Zürich. Ex-Fifa-Präsident ist nun doch bereit, zum deutschen WM-Skandal auszusagen. Auch eine Putin-Einladung will Blatter nicht ausschlagen.

Ex-Fifa-Präsident Joseph Blatter wäre zu einer Aussage im Skandal um das deutsche Sommermärchen nun doch bereit. "Ich habe mich nicht geäußert, denn ich war ja der Präsident. Jetzt kann ich sagen, was ich weiß", sagte Blatter in Zürich der Deutschen Presse-Agentur vor seinem 80. Geburtstag am Donnerstag. Die Behauptung von Franz Beckenbauer, die Fifa habe im Vorfeld der WM 2006 einen Vorschuss von 10 Millionen Franken für einen späteren WM-Zuschuss verlangt, wies Blatter erneut zurück.

"So lange ich in der Fifa war, hat es so etwas nicht gegeben. Das halte ich für unglaubwürdig und falsch. Das ist abstrus.“ Warum im Jahr 2002 dieser Betrag über die Schweiz auf dem Konto einer Firma des damaligen Fifa-Vorstandes Mohamed bin Hammam in Katar landete, kann sich Blatter nach eigener Aussage nicht erklären. "Sicher sieht das komisch aus. Aber das ist ein deutsches Problem“, sagte der Schweizer.

Die Daten der WM-Affäre

Der WM-Skandal

Mit einem Bericht über angeblich gekaufte Stimmen bei der Vergabe der WM 2006 erschüttert der „Spiegel“ den deutschen Fußball. Für diese Behauptung gibt es weiter keine Beweise, doch ein dubioser Millionentransfer bringt besonders DFB-Chef Wolfgang Niersbach in Bedrängnis. Was geschah bislang im WM-Skandal

16. Oktober

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) räumt in einer Pressemitteilung Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband Fifa ein.

16. Oktober

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, dass für den Zuschlag der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sei, um damit vier entscheidende Stimmen im Fifa-Exekutivkomitee zu kaufen. Das Geld soll vom ehemaligen Adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus gekommen sein. Der DFB weist den „Spiegel“-Bericht als haltlos zurück.

17. Oktober

Erstmals äußert sich DFB-Präsident Niersbach: „Ich kann versichern, dass es im Zusammenhang mit der Bewerbung und Vergabe der WM 2006 definitiv keine schwarzen Kassen beim DFB, dem Bewerbungskomitee noch dem späteren Organisationskomitee gegeben hat.“

18. Oktober

Franz Beckenbauer meldet sich zu Wort und dementiert den „Spiegel“-Bericht: „Ich habe niemandem Geld zukommen lassen, um Stimmen für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu akquirieren. Und ich bin sicher, dass dies auch kein anderes Mitglied des Bewerbungskomitees getan hat.“ 

19. Oktober

Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren. Als mögliche Tatbestände nennt eine Sprecherin Betrug, Untreue oder Korruption.

19. Oktober

Niersbach weist die Korruptionsvorwürfe erneut zurück, räumt aber erstmals „den einen offenen Punkt“ ein: „Dass man die Frage stellen muss, (...) wofür diese Überweisungen der 6,7 Millionen verwendet wurden.“

19. Oktober

Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger äußert Zweifel an der internen Aufarbeitung des DFB.

21. Oktober

Die DFB-Landesverbände fordern von Niersbach eine schnelle Aufklärung der Korruptionsvorwürfe.

22. Oktober

Niersbach tritt in Frankfurt sichtlich erschöpft vor die Presse und bringt nur wenig Licht ins Dunkel um die WM 2006.

23. Oktober

Das DFB-Präsidium stärkt Niersbach den Rücken, hält aber „strikt daran fest [...], dass lückenlos aufgeklärt wird.“

23. Oktober

Zwanziger bezichtigt Niersbach der Lüge und berichtet im „Spiegel“ von der vermeintlichen Existenz einer schwarzen Kasse „in der deutschen WM-Bewerbung“. Es sei „ebenso klar, dass der heutige Präsident des DFB davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon seit mindestens 2005“.

26. Oktober

Beckenbauer räumt in der Affäre erstmals einen „Fehler“ ein. Das Organisationskomitee hätte nicht auf einen Vorschlag der Fifa-Finanzkommission eingehen dürfen, um einen Finanzzuschuss zu bekommen, teilte der damalige OK-Präsident mit.

27. Oktober

Die vom DFB beauftragte Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erklärt, mit Ergebnissen in der Affäre sei nicht schnell zu rechnen.

28. Oktober

Zwanziger sagt vor den externen Ermittlern der Anwaltskanzlei aus.

3. November

Die Staatsanwaltschaft führt beim DFB in Frankfurt/Main eine Steuer-Razzia durch. Zudem durchsucht sie die Wohnungen von Niersbach, Zwanziger und dem ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Die Beamten ermitteln im Zusammenhang mit 6,7-Millionen-Euro-Zahlung wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.

6. November

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlicht angeblich von Niersbach stammende handschriftliche Notizen auf einem Schreiben des WM-OK an die Fifa aus dem Jahr 2004. Diese sollen belegen, dass er nicht erst 2015 von den Vorgängen Kenntnis hatte.

9. November

Am Nachmittag trifft sich das DFB-Präsidium zu einer außerordentlichen Sitzung mit Niersbach. Der 64-Jährige erklärt seinen Rücktritt: „Ich habe für mich erkannt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die politische Verantwortung zu übernehmen.“

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Blatter rechnet mit eigenem Freispruch

Bezüglich seiner eigenen Ethiksperre rechnet Blatter selbst weiter mit einer baldigen Aufhebung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS. "Ich hoffe, dass das Mitte April erledigt ist“, sagte er.

Die Ethikkommission des Weltverbandes hatte Blatter wegen mehrerer Verstöße für acht Jahre gesperrt. Die Fifa-Berufungskommission hatte diese mit Verweis auf die großen Verdienste des Langzeit-Präsidenten Ende Februar auf sechs Jahre reduziert.

Blatter wird vorgeworfen, dem ebenfalls gesperrten Uefa-Präsidenten Michel Platini im Jahr 2011 unerlaubt zwei Millionen Schweizer Franken überwiesen zu haben. Die Ethikhüter hatten wegen Bestechung eine lebenslange Sperre gefordert. Ein Freispruch Blatters vor dem CAS gilt als praktisch ausgeschlossen.

Blatter will Putin-Einladung annehmen

Spätestens bei der WM in Russland will Blatter aber in die Fußball-Familie zurückkehren. "2018 werde ich ganz bestimmt dabei sein. Es steht ja die Einladung von Staatspräsident Putin“, sagte er.

Blatters Fifa-Karriere in Bildern:

Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker

Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022
Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022 © dpa
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo © dpa | Olivier Maire
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz © dpa | DB Roberto Pfeil
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb © dpa | Bernd Weissbrod
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha © dpa | Epa
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt © dpa | Gary I Rothstein
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika © dpa | Eddy Risch
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter © dpa | Alessandro Della Bella
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus © dpa | Osservatore Romano / Handout
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter © dpa | Danilo Schiavella
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt © dpa | Mikhail Klementev/Ria Novosti /
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam © dpa | Ahmad Yusni
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