Der Niederländer glaubt an sein Team und an eine schnelle Genesung Arjen Robbens, der in einer Woche aus Rotterdam nachkommen soll.

Johannesburg. Der Junge mit der weißen Kappe zögerte nicht, als Rafael van der Vaart die Eingangshalle des Hotels Hilton betrat. Mit schnellen Schritten rannte der Knirps auf den niederländischen Nationalspieler zu und bat ihn um ein Autogramm. Ein Sicherheitsmann eilte herbei, doch es bestand keinerlei Gefahr für den Fußballprofi von Real Madrid, der zunächst den Wunsch des kleinen Fans erfüllte und schließlich dem Beamten zuzwinkerte. Im Vorfeld sei gerätselt worden, welche Bedingungen sein Team wohl in Südafrika vorfinden werde, sagte van der Vaart, der am Montagmittag feststellte: "Das Hotel und unsere Trainingsanlage sind hervorragend."

Am Morgen nach der Ankunft auf dem Flughafen Tambo absolvierte die "Elftal" ihre erste lockere Einheit im Rugbystadion der Universität Witwatersrand. Im Anschluss daran stellten sich die niederländischen Kicker in der Mixedzone den Fragen der Medienvertreter. Jeder Spieler hatte seinen eigenen Bereich, gekennzeichnet durch den jeweiligen Namenszug in schwarzer Schrift auf orangefarbenem Untergrund. Der Platz hinter dem Schild mit dem Aufdruck "Arjen Robben" blieb komplett leer - und dennoch war die Aufregung um den Superstar des Deutschen Meisters und Pokalsiegers FC Bayern München das bestimmende Thema.

Fünf Minuten vor dem Abpfiff des letzten WM-Testspiels gegen Ungarn (6:1) hatte sich Robben einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zugezogen. "Wir müssen abwarten, was in den nächsten Tagen passiert. Es besteht aber immerhin Anlass zur Hoffnung, dass Arjen demnächst zu uns stoßen wird", sagte Trainer Bert van Marwijk.

Während seine Kollegen in Johannesburg auf dem Platz standen, begab sich Robben in Rotterdam in die Behandlung des Physiotherapeuten Dick van Toorn. "Ich vertraue ihm vollkommen und weiß, dass bei ihm vieles möglich ist. Er hat mir früher schon einmal geholfen", sagte Robben und fügte hinzu, dass es nun sein Ziel sei, in einer Woche nach Südafrika zu fliegen und schnell einsatzbereit zu sein.

Van Toorn ist 76 Jahre alt, gehörte einst der medizinischen Abteilung von Feyenoord Rotterdam an, ehe er eine eigene Praxis eröffnete. Die Stars der Niederlande zählen regelmäßig zu seinen Patienten. "Ich bin immer zu van Toorn gefahren, das war schon zu meiner Zeit beim HSV so, und das hat sich auch nicht geändert, seit ich für Real spiele", sagte Rafael van der Vaart.

Der einstige Hamburger Kapitän war ein begehrter Interviewpartner, denn erst kürzlich hatte er sich ebenso wie Robben einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zugezogen und bei van Toorn behandeln lassen. "Wenn Arjen es überhaupt schaffen kann, dann mit seiner Hilfe. Dieser Mann hat wohl magische Hände", sagte van der Vaart, der es als "herben Verlust" bezeichnete, dass Robben den Niederländern im Auftaktspiel der Gruppe E am kommenden Montag gegen Dänemark auf jeden Fall fehlen wird.

Dabei ist es in erster Linie van der Vaart, der von dem Ausfall des Münchners profitieren und vermutlich in die Startelf rücken wird. Dies wurde bereits im ersten Training deutlich, als sich Nationaltrainer van Marwijk (früher Borussia Dortmund) nach dem Aufwärmen nur um zehn Stammkräfte kümmerte: van der Wiel, Heitinga, Mathijsen, van Bronckhorst, de Jong, van Bommel, Kuyt, Sneijder, van Persie - und eben van der Vaart.

"Ich bin bereit, Verantwortung zu tragen. Aber das war immer so, das hat nichts damit zu tun, ob andere Spieler ausfallen", sagte der Spielgestalter, der seine Nebenleute aufforderte, "jetzt noch enger zusammenzurücken. Solange Arjen ausfällt, müssen wir unsere Spiele auch für ihn gewinnen."

An der Ausgangssituation habe sich nichts geändert, die Erwartungen seien hoch, bei den niederländischen Fans, aber auch im Mannschaftskreis, bekräftigte van der Vaart: "Wir gehen in jedes Turnier, um es zu gewinnen. Ich denke, die Chancen stehen gut, wir haben die Qualität. Am Ende benötigst du aber auch das nötige Glück."

ROBBEN MACHT HOFFNUNG AUF WUNDERHEILUNG

Zu den Konkurrenten im Kampf um den WM-Titel zählt der 27-Jährige Brasilien, Argentinien und Spanien, "das sind richtig starke Teams mit großer individueller Qualität". Die DFB-Auswahl ordnet der frühere HSV-Liebling dagegen nur in die Reihe der Außenseiter ein. "Wir sind besser als Deutschland", sagte van der Vaart, der als Grund dafür das Verletzungspech des Nachbarn nannte: "In Michael Ballack fehlt ihnen der Kopf des Teams. Das ist schwer zu kompensieren."

Die Frage, ob es den Niederländern denn leichter falle, Robben zu ersetzen als den Deutschen im Fall Ballack, beantwortete van der Vaart mit einem Schmunzeln auf den Lippen: "Wir haben einen sehr starken und ausgeglichenen Kader. Es gibt eine Reihe von Spielern, die so richtig heiß darauf sind, zu beweisen, was sie draufhaben."

Zu diesen Spielern zählt HSV-Profi Eljero Elia, der beim Auftakttraining am Montag zu den Reservisten zählte. Doch das störte den 23-Jährigen nicht. "Meine Zeit wird kommen", sagte der Hamburger Angreifer und betonte, dass er trotz seiner derzeit untergeordneten Rolle im niederländischen Aufgebot das Vertrauen van Marwijks spüre: "Ich weiß, dass der Trainer an mich glaubt."

Trotz aller Zuversicht hofft allerdings auch van der Vaart auf eine schnelle Genesung seines Kumpels Robben: "Wir sind auch ohne Arjen eine richtig gute Mannschaft - aber mit ihm sind wir natürlich noch besser."