wieder auf“) bereits verinnerlicht. „Wir haben eine Jetzt-erst-recht-Stimmung und wollen den Erfolg“, sagte der Keeper dem kicker. Selbst die haarsträubenden Fehler in der Defensive bei der Partie ohne die Bayern-Profis in der Schweiz (3:5) bereiten Neuer keine Sorgen: „Wir haben in der Qualifikation wenige Tore zugelassen. Es passt bei uns in der Abwehr.“

Auch Lahm zeigte sich trotz der kurzen Vorbereitung für die Münchner, die erst am Samstagabend zum Nationaltem gestoßen waren, zuversichtlich. Der Außenverteidiger verwies auf das Jahr 2010, als die Bayern-Spieler auch erst nach dem verlorenen Finale in der Köngisklasse zur deutschen Auswahl gestoßen waren. „Da haben wir es auch geschafft“, äußerte Lahm: „Wir kriegen das hin.“

Davon ist auch Löw überzeugt. „Das Finale der Champions League interessiert mich nicht mehr. Die Bayern sind gut drauf. Vielleicht brauchen sie noch ein bisschen Zuspruch für den Kopf, dann werden vor allem Lahm und Schweinsteiger ihre Rolle als Führungsspieler wieder übernehmen“, sagte der Coach, der über einen Schweinsteiger-Einsatz gegen Israel kurzfristig entscheiden will. (dpa/sid/abendblatt.de)

Die voraussichtliche Aufstellung:

Neuer – Boateng, Hummels, Badstuber, Lahm – Khedira, Kroos - Müller, Özil, Podolski – Gomez