Der Torhüter und Bastian Schweinsteiger entschieden die Nervenschlacht von Bernabéu gegen Real Madrid zugunsten der Bayern.

Madrid. Die Bayern dürfen nachhause fahren - und dort zum größten Spiel der Saison antreten: Dem Finale der europäischen Fußball-Champions-League. Durch einen 3:1-Sieg im Elfmeterschießen bei Real Madrid machte der deutsche Rekordmeister den Einzug ins Endspiel in der heimischen Arena perfekt.

Nach regulärer Spielzeit und Verlängerung hatten die Münchner das Halbfinal-Rückspiel zwar mit 1:2 (1:2) verloren, doch im abschließenden Elfmeterkrimi wurde Torhüter Manuel Neuer mit zwei gehaltenen Schüssen zum Helden von Bernabeu. Reals Superstars Cristiano Ronaldo und Kaka scheiterten jeweils im rechten unteren Eck am deutschen Nationaltorhüter, Sergio Ramos schließlich drosch den Ball in die Ränge. Den entscheidenen Elfmeter verwandelte Bastian Schweinsteiger, nachdem auf Bayern-Seite zuvor auch Toni Kroos und Kapitän Philipp Lahm an Real-Schlussmann Iker Casillas gescheitert waren.

In der regulären Spielzeit hatte Arjen Robben (27.) mit seinem Foulelfmeter nach dem frühen Doppelpack von Ronaldo (6./14., Handelfmeter) die Verlängerung erzwungen. Zum vierten Mal steht die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes im Endspiel der Königsklasse, in dem sie am 19. Mai auf den FC Chelsea trifft.

Rummenigge: "Ich liebe Manuel Neuer"

"Ich bin seit 40 Jahren im Profifußball dabei, habe so etwas aber noch nie erlebt. Es war das intensivste und emotionalste Spiel meiner Karriere“, sagt Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. .Über Elfmeter-Held Neuer sagte Rummenigge: "Deshalb lieben wir ihn. Ich liebe ihn nicht nur wegen dieser zwei Elfmeter, sondern auch, weil er so überragend ist. Der Präsident von Real hat mir gerade gesagt: Das ist der beste Torhüter der Welt.“

+++ Kommentar: Wie hässlich darf ein Sieg sein? +++

Auch Trainer Jupp Heynckes schwärmte: "Es war eine magische Nacht. Wir haben über weite Strecken überragenden Fußball gespielt. Es ist ein historisches Ereignis, dass wir in München das Finale spielen.“ Der entscheidende Elfmeter-Schütze Schweinsteiger meinte: "Es ist überwältigend. Von dem Spiel wird man noch Jahre sprechen. Speziell hier in Madrid. In München auch, aber in Madrid wird man es nicht vergessen.“

Tausende feiern auf Münchens Straßen

In München gab es nach dem späten Bayern-Sieg kein Halten mehr. Mit dem entscheidenden Elfer-Treffer hob in zahlreichen Biergärten und Kneipen mit Live-Übertragung des Spiels tosender Jubel und Gesang an: "Finaaaalee oooohooo“ und "We are the Champions“.

In der Innenstadt entlud sich die Anspannung mit Begeisterung und lauten Gesängen Tausender Fans. Allein über die Leopoldstraße zogen nach dem Sieg des deutschen Rekordmeisters gegen Real Madrid laut Polizei Hunderte jubelnde Menschen. Auch ein Autokorso bildete sich. Die Polizei sperrte daher die Leopoldstraße vorübergehend für den Verkehr. Bis Mitternacht blieb nach Polizeiangaben alles friedlich.

Lob von den Anhämgern erntete ausdrücklich Manuel Neuer: "Ein Schalker hat Bayern ins Finale gebracht“, sagte ein Fan mit Blick auf Neuers früheren Club auf Schalke. Lange Gesichter gab es dagegen bei den Fans von Real Madrid in spanischen Gaststätten der bayerischen Landeshauptstadt wegen des erst in letzter Minute geplatzten Finaltraumes.

Doch auch bei zahlreichen Bayern-Fans könnte es trotz des Finaleinzugs Enttäschungen geben. Denn für das Champions-League-Endspiel hat der deutsche Fußball-Rekordmeister lediglich 17.500 Karten von der Europäischen Fußball-Union Uefa bekommen. Bis zum Halbfinalerfolg bei Real Madrid am Mittwochabend lagen aber schon über eine Million Anfragen vor, teilte der Verein in Madrid mit.

Hoeneß: "Das war das Spiel der Spiele"

Ausgerechnet am Ort der bitteren Finalniederlage 2010 ebneten die stark und dominant spielenden Gäste den Weg für den ersten internationalen Titel seit elf Jahren. Durch die 5,6 Millionen Euro Prämie steigerten sich die Einnahmen der Bayern aus der Königsklasse zudem auf rund 50,9 Millionen Euro. "Wir sind superglücklich und sind verdient ins Finale eingezogen. Jetzt sind alle heiß auf das Finale in München“, sagte Elfmeter-Held Neuer. Bayern-Präsident Uli Hoeneß ergänzte: "Heute war das Spiel der Spiele. Wir haben uns mit dem Finale zu Hause einen Traum erfüllt. Bitter ist allerdings, dass Pechvogel David Alaba, Luiz Gustavo und Holger Badstuber nach der jeweils dritten Gelben Karte im laufenden Wettbewerb im Finale gesperrt ist.

