Torhüter Tomislav Piplica wird von den Cottbusser Fans gleichermaßen geliebt und gehasst. Sport1.de stellt den “schrägen Vogel“ vor.

München - Als er zwölf Jahre alt war, spielte Tomislav Piplica am liebsten im Feld. Anfang der 80er Jahre agierte er für den serbischen Klub Iskra Bugojno im defensiven Mittelfeld.

Erst ein Jahr später entdeckte der heute 37-Jährige sein Faible für den Job des Torhüters. Es gibt nicht wenige, die meinen: Wäre er doch lieber im Feld geblieben.

Seit Piplica 1998 als letzte Instanz im Defensivverbund von Energie Cottbus spielt, hat er durchaus mehr Tore verhindert als zugelassen.

Doch kaum ein Keeper vereint Genie und Wahnsinn, die ureigensten Eigenschaften von Torhütern, so "gekonnt" wie Piplica.

Bizarres Eigentor gegen Mönchengladbach

Seine Reaktionsfähigkeit auf der Linie ist exzellent. Sein Talent für waghalsige Ausflüge und bizarre Gegentore allerdings auch.

Im April 2002 führte Cottbus gegen Mönchengladbach fünf Minuten vor Schluss mit 3:2, als ein abgefälschter Schuss des Gladbachers Ivo Ulich in hohem Bogen auf das Cottbuser Tor zusegelte.

Piplica ließ den in Zeitlupe auf ihn zukommenden Ball ohne Reaktion auf seinen Kopf prallen, von wo er ins Netz kullerte.

Fernsehpreis für Piplica

Für dieses Eigentor bekam Piplica in der Fernsehsendung "TV Total" von Stefan Raab den "Raab der Woche", den er - Respekt! - persönlich in Empfang nahm.

Piplica wartete mit weiteren Besonderheiten auf. In der Saison 2004/05 hatte er als einziger Spieler zwei Autogrammkarten - mit verschiedenen Frisuren.

Neun Länderspiele für Bosnien

Da sein Vater Kroate war, hätte Piplica für die kroatische Nationalmannschaft spielen können. Er schlug allerdings das Angebot aus, weil er sich dafür die Haare hätte schneiden müssen.

Später absolvierte er für Bosnien neun Länderspiele.

"Ich bin ein bisschen verrückt"

Piplica avancierte mit seiner schrägen Art aber nicht nur bei den Cottbuser Fans zum Publikumsliebling.

"Ein bisschen verrückt bin ich bestimmt", verriet "Pipi", wie er von seinen Fans genannt wird, dem Fußball-Magazin "Rund".

Beispiele gefällig? Piplica schnallt sich im Auto nicht an, weil es ihm dann zu eng wird. "Da nehm ich lieber den Strafzettel von der Polizei in Kauf."

Einmal hat er einen Tanga von einem Freund geschenkt bekommen. Piplica hat das Ding tatsächlich angezogen, mittlerweile lässt er es aber links liegen - wegen der Farbe. "Die gefällt mir nicht mehr."

Fehler gegen Bayern

"Ich denke aber auch, dass ein Torwart Eier in der Hose haben sollte, da er Dinge machen muss, die sonst keiner macht. Er muss alles ganz alleine entscheiden. Und da kommt es häufiger mal zu verrückten Situationen, die nur schwer zu erklären sind."

So wie sein Eigentor beim 1:2 in München im Dezember 2006, als er einen harmlosen Schuss von Bastian Schweinsteiger mit der rechten Schläfe ins Tor lenkte.

Rückendeckung der Teamkollegen

Piplica hatte erneut die Spötter auf seiner Seite. Er reagierte mit einem Presseboykott.

"Der wird zum Idioten in ganz Deutschland abgestempelt, da würde ich auch auf Tauchstation gehen", solidarisierte sich Steffen Baumgart mit seinem Teamkollegen.

Und auch Kapitän Kevin McKenna stärkte seinem Torhüter den Rücken. "Tomislav hat in diesem Jahr überragend gehalten, so was kann passieren."

Sander baut auf Piplica

Trainer Petrik Sander entschied sich gegen den Trend in der Bundesliga und tauschte seine Nummer eins nicht aus. Er machte die Abwehr für Schweinsteigers Tor verantwortlich.

"Wenn ich als Bundesligaspieler nicht weiß, dass man diesen Mann nicht schießen lassen darf, ist der Torhüter die ärmste Sau. Piplica macht nicht mehr Fehler als andere Torhüter und hat uns oft gerettet."

Piplica will noch bis 40 spielen

Und so fühlt sich Piplica stark genug, um noch ein paar Jahre nach Bällen zu hechten. "Ich möchte noch bis 40 weiterspielen", sagte Piplica im Trainingslager der Lausitzer in Antalya.

Die Bundesliga würde sich darüber freuen. Bunte Vögel wie Piplica sind rar gesät.

Thomas Gaber