Der Fußballverband will den Spielbericht aus Gelsenkirchen abwarten und dann über ein eventuelles Disziplinarverfahren gegen den Verein entscheiden. Hintergrund ist ein massiver Einsatz der Polizei im Schalker Block.

Gelsenkirchen. Fehlpässe, Fehlschüsse und fatale Fehleinschätzungen – beim FC Schalke 04 liegt derzeit fast alles im Argen. Nach dem 1:1 gegen den griechischen Vizemeister PAOK Saloniki im Playoff-Hinspiel droht nicht nur das vorzeitige Scheitern in der Qualifikation für die lukrative Champions League, sondern auch Ärger mit der Gelsenkirchener Polizei und der Uefa. Nach Ausschreitungen der Ultra-Fans sowie einem massiven Polizeieinsatz in der Schalker Nordkurve muss der sportlich gebeutelte Revierclub womöglich auch noch mit einer Strafe durch die Europäische Fußball-Union rechnen.

Wie eine Uefa-Sprecherin auf Anfrage erklärte, könne aber erst nach dem offiziellen Spielbericht aus Gelsenkirchen über ein eventuelles Disziplinarverfahren gegen den Verein entschieden werden. Damit sei nicht vor Freitag zu rechnen. Zuletzt hatte die Uefa Vorgänge wie am Mittwochabend in der Veltins-Arena mit empfindlichen Strafen wie Geldbußen, Platzsperren oder Zuschauer-Ausschlüssen geahndet. Wie auch bei Gegner Saloniki, der wegen Fan-Randale das Rückspiel gegen Schalke am kommenden Dienstag (20.45 Uhr/Sky und ZDF) zum Leidwesen von Stevens ohne Anhänger bestreiten muss. „Dann fehlt uns die Unterstützung der Fans. Das finde ich schade, weil Fußball noch immer für die Fans da ist“, kritisierte Stevens.

Dass Schalkes Geschäftsführer Peter Peters das konsequente Vorgehen der Gelsenkirchener Polizei, die nach eigener Darstellung auf Anraten griechischer Beamter eine Eskalation zwischen den rivalisierenden Fan-Gruppen mit Pfefferspray und Schlagstöcken verhindern wollte, auf der Vereinshomepage als „völlig unverhältnismäßig“ kritisierte, passt ins desolate Bild, das die „Königsblauen“ momentan in allen Bereichen abgeben.

+++ Video vom Polizeieinsatz +++

„Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf“, monierte Peters das strikte Einschreiten der Polizei, die ihren Einsatz in einer Mitteilung rechtfertigte und die Kritik damit zurückwies: „Zur Sicherung des polizeilichen Einsatzes und insbesondere zum Schutz der eingesetzten Kräfte war ein massiver Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock notwendig.“

Heldt: Unruhe war nicht hilfreich

Der Einsatz war erfolgt, um ein Banner im Schalker Fanblock zu entfernen, durch das sich PAOK-Anhänger provoziert fühlten. Sie hatten laut Polizei mit Blockstürmen, Spielfeldsturm und Spielabbruch gedroht, falls das von den Schalker Fans gezeigte Banner befreundeter Ultras des mazedonischen Clubs Vardar Skopje nicht verschwinde.

„Die Unruhe im Stadion haben wir auf der Tribüne natürlich mitbekommen, auch die Spieler auf dem Platz. Das war nicht hilfreich“, kommentierte Manager Horst Heldt das chaotische Geschehen. „Was genau passiert ist, hat das Team aber nicht beeinflusst“, meinte Jens Keller. Der Trainer beurteilte den erneut äußerst mäßigen sportlichen Auftritt seiner Elf gegen die biederen, aber vom früheren Schalke-Coach Huub Stevens hervorragend eingestellten Griechen überraschend positiv. Mit dem Ergebnis sei er nicht zufrieden, aber „mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, vor allem in der ersten Halbzeit“.

Wie weit sich der Champions-League-Halbfinalist von 2010/2011, der in der Vorsaison immerhin noch das Achtelfinale erreichte, nach dem miserablen Saisonstart von den eigenen Ansprüchen entfernt hat, zeigen auch die Reaktionen der Spieler. Anders als nach dem 0:4 in Wolfsburg gab sich kaum jemand besonders selbstkritisch, dafür aber umso zuversichtlicher. „Ich bin mir sicher, dass wir im Hinspiel einen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben und in Griechenland weiterkommen“, sagte Julian Draxler. Timo Hildebrand erwartet in Thessaloniki eine „schwere Kiste“, aber „es ist noch alles offen. Wir gehen positiv ins Rückspiel. Dort zählen nur Ergebnisse“, sagte der Keeper und betonte am Donnerstag via Twitter: „Wir verkennen die Lage, in der wir stecken, mit Sicherheit nicht.“

Farfán hat Glück im Unglück

Objektiv betrachtet stagniert Schalke, die Probleme türmen sich. Zwar hatte die Keller-Elf auch ohne den verletzten Torjäger Klaas-Jan Huntelaar in der ersten Hälfte 70 Prozent Ballbesitz gegen den extrem defensiven Gegner, aber mehr als das 1:0 durch Jefferson Farfán (32.) sprang eben nicht heraus. So kann das Ausgleichstor durch den Slowaken Miroslav Stoch (73.) für Schalke sehr teuer werden.

Noch herrