Am Sonnabend feiert der Stürmer zum EM-Start seinen 34. Geburtstag. Für den gebürtigen Polen ist dieses Turnier ein einmaliges Erlebnis.

Danzig. Wenn Miroslav Klose etwas wichtig ist, dann fängt er den Satz gerne mit den Worten "Wer mich kennt, der weiß ..." an. Wer den deutschen Nationalstürmer also kennt, der weiß, dass "ich immer alles für die Mannschaft gebe", dass "ich mich nie hängen lasse" und, dass "mir Statistiken nicht wichtig sind". Wer Klose aber tatsächlich kennt, der weiß vor allem, dass er höflich und zurückhaltend ist. Nur gestern vergaß der bisweilen auch als introvertiert geltende Angreifer seine Zurückhaltung, als ein Reporter auf der Pressekonferenz im weißen Medienzelt unweit des Teamhotels Dwor Oliwski seine Frage mit einem Schwenk in die Vergangenheit einleiten wollte. "Sie sind ja schon seit zehn Jahren beim Nationalteam dabei", begann der Journalist seine Frage, als Klose ihm ins Wort fiel: "Seit elf Jahren. Ich bin seit elf Jahren dabei."

Natürlich hatte Klose recht. Am 24. März 2001 feierte der damals 22-Jährige sein Debüt im WM-Qualifikationsspiel gegen Albanien. Rudi Völler war Bundestrainer, Jens Nowotny spielte Libero. Der junge Klose wurde in der 73. Minute für Oliver Neuville eingewechselt, erhielt wenig später eine Gelbe Karte und schoss in der 88. Minute den 2:1-Siegtreffer. Es war sein erstes von 63 Toren in 116 Länderspielen. Und wer Klose kennt, der weiß, dass dies alles nun schon elf Jahre her ist. Die Welt dreht sich, der Kader der Nationalmannschaft ändert sich, Klose bleibt.

"Ich bin jetzt fast 34 Jahre alt. Ab und an tut schon mal der Rücken weh. Aber noch tragen mich meine Beine, deswegen schleppe ich meinen Kadaver noch ein bisschen über das Spielfeld", sagt Klose, der nur allzu gerne Witze auf eigene Kosten über sein "biblisches Alter" macht. Ganz im Ernst verrät der Torjäger, dass er in seinem Alter natürlich mehr machen müsse als all die Jungspunde um ihn herum. Ausgedehntes Stretching vor und nach dem Training sei für ihn Pflicht, "sonst zwickt der Rücken". Zudem habe er in den vergangenen Monaten ein personalisiertes Spezialtraining über sich ergehen lassen müssen, um bis zur EM in seinem Geburtsland gesund und topfit zu sein: "In meinem Alter wird man nicht mehr zu 100 Prozent fit, aber ich bin immerhin schmerzfrei."

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Bundestrainer Joachim Löw scheint ein schmerzfreier Klose jedenfalls zu genügen. Obwohl Sturmkonkurrent Mario Gomez mit acht Toren in den vergangenen zehn Länderspielen durchaus zu überzeugen wusste, muss schon ein kleines Wunder her, damit Löw beim EM-Auftakt gegen Portugal am Sonnabend, Kloses 34. Geburtstag, nicht auf die Dienste seinen Lieblingsschülers zurückgreift. Klose passt ganz einfach besser in den Löwschen Kollektivfußball. Die Zeiten eines klassischen Strafraumknipsers, der sich über weite Strecken des Spiels versteckt und plötzlich zum Torschuss wieder auftaucht, sind nun mal vorbei. So gesehen hat Klose berechtigte Vorteile gegenüber Bayern Münchens Gomez. Die "Süddeutsche Zeitung" meinte gar, dass "dieser polnische Pfälzer mit Wohnsitz in Italien fußballerisch betrachtet eigentlich ein Spanier" sei, was Klose in Anbetracht der spanischen Erfolge bei den letzten Turnieren durchaus als Kompliment verstehen darf.

In seiner Wahlheimat Italien lief das erste Jahr bei Lazio Rom für Klose trotz Verletzungssorgen jedenfalls mehr als nur gut. In 27 Spielen erzielte er zwölf Treffer, wurde zudem als Derbyheld nach seinem Last-Minute-Tor gegen den AS Rom gefeiert. Fünf Derbys hatte Lazio gegen den AS Rom nicht mehr gewonnen. Eine Ewigkeit in Rom. Der Briefträger, ein glühender Lazio-Anhänger, hätte am Tag nach dem Tor geklingelt, und gefragt, so erzählt es Klose, ob er ihm die Füße küssen dürfe.

Wo genau der gebürtige Oberschlesier aber seine Heimat des Herzens hat, daran ließ Klose auch gestern keine Zweifel. "Ich habe mich immer zu Polen bekannt. Meine Familie kommt von hier, meine Freunde kommen von hier, und ich bin hier geboren", sagte Klose, der auch immer noch auf dem Feld mit Lukas Podolski auf Polnisch kommuniziert. Aber im Gegensatz zu Podolski, der in einer Vielzahl von Interviews seine emotionale Nähe zu Polen betont habe, würde Klose seine Heimat verleugnen, hieß es in den polnischen Zeitungen, was der Geschmähte zurückwies: "Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte kommen. Irgendwann wurde mein Vater mal falsch zitiert."

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In dem von Klose angesprochenen Interview seines Vaters Josef wurde dieser in einer polnischen Zeitung mal mit den Worten zitiert: "Ich bin Schlesier und Europäer. Alles, was Mirek im Fußball erreicht hat, verdankt er deutschen Klubs und mir." Eine Aussage, die in Polen für großen Wirbel sorgte, die laut Klose junior aber so nie gefallen ist: "Ich liebe dieses Land."

Seinen Entschluss, für die deutsche statt für die polnische Nationalmannschaft zu spielen, bereue er aber trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil. Mit der deutschen Mannschaft habe er schließlich auch noch einiges vor. Der EM-Titel im Land seiner Eltern sei ein Traum, auch Gerd Müllers Torrekord mit 68 Länderspieltreffern, einst für "ewig" gehalten, könnte schon bei dieser EM wackeln. Und wer sagt eigentlich, dass nach dieser Europameisterschaft schon Schluss sein müsse? "Ich muss von Jahr zu Jahr sehen, wie weit mich meine Beine tragen. Aber die WM in Brasilien ist durchaus ein fernes Ziel von mir", sagt Klose. Und wer ihn kennt, der weiß, dass dies ganz ernst gemeint war.

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