Karlsruhe. Vor 91 Tagen holte Oliver Kreuzer seinen HSV-Freund nach Karlsruhe. Dort scheiterte der Trainer auch an dem Erbe Jens Todts.

91 Tage nach dem ersten Training unter Mirko Slomka hat der Karlsruher SC die Zusammenarbeit am Dienstagabend wieder beendet. Rund zwei Stunden nach dem frustrierenden Unentschieden (1:1) gegen die Würzburger Kickers gab das Zweitliga-Schlusslicht die Freistellung des ehemaligen Champions-League-Trainers bekannt. Das Ende des Missverständnisses ist für Verein und Trainer gleichermaßen bitter - beide hatten sich viel voneinander versprochen.

Was Slomka wollte

Mirko Slomka trainierte in der Bundesliga den Hamburger SV, Hannover 96 und Schalke 04. Mit den Königsblauen spielte er Champions League. Doch nach dem Aus beim HSV im September 2014 (Punkteschnitt von 0,89) war das Interesse der großen Clubs erloschen. Den KSC wollte Slomka in dieser Saison souverän zum Klassenerhalt führen und dann mit dem Verein die ersehnte Rückkehr in die Bundesliga schaffen - und so beweisen, dass er es als Trainer drauf hat.

Was Slomka bekommen hat

Ihrer Führungsspieler beraubt und zusammengestellt vom damaligen Sportdirektor Jens Todt (jetzt HSV) und Slomkas Vorgänger Tomas Oral übernahm Slomka die Mannschaft auf Rang 15 - und stürzte ab auf den letzten Platz. In zehn Spielen gab es nur zwei Siege. Er unterschätzte, dass junge Profis gerade in extremen Situationen wie dem Abstiegskampf erfahrene Führungsspieler benötigen, um sich entfalten zu können. Trotz der fünf Neuzugänge in der Winterpause gelang es ihm nicht, eine neue, konkurrenzfähige Stammformation mit System zu finden.

Was der KSC wollte

Unter Markus Kauczinski verpasste der Verein die Rückkehr in die Bundesliga vor zwei Jahren denkbar unglücklich in der Relegation gegen den HSV (1:1 und 1:2 n.V.). Nachfolger Tomas Oral sollte aus dem Tabellensiebten der vergangenen Saison wieder einen Kandidaten für den Aufstieg machen. Der Plan ging gründlich schief. Interimstrainer Lukas Kwasniok schien die Mannschaft allerdings wieder in die richtige Spur gebracht zu haben, gegen die Top-Teams Dresden und Braunschweig gab es je einen Punkt. Slomka sollte die Saison sicher zu Ende bringen, dem KSC mit seinem Namen etwas Glanz verleihen und den Verein schließlich in die Bundesliga führen.

Was der KSC bekommen hat

Slomkas Ideen passten überhaupt nicht zu den Fähigkeiten seiner Spieler. Hinzu kam unprofessionelles Verhalten im Team, das in einer Disco-Feier nach dem Sieg gegen Hannover gipfelte. Nachwuchsspieler Marvin Mehlem verschlief danach das gesamte Training. In den Spielen hatte der Club zudem mit Pech, Schiedsrichterentscheidungen, aber auch vielen individuellen Fehlern zu kämpfen. Die Folge: Der Absturz ans Ende der Tabelle. Kein Club bekam in Slomkas Amtszeit so viele Gegentore wie der KSC. Seit mehr als fünf Monaten hofft das völlig verunsicherte Team auf einen Auswärtssieg.

Und nun?

Marc-Patrick Meister soll den Verein jetzt retten. Bislang war er für die U17 zuständig und auf Wunsch von Slomka auch als Co-Trainer bei den Profis eingebunden. Noch im Dezember traute Sportdirektor Oliver Kreuzer ihm den Job allerdings nicht zu und setzte lieber auf den erfahrenen Slomka.