85 Minuten hat Bayern das Spiel gegen Manchester City im Griff, bestimmt Tempo und Gegner – und das trotz Unterzahl. Doch dann leiten ausgerechnet zwei sonst so zuverlässige Größen die Pleite ein.

Manchester/Hamburg. 85 Minuten war der FC Bayern München die klar bessere Mannschaft und ließ Ball und Gegner laufen. Trotz nummerischer Überzahl fand Manchester City kein Mittel gegen diese übermächtigen Bayern. Phasenweise 70 Prozent Ballbesitz sprechen für die Dominanz des Champions-League-Siegers von 2013. Doch ausgerechnet zwei haarsträubende Fehler zweier sonst so zuverlässigen Akteure leiteten letztlich die lange Zeit nicht für möglich gehaltene Niederlage ein. Die 2:3-Pleite beim englischen Meister war vermeidbar, denn die Bayern brachten sich selbst um die Früchte ihrer Arbeit.

„Wir waren ein Mann weniger, haben uns aber nicht versteckt und den Ball laufen lassen. Wir haben gekämpft und gut gespielt. Am Ende machen wir zwei Fehler und verlieren das Spiel – das ist so schade“, analysierte Arjen Robben die Partie bei Sky und traf damit die Gemütslage der Bayern-Fans.

Dank Sergio Agüeros Dreierpack hat Manchester City den Einzug ins Achtelfinale nun sogar wieder selbst in der Hand. Für die Bayern wäre es sicherlich von Vorteil, wenn die Engländer rausflögen und dafür der etwas schwächere AS Rom oder ZSKA Moskau in die Runde der letzten 16 einzögen. Doch das haben die Münchner nun nicht mehr in der eigenen Hand.

„Es ist gut, dass es heute passiert ist, vielleicht ist es eine Lehre für uns. Denn wenn so etwas im Achtelfinale oder Viertelfinale passiert, bist du raus. Aber ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft“, sagte Trainer Pep Guardiola, der die Niederlage gelassen aufnahm, weil die Bayern ohnehin schon vor der Partie als Gruppensieger feststanden. Doch wer seine Worte aufmerksam verfolgte, ahnte bereits, dass der Spanier die Zügel spätestens in der K.o.-Phase wieder anzieht. Dort sind solche Fehler wie in der Schlussphase gegen City tödlich. Die gestrige Partie wird Guardiola nun als Lehrbeispiel dienen, wie man sich nicht verhalten kann.

Bayern dreht das Spiel in Unterzahl


Nach anfänglicher Dominanz, die seines gleichen sucht, erlebten die Bayern den ersten Schock in der 21. Minute. Mehdi Benatia hatte eine schlechte Position im Zweikampf mit Agüero, dennoch versuchte der für knapp 30 Millionen Euro aus Rom gekommene Verteidiger im Strafraum noch mit einer Grätsche an den Ball zu kommen. Doch das misslang gründlich. Benatia wurde vom Platz gestellt und der Gefoulte trat selbst zum Elfmeter an und verwandelte sicher.

Wer nun vermutete, die Bayern würden auseinanderfallen, wurde eines Besseren belehrt. Nach einer kurzen Sortierungsphase, in der Sebastian Rode für Dante, einen zusätzlichen Abwehrspieler, weichen musste, machten die Bayern da weiter, wo sie vor dem Platzverweis aufhörten: Den Gegner durch dominantes Kurzpassspiel müde spielen.

Folgerichtig drehte der deutsche Rekordmeister durch einen Geniestreich von Xabi Alonso (direkter Freistoß, 40. Minute) und die unbändige Willenskraft beim Kopfballtreffer von Robert Lewandowski (45.) das Spiel. City wirkte konsterniert und die Bayern hatten wieder alles im Griff.

Alonso wird zum tragischen Helden


Die lange Unterzahl führte letztlich zu einem extremen Kräfteverschleiß und damit zu den entscheidenden Fehlern. Geburtstagskind Alonso und Jérôme Boateng waren die Türme in der Unterzahl-Schlacht. Doch dann legte erst Alonso in der 85. Minute mit einem furchtbaren Querpass den Ausgleich auf und anschließend patzte auch der fast unfehlbare Boateng in der Nachspielzeit entscheidend. „Das waren zwei Einladungen, die passieren, wenn die Kräfte schwinden“, sagte Torwart Manuel Neuer nach dem Spiel.

Für Alonso war es ein besonders komischer Abend. Selten trägt sich der Spanier in die Torschützenliste ein und de facto nie unterläuft ihm ein Fehler. Doch am Dienstagabend, ausgerechnet an seinem Geburtstag, traten gleich beide Szenarien ein. „Wir hatten das Spiel unter Kontrolle und dann kamen diese beiden Fehler dazu. Manchester City hat sehr viel Druck gemacht und meinen Pass einfach abgefangen. Dann hat sich die Situation gedreht und man hat gemerkt, dass wir ein Mann weniger waren“, rechtfertigte sich Alonso.

Nach den beiden Last-Minute-Patzern kassierten die Bayern nun also die erste Niederlage nach zuvor 18 ungeschlagenen Spielen. Der nach Perfektion strebende Guardiola wird alles daran setzen, dass die nächste Siegesserie schon am Sonnabend beim Auswärtsspiel in der Bundesliga bei Hertha BSC startet.