Paris/Zürich. Die Sonnenkönige der Fußballverbände machen einmal mehr ihr eigenes Ding. Platini ist sauer auf die Ethikhüter, Blatter auf ein Virus.

Der gesperrte Uefa-Präsident Michel Platini will am Freitag nicht zur entscheidenden Anhörung vor der rechtsprechenden Kammer der Fifa-Ethikkommission erscheinen. Der Chef der Europäischen Fußball-Union begründete seinen Verzicht auf eine erneute Aussage mit einer angeblichen „Missachtung der Unschuldsvermutung“ durch die Ethikhüter des Weltverbands, wie Platinis Anwälte am Mittwoch mitteilten. Die Verweigerung der Aussage solle Platinis „tiefste Empörung“ über das Verfahren dokumentieren, das allein dazu diene, seine Kandidatur für das Amt des Fifa-Präsidenten zu verhindern.

Dem Uefa-Präsidenten und dem ebenfalls suspendierten Fifa-Chef Joseph Blatter wird eine dubiose Zwei-Millionen-Franken-Zahlung im Jahr 2011 an Platini vorgeworfen. Nach Darstellung der Fußball-Funktionäre handelt es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Dienste aus den Jahren 1998 bis 2002. Blatter soll am Donnerstag noch einmal vor den Ethikhütern aussagen, Platini war für Freitag vorgeladen. Ein Urteil in der Causa wird für den 21. Dezember erwartet.

Die Sperren der Fifa-Ethikkommission

17. November 2010

Amos Adamu (drei Jahre), Reynald Temarii (ein Jahr, Geldstrafe in Höhe von 4500 Euro)

17. Dezember 2012: Mohamed bin Hammam (lebenslang)

30. April 2013: Vernon Manilal Fernando (erst acht Jahre, danach lebenslang),

13. Juni 2014

Franz Beckenbauer (provisorische 90-Tage-Sperre, widerrufen am 27. Juni 2014)

15. Oktober 2014

Ganbold Buyannemekh (fünf Jahre)

4. November 2014

Ganesh Thapa (provisorische 120-Tage-Sperre, verlängert um 90 Tage am 20. März 2015)

10. November 2014

Edmond Bowen (drei Jahre)

27. November 2014

Alberto Colaco (drei Jahre)

12. Mai 2015

Reynald Temarii (acht Jahre)

27. Mai 2015

Jeffrey Webb, Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas, Jack Warner, Eugenio Figueredo, Rafael Esquivel, José Maria Marin, Nicolás Leoz, Daryll Warner, Chuck Blazer (alle provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

28. Mai 2015

Aaron Davidson (provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

1. Juni 2015

Enrique Sanz, Jean Guy Blaise Mayolas, Badji Mombo Wantete (alle provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

6. Juli 2015

Harold Mayne-Nicholls (sieben Jahre)

9. Juli 2015

Chuck Blazer (lebenslang)

29. September 2015

Jack Warner (lebenslang)

8. Oktober 2015

Joseph S. Blatter (provisorisch für 90 Tage)Michel Platini (provisorisch für 90 Tage gesperrt)Jerome Valcke (provisorisch für 90 Tage gesperrt)Chung Mong-Joon (sechs Jahre plus 100.000 Schweizer Franken Geldstrafe)


 

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Platinis zweifelhafte Vorwürfe

Platini bezieht sich mit seinem Vorwurf gegen die Ethikkommission auf angebliche Aussagen eines Sprechers der ermittelnden Kammer, die eine lange Sperre für den Franzosen gefordert hatte. Sprecher Andreas Bantel hatte jedoch schon am Wochenende betont, diese Aussagen über Belege für korruptes Verhalten Platinis und eine bereits feststehende mehrjährige Strafe für den 60-Jährigen wegen diverser anderer Verstöße seien falsch wiedergegeben worden.

Platinis Vorwurf der Voreingenommenheit wirkt allerdings ohnehin zweifelhaft. Jurist Bantel hat als Mitglied der ermittelnden Kammer keinen Einfluss auf das Urteil der rechtsprechenden Ethikkammer. Dennoch kündigten Platinis Anwälte an, juristische Schritte gegen Bantel prüfen zu wollen.

Die rechtsprechende Kammer hatte bereits erklärt, dass im Falle eines Fernbleibens von Platini auch dessen Anwälte seine Sicht der Dinge bei der Anhörung schildern könnten. Der Fall werde wie jeder andere „unabhängig und unvoreingenommen“ behandelt, hieß es weiter.

Blatter springt Platini zur Seite

Frohen Mutes ist derweil Sepp Blatter, der nach eigenen Angaben trotz der Korruptionsvorwürfe gegen ihn noch viele Unterstützer im Weltfußball hat. „Viele Verbandspräsidenten stehen noch immer auf meiner Seite, auch wenn ich vorverurteilt wurde“, sagte er der italienischen Zeitung „Gazzetta dello Sport“ (Mittwoch). „Die Leute auf der Straße mögen mich immer noch“, ergänzte er. „An mich wird man sich erinnern, für die Idee eines universellen Fußballs.“

Zu Platini erklärte Blatter, er sei „ein ehrlicher Mann“. Aber auch der Franzose sei vom „Anti-Blatter-Virus“ befallen, das man ausrotten müsse. Der 79-Jährige bekräftigte zudem erneut seine Unschuld: „Ich erleide etwas, was wie die Inquisition scheint.“

Der Fifa-Boss, der auch ankündigte, eine Biografie schreiben zu wollen, erklärte, er habe nichts getan, was man ihm vorwerfen könne. „Vielleicht habe ich einigen Personen zu sehr vertraut“, sagte er. Die Gefahr, dass sich Sponsoren wegen des Korruptionsskandals von der Fifa abwenden könnten, sieht der Schweizer nicht: „Sie sind der Fifa treu, und es gibt keine bessere Plattform im Fußball.“

Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker

Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022
Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022 © dpa
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo © dpa | Olivier Maire
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz © dpa | DB Roberto Pfeil
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb © dpa | Bernd Weissbrod
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha © dpa | Epa
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt © dpa | Gary I Rothstein
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika © dpa | Eddy Risch
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter © dpa | Alessandro Della Bella
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus © dpa | Osservatore Romano / Handout
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter © dpa | Danilo Schiavella
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt © dpa | Mikhail Klementev/Ria Novosti /
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam © dpa | Ahmad Yusni
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