Dem Antrag von HSVPlus wurde stattgegeben. Nun soll Beiersdorfer kommen. Ein neuer Aufsichtsrat ist ebenfalls beschlossen. Verfolgen Sie die Mitgliederversammlung aus der Imtech Arena.

Revolution beim HSV: Die sportlich wie finanziell angeschlagenen Hamburger gliedern ihre Profi-Fußballabteilung aus und öffnen sich für Investoren. 86,9 Prozent der 9702 anwesenden Mitglieder stimmten am Sonntag für die entsprechenden Pläne der Reforminitiative HSVPlus. Die Hanseaten werden sich nun komplett neu aufstellen. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Carl Jarchow steht vor dem Aus. Stattdessen soll der ehemalige Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer an der Spitze der neuen Fußball-AG stehen.

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Die Reform sieht vor, die Lizenzspielerabteilung aus dem Gesamtverein auszugliedern und nach dem Vorbild des FC Bayern in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Danach könnten bis zu 24,9 Prozent der Anteile an strategische Partner verkauft werden. Den HSV plagen Verbindlichkeiten in Höhe von 100 Millionen Euro. Milliardär und Edelfan Klaus-Michael Kühne hatte im Vorfeld bereits seine Unterstützung in Höhe von rund 25 Millionen Euro angedeutet. „Jetzt muss die Arbeit beginnen“, sagte HSVPlus-Initiator Otto Rieckhoff.

"Der HSV ist ein Sanierungsfall", sagte Karl Gernandt, Vertrauter des steinreichen Edelfans Klaus-Michael Kühne und designierter Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger, vor der Abstimmung. Ex-Vorstand Bernd Hoffmann warnte beim 32. Hamburger Sportforum von NDR 90,3 und dem Hamburger Abendblatt befürwortet eine Ausgliederung der Profi-Fußballer und sieht die Initiative HSVPlus als "historische Chance": "Ich mag mir ein Scheitern von HSVPlus gar nicht vorstellen. Es bliebe eine Mehrheit an unzufriedenen HSVern und finanzielle Probleme zurück. Außerdem blieben die Strukturen, die dazu geführt haben, wo der HSV derzeit steht."

Wie läuft die Versammlung? Die vom Vorstand erstellte Tagesordnung sieht nach den Ehrungen, dem Vorstandsbericht und Anträgen zur Geschäftsordnung unter Punkt acht den Antrag zur „Ausgliederung des Geschäftsbereichs Profifußball“ vor, gefolgt von 53 Anträgen. Dass versucht wird, über eine Änderung der Tagesordnung diese Anträge zu umgehen, gilt als wahrscheinlich, birgt aber die Gefahr in sich, sich juristisch anfechtbar zu machen. Neben den Anträgen zur Fernwahl und der Verkleinerung des jetzigen Aufsichtsrats hat Aufsichtsratschef Jens Meier einen Antrag auf Einzelentlastung gestellt. Fällt er durch, tritt er sofort zurück.

Wer führt künftig den Verein? Der von HSVPlus gewünschte Aufsichtsrat mit Karl Gernandt an der Spitze hatte sich diese Woche vorgestellt. Auch die Vorstellungen für die operative Führung der AG sind weitgehend bekannt: Dietmar Beiersdorfer, noch bis 2015 bei Zenit St. Petersburg unter Vertrag, soll den Vorsitz übernehmen, Joachim Hilke für den nicht sportlichen Bereich (Vermarktung etc.) verantwortlich sein. „Wir werben nicht mit Beiersdorfer“, sagte Rieckhoff am Freitag und betonte, dass noch keine Einigung mit dem ehemaligen Sportchef des HSV erzielt sei. „Aber ja, wir haben Interesse.“ Oliver Kreuzer (noch zwei Jahre Vertrag als Sportchef) würde gerne unter Beiersdorfer als Manager für den Profibereich arbeiten. Oliver Scheel (Vorstand Mitgliederbelange) hat noch einen Vertrag bis Januar 2015, wäre wohl der falsche Mann, um den Übergang zu begleiten.

Vorstandschef Carl Jarchow soll keine Zukunft auf der AG-Seite haben. Immerhin kann er aber den Mitgliedern noch den Abschluss eines hochkarätigen Vertrags präsentieren. So verlängerte Jarchow den bis 2016 laufenden Vertrag mit Ausrüster Adidas vorzeitig (zahlt 2,7 Millionen Euro pro Jahr) und kassierte dafür das stolze Signing Fee in Höhe von sechs Millionen Euro.

Scheitert HSVPlus, müssen Jarchow und Hilke mit ihrer baldigen Entlassung rechnen. Aufsichtsrat Christian Strauß positionierte sich, dass er die Besetzung des Vorstands für nicht zukunftsfähig hält. Weil das Kontrollgremium nach einer Rücktrittswelle auf sechs Mitglieder geschrumpft ist, gibt es fünf neue Kandidaten: Rainer Ferslev (Anwalt), Ralph Hartmann (Unternehmer), Ex-Profi Andreas Merkle, Frank Schäfer (Hafenfacharbeiter) und Holger Urlitzki (Kaufmann). Fällt HSVPlus durch, gilt eine große Mehrheit für eine Verkleinerung des Rats als sicher.