Hamburg/Berlin. Ex-Profi Ballack spricht über den scheidenden BVB-Trainer, den FC Bayern, die schwächelnde Premier League und seine eigene Zukunft.

Der langjährige Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack hält ein Engagement von Trainer Jürgen Klopp in der englischen Fußball-Premier-League auf absehbare Zeit für wahrscheinlich. „Es gibt mehrere Zeichen, die dafür sprechen, dass er irgendwann in England trainiert“, sagte Ballack, von 2006 bis 2010 für den FC Chelsea aktiv, im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

„Es gibt entsprechende Spekulationen in England, und es würde sich auch anbieten, dass er irgendwann nach England geht“, erläuterte der 38-Jährige weiter: „Er hat in Deutschland bei einem der besten Vereine trainiert. Er ist ein offener Trainer, der international Anerkennung genießt, aufgrund seiner Erfolge und der Art und Weise, wie er trainiert. Und er spricht Englisch.“

Klopp wird am Saisonende bei Borussia Dortmund aufhören und mit mehreren ausländischen Vereinen, auch aus England, in Verbindung gebracht.

Ballack hält Guardiola für den Richtigen

Bei Bayern München hält Ballack Pep Guardiola weiter für den idealen Trainer. „Peps fußballerisches Fachwissen ist unbestritten. Er ist ein Top-Trainer und in meinen Augen auch der Richtige für den FC Bayern“, sagte der frühere Münchener (2002 bis 2006).

Die Kritik an den Bayern nach den Halbfinal-Niederlagen im DFB-Pokal und der Champions League bezeichnete der 38-Jährige als „Jammern auf hohem Niveau. Ich kenne das ja aus meiner Zeit, wenn wir ‘nur’ Meister wurden“, betonte Ballack: „Man sollte einfach die Kirche im Dorf lassen, zumal sie in der Champions League an einem sehr, sehr guten Gegner gescheitert sind, wenn nicht dem Topfavoriten. Es tut aber manchmal auch ganz gut, wenn man wieder hungrig ist und die Spieler selbst merken, dass sie vielleicht einen Tick mehr tun müssen. Die Voraussetzungen für die Bayern sind jedenfalls auf Jahre hinweg hervorragend.“

Die Bayern hätten „über weite Strecken der Saison hervorragenden Fußball gespielt. Zwischendurch wurde nur noch über die Höhe der Siege diskutiert. Als die Meisterschaft feststand, haben sie leider etwas an Drive verloren. Aber das ist immer die Gefahr bei solchen Top-Mannschaften“.

Ballack könnte deutscher TV-Experte werden

Ballack selbst hält ein Engagement als TV-Experte in Deutschland für durchaus möglich. Eine Karriere als Trainer ist aber noch offen und wurde von dem 38-Jährigen zunächst einmal auf Eis gelegt.

„Warum nicht“, antwortete Ballack auf die Frage, ob er sich ein TV-Engagement nach Vorbild seiner früheren Klub- und Nationalmannschaftskollegen Mehmet Scholl (ARD) und Oliver Kahn (ZDF) vorstellen könne. „Aber die beiden machen ihre Sache sehr gut“, ergänzte Ballack, der seit 2012 in den USA als TV-Experte für den Sender ESPN arbeitet: „Ich bin aktuell nicht auf der Suche. Ich schaue natürlich nach rechts und links und beschäftige mich mit vielen Sachen. Und wenn interessante Anfragen kommen, schaue ich mir diese mit Respekt und in Ruhe an.“

Trainer-Karriere für Ballack vorstellbar

Mit einer Trainer-Karriere will sich Ballack, der dies seit dem Karriere-Ende vor drei Jahren durchaus als Option erachtet hat, aber „bewusst noch etwas Zeit“ lassen: „Wenn ich damit anfange, möchte ich das auch mit Herzblut machen.“

Wann dieser Moment gekommen sei, sei aber derzeit nicht absehbar. „Das kann jederzeit passieren. Aber das heißt nicht zwangsläufig, dass es irgendwann passiert“, äußerte Ballack: „Im Moment gibt es noch nichts Handfestes in diese Richtung. Ich widme mich erst einmal anderen Dingen, und dann kommt das vielleicht irgendwann. Oder auch nicht.“

Als „Coach“ in anderer Hinsicht wird Ballack am 6. Juni in Berlin fungieren. Vor dem Champions-League-Finale zwischen dem FC Barcelona und Juventus Turin wird der Markenbotschafter als Trainer der Einlaufkinder fungieren.

Ballack rät Engländern zu Verstärkungen

Dass in der Königsklasse für die englischen Vereine in diesem Jahr bereits früh Endstation war, ist für Ballack indes kein Zufall. „Ich hoffe, dass es nur ein Momentum ist, denn ich bin dem englischen Fußball immer noch sehr verbunden“, sagte der frühere Mittelfeldstar des FC Chelsea: „Aber ich denke schon, dass dieses Ergebnis den aktuellen Zustand widerspiegelt.“

Vereine wie Meister Chelsea, der FC Arsenal oder die beiden Klubs aus Manchester seien „aktuell nicht so weit wie Barcelona, Bayern oder Real, die immer wieder ins Halbfinale und Finale vorstoßen“, betonte der 38-Jährige: „Da gilt es für die Engländer anzusetzen und sich punktuell zu verstärken. Geld ist da, und ich denke, da wird wieder frisch investiert werden.“

In dieser Saison hatte kein einziger Verein aus der Premier League das Halbfinale der beiden Europacups erreicht. In der Fünfjahreswertung wird England deshalb den zweiten Platz an Deutschland verlieren. (sid)