+++ Das Spiel im Liveticker +++

Real musste trotz der schnellen Führung vor 80.925 Zuschauern im Hexenkessel des Santiago-Bernabeu-Stadions nach dem FC Barcelona als zweite spanische Mannschaft den Traum vom Titel begraben. Zum vierten Mal in fünf Anläufen scheiterte das Team von Jose Mourinho in einem Halbfinale an der “schwarzen Bestie„ aus München und wartet weiterhin seit 2002 auf den ersten internationalen Erfolg.

Bayern auf Augenhöhe - wenn nicht darüber hinaus

Es spielten fast die identischen Mannschaften gegeneinander wie im Hinspiel am vergangenen Dienstag. Heynckes vertraute erneut Schweinsteiger von Beginn an, bei den “Königlichen„ spielte lediglich der offensiver ausgerichtete Außenverteidiger Marcelo anstelle von Fabio Coentrao.

Die Zuschauer wurden schon vor dem Spiel mit weißen Real-Fahnen ausgestattet und erlebten von Beginn an eine sehr intensive Partie mit zwei Gegnern auf Augenhöhe. Madrid gehörte die Anfangsphase, aber das Spiel entwickelte sich früh zu einem großen Offensivspektakel mit Chancen im Minutentakt. Karim Benzema und Ronaldo auf der einen, und Mario Gomez auf der anderen Seite wurden gegen zwei wackelnde Defensivreihen immer wieder gefährlich.

Die Bayern starteten nervös: Schon nach zehn Sekunden trat Manuel Neuer bei einem harmlosen Rückpass neben dem Ball – noch folgenlos. Madrid schaltete aber den befürchteten Vorwärtsgang ein. Einen Schuss von Sami Khedira konnte Neuer noch entschärfen (3.), ehe Ball von Angel Di Maria Alaba im Strafraum am Arm traf. Schiedsrichter Viktor Kassai zögerte nicht lang und zeigte auf den Elfmeterpunkt: Ronaldo verwandelte eiskalt (6.).

Ronaldo, die Zweite - aber Robben schlägt zurück

Die Bayern ließen sich aber trotz des frühen Schocks nicht hängen, sondern wurden die deutlich aktivere Mannschaft. Ausgerechnet der bei jedem Ballkontakt ausgepfiffene Robben vergab den frühen Ausgleich, als er einen Traumpass von Pechvogel Alaba freistehend aus vier Metern in die spanische Dämmerung schoss (8.). Wie schnell es gehen kann, mussten die Münchner im Gegenzug erfahren: Lahm hatte Ronaldo keineswegs so gut im Griff wie noch im Hinspiel. Eine Unachtsamkeit des Bayern-Kapitäns nutzte Mesut Özil für einen Querpass auf den Portugiesen, der mit seinem zehnten Champions-League-Treffer das Bernabeu zum Beben brachte (14.).

Real konnte sich zurückziehen und Bayern kommen lassen. Die Gäste spielten “Tiki-Taka„ im Stile vom FC Barcelona, kamen aber nicht aus dem Spiel heraus, sondern ebenso vom Elfmeterpunkt zum wichtigen Anschlusstreffer. Pepe legte Gomez im Strafraum nieder – und Robben hatte Glück. Casillas lenkte seinen Strafstoß noch an den Innenpfosten, bevor er zum 1:2 ins Tor sprang (27.).

Bayern spielt besseres Rasenschach

Nach dem Seitenwechsel belauerten sich beide Mannschaften und warteten auf den entscheidenden Fehler des Gegners. Gomez vergab einen Kopfball (48.), Robben agierte zu eigensinnig (66.) - von Real hingegen war kaum noch etwas in Richtung Bayern-Tor zu sehen. In der 86. Minuten hatte Gomez das 2:2 auf dem Fuß, der Angreifer vertändelte den Ball aber aus kurzer Distanz frei vor dem Tor. In der Verlängerung gelang beiden Teams keine nennenswerte Aktion mehr.

Real Madrid - FC Bayern München

Real Madrid: 1 Casillas - 17 Arbeloa, 4 Ramos, 3 Pepe, 12 Marcelo - 14 Alonso, 6 Khedira - 22 Di Maria (75. Kaka), 10 Özil (111. Granero), 7 Ronaldo - 9 Benzema (106. Higuain). - Trainer: Mourinho

Bayern München: 1 Neuer - 21 Lahm, 17 Boateng, 28 Badstuber, 27 Alaba - 30 Luiz Gustavo, 31 Schweinsteiger - 10 Robben, 39 Toni Kroos, 7 Ribery (95. Müller) - 33 Gomez. - Trainer: Heynckes

Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)

Zuschauer: 80.000 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Ronaldo (6., HE), 2:0 Ronaldo (14.), 2:1 Robben (27., FE)

Elfmeterschießen: Alaba (Bayern München) 0:1

Ronaldo (Real Madrid) vergeben 0:1

Gomez (Bayern München) 0:2

Kaka (Real Madrid) vergeben 0:2

Toni Kroos (Bayern München) vergeben 0:2

Alonso (Real Madrid) 1:2

Lahm (Bayern München) vergeben 1:2

Ramos (Real Madrid) vergeben 1:2

Schweinsteiger (Bayern München) 1:3

Mit Material von dpa, dapd und sid