Vor dem Länderspiel gegen Spanien wird der ehemalige Bayern-Profi als neuer Xabi Alonso gefeiert. Die beiden Spieler von Real Madrid sollen das Herzstück der deutschen Mannschaft bilden.

Vigo. Der Empfang geriet eher klein-weltmeisterlich. Als der Bus am Montag um 13.07 Uhr mit seiner wertvollen Weltmeister-Fracht an Bord vorfuhr, kreiste zwar beeindruckend tief ein dröhnender Polizeihubschrauber über dem Hotel Palacio de Vigo, doch für die Handvoll Schaulustigen hätte im Prinzip jeweils einer der am Empfang wartenden Wachmänner abgestellt werden können. Fleißig mit den Handys geknipst wurde nur, als Sami Khedira und Toni Kroos vorbeihuschten. Die beiden Profis von Real Madrid sollen das Herzstück der deutschen Mannschaft heute Abend beim Test gegen Spanien (20.45 Uhr, ZDF) bilden.

Rückblende. Am 7. Juli 2010 duellieren sich beide Teams im Moses-Mabhida-Stadion von Durban letztmals, es geht um den Einzug ins WM-Finale. In der 70. Minute hat der für Piotr Trochowski eingewechselte Toni Kroos die Riesenchance zur deutschen Führung, scheitert aber völlig freistehend an Torwart Iker Casillas. Drei Minuten später erzielt Carles Puyol nach einer Ecke von Xavi das 1:0-Siegtor für Spanien.

Wenn der gebürtige Greifswalder jetzt über das anstehende Freundschaftsspiel spricht, erinnert kaum noch etwas an den damals schüchternen 20-Jährigen, der mit seinem üppigen Talent längst zu einem Weltstar aufgestiegen ist. „Der große Vorteil ist, dass ich eine kurze Heimreise habe“, scherzt Kroos. Und freimütig gibt er zu, im Vorfeld keine Fernsehanalyse betrieben zu haben: „Die haben ja am Sonnabend gespielt. Ich habe mir lieber Zeit für die Familie genommen und Spanien nicht angesehen.“

In fast jeder Silbe schwingt das noch einmal gestiegene Selbstbewusstsein des Mittelfeldspielers mit. Nach dem WM-Sieg wechselte Kroos für 30 Millionen Euro zu Real Madrid und etablierte sich rasant schnell als Fixpunkt des Starensembles. Ein „pivote“, ein Drehpunkt sei er, schrieb die Sportzeitung „As“ über ihn. Kroos ist die Versorgungspipeline für die Offensivjuwelen Reals, für Cristiano Ronaldo, James, Isco oder Bale und wird als legitimer Nachfolger des zum FC Bayern abgewanderten Xabi Alonso gewürdigt. „Es ist schöner, wenn man positive Dinge über sich liest“, sagt Kroos. „Aber es geht im Fußball immer so schnell. Wenn wir das nächste Spiel verlieren sollten, können Sie ja noch einmal nachlesen, ob die Stimmung noch so positiv ist.“

Ohne Glamour, aber mit Gründlichkeit

Längst nicht so positiv ist die Ausstrahlung des drei Jahre älteren Khedira. Auch er war nach einer erfolgreichen WM zu Real gewechselt, 2010 nach Rang drei in Südafrika. Bald wurde der defensive Mittelfeldspieler zu einer Stütze der Madrilenen, ohne Glamour, aber dafür mit deutscher Gründlichkeit. Dann kam der 15. November 2013. Kreuzbandriss, Verlust des Stammplatzes im Verein, Sorge um das Erreichen der WM. Das gelang zwar in einem rekordverdächtigen Heilungsprozess, doch kurz vor dem WM-Finale musste er wegen muskulärer Probleme passen.

Richtig auf die Beine gekommen ist Khedira danach auch in Madrid nicht. Zuletzt hat ihn ein Muskelbündelriss im Oberschenkel zurückgeworfen. Sein Vertrag läuft im Sommer 2015 aus, nach einigen nebulösen Andeutungen von Reals Trainer Carlo Ancelotti ( „Es gibt Anzeichen, dass Sami gehen könnte“) gilt seine Zukunft als offen.

Khedira gibt sich kämpferisch: „Ich fühle mich gut und bin wieder gesund. Nicht nur der Kreuzbandriss, sondern auch die ein oder andere muskuläre Verletzung haben mich zurückgeworfen. Ich bin nun wieder auf einem guten Weg.“ Für ihn gehe es jetzt darum, das Länderspieljahr gegen Spanien gut abzuschließen und dann zu versuchen, bei Real wieder richtig Fuß zu fassen. Rückblickend bilanziert er: „Ich habe mehr erreicht, als ich mir selbst erträumt hätte.“ Für immer im Gedächtnis haften wird ihm bleiben, wie er gemeinsam mit Kroos im WM-Halbfinale Brasilien aufmischte (7:1).

Während für Kroos das Duell gegen Spanien zumindest „prestigeträchtig“ ist, geht es für Khedira auch ein bisschen um seine persönliche Zukunft. Immerhin: Heute Abend soll Khedira die DFB-Auswahl erstmals als Kapitän aufs Feld führen, trotz kurzfristig aufgetretener Knöchelprobleme. Ein Ausfall würde irgendwie passen – siehe WM-Finale. Ihn deshalb abzuschreiben wäre allerdings fahrlässig. Auf seinen Ehrgeiz und seine Besessenheit kann die Nationalelf nicht verzichten.