Das Nachholspiel wird in der Nachspielzeit entschieden: Dank Thiagos Traumtor in letzter Sekunde hält Bayerns Siegesserie auch in Stuttgart. „Glücklich“ ist die meistgenutzte Vokabel auf Münchner Seite.

Stuttgart. Der FC Bayern ist auch weiter nicht zu schlagen: Dank der späten Treffer von Claudio Pizarro (76. Minute) und Thiago Alcántara (90.+3) zum 2:1 (0:1) beim wiedererstarkten VfB Stuttgart hielt die Rekordserie des Bundesliga-Tabellenführers auch im 43. Spiel hintereinander. Trotz einer über weite Strecken wenig überzeugenden Vorstellung verlängerte der Rekordmeister in dem Nachholspiel mit dem zehnten Sieg in Serie seine historische Marke und baute die Tabellenführung vor Bayer Leverkusen auf 13 Punkte aus.

Dabei hatte es nach der Stuttgarter Führung durch das zehnte Saisontor von Vedad Ibisevic (29.) vor 60.000 Zuschauern lange Zeit nach der ersten Bayern-Niederlage in der Fußball-Bundesliga seit dem 28. Oktober 2012 ausgesehen. Nach der höchst unglücklichen Niederlage beträgt der Vorsprung der Schwaben auf den Relegationsplatz weiter nur drei Zähler. „Wir haben ein wirklich gutes Spiel gemacht und hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt“, sagte VfB-Trainer Thomas Schneider. Seine Elf habe „leidenschaftlich gearbeitet“. „Es hat sich wie ein Sieg angefühlt, und am Ende hast Du gar nichts“, sagte der enttäuschte VfB-Abwehrspieler Konstantin Rausch. Keine Frage: Dieses Ende muss den Stuttgartern äußerst spanisch vorgekommen sein.

Guardiola lobt Mandzukic

In seiner Muttersprache gab dann auch der Siegschütze die glücklichen Umstände seines Treffers zu: „Es war glücklich, so ein wunderschönes Tor zu erzielen“, gestand Thiago, der allerdings auch fand: „Wir haben bis zum Ende alles versucht, deshalb ist der Sieg auch verdient. Natürlich war das ein wunderschönes Tor von mir, aber wichtiger ist der Erfolg der Mannschaft.“

Bayern-Trainer Pep Guardiola sah bei seiner Mannschaft lange Probleme, die eigene Linie zu finden. „Stuttgart hat 30 Minuten sehr gut gespielt, war aggressiver und hat viele Zweikämpfe gewonnen“, sagte Guardiola. „Nach der Einwechslung von Pizarro und Mandzukic haben wir mehr Chancen kreiert ,aber dadurch war unsere Ordnung nicht mehr so gut. Am Ende waren wir glücklicher, das war ein fantastisches Tor und ein unglaublicher Sieg.“

Auch Philipp Lahm bezeichnete den Erfolg als „definitiv glücklich“. „Wir waren nicht so konsequent wie sonst. Aber die Mannschaft hat gezeigt, dass sie im richtigen Moment die Tore machen kann“, meinte der Bayern-Kapitän.

VfB begann mutig

Bei den Münchnern war Mario Mandzukic nach seiner Ausbootung beim Rückrundenstart in Mönchengladbach zwar wieder im -Kader, aufs Feld ließ Guardiola den Torjäger aber erst nach 59 Minuten. Doch auch mit dem eingewechselten Kroaten und dem gleichzeitig ins Spiel gekommenen Pizarro kam das Offensivspiel der Bayern nicht auf Touren. Die in gleicher Besetzung wie beim 2:0 im Borussia-Park beginnenden Münchner agierten zwar gewohnt dominant, zeigten aber erst in der Schlussphase Entschlossenheit und Zug zum Tor. Die Treffer durch Pizarro und Thiago waren später Lohn.

+++ Der Spielverlauf zum Nachlesen +++

Der VfB spielte wie angekündigt von der ersten Minute an mutig, ging entschlossen in die Zweikämpfe und bereitete den Münchnern damit sichtlich Probleme beim Spielaufbau. Dabei mussten die Schwaben ausgerechnet im Südschlager Kapitän Christian Gentner ersetzen, der das Abschlusstraining wegen Problemen mit der Oberschenkelmuskulatur abgebrochen hatte. Dafür kam Rani Khedira zum zweiten Mal in dieser Saison in der Anfangsformation zum Zuge. Der jüngere Bruder des Real-Stars bot eine solide Partie. Noch übertroffen wurde er von Flügelflitzer Timo Werner, mit dem Rafinha seine liebe Mühe hatte.

Der Tabellenführer war zwar von Beginn an die spielbestimmende Mannschaft, doch trotz fast 80 Prozent Ballbesitz erkämpften sich die Schwaben durch Werner die erste Chance. Der Versuch des Youngsters aus spitzem Winkel flog über den Kasten (8.). Drei Minuten später kam Xherdan Shaqiri auf der Gegenseite nach einem Querschläger frei vor dem Tor zum Abschluss, der Heber des Schweizers landete auf dem Netz.

Stuttgarter hadern mit Schiri Gräfe

Haderten die Stuttgarter in der 12. Minute noch mit Schiedsrichter Manuel Gräfe, der ein Handspiel von Rafinha im Strafraum nicht mit Elfmeter ahndete, so durften sie beim Führungstor mit der Entscheidung des Berliners zufrieden sein. Als der abgefälschte Schuss von Werner ihn erreichte, stand Ibisevic im Abseits. Das zehnte Saisontor des Bosniers ließ den bis dahin verhalten agierenden Triplesieger allmählich munterer werden. Nach der besten Bayern-Kombination holte VfB-Schlussmann Sven Ulreich einen Schuss von Thiago aus dem Winkel (40.).

Auch im zweiten Spielabschnitt erwischten die Hausherren den besseren Start, als Ibisevic' Schuss knapp am Tor vorbeiflog (46.).

Acht Minuten später verhinderte David Alaba den zweiten Gegentreffer der Münchner, als er bei einem Schuss kurz vor der Torlinie klärte. Erst in der Schlussphase drängten die Gäste mit Macht auf den Ausgleich. Mit einem Reflex gegen Thiago verhinderte Ulreich (71.) den Ausgleich. Gegen den Kopfball von Pizarro und den Seitfallzieher Thiagos war aber auch der Schlussmann machtlos.

Dass der deutsche Rekordmeister in der Bundesliga gerade nach dem glücklichen Sieg gegen Stuttgart weiter auf der Hut sein muss, weiß schließlich Philipp Lahm: „Jeder Gegner will jetzt der Erste sein, der uns schlägt.“

Statistik

Stuttgart: Ulreich - Gotoku Sakai (65. Boka), Schwaab, Rüdiger, Rausch - Khedira, Leitner - Harnik, Timo Werner (86. Traore) - Ibisevic, Abdellaoue (90.+2 Sararer). Trainer: Schneider

München: Neuer - Rafinha, Jerome Boateng, Dante, Alaba - Lahm - Thomas Müller, Thiago, Toni Kroos (60. Pizarro), Shaqiri (59. Mandzukic) - Götze (88. Contento). Trainer: Guardiola

Schiedsrichter: Gräfe (Berlin)

Tore: 1:0 Ibisevic (29.), 1:1 Pizarro (76.), 1:2 Thiago (90.+3)

Zuschauer: 60.449 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Leitner (3), Rüdiger (2), Sakai (3), Boka (4), Harnik (3) - Kroos (3), Dante (2), Boateng (6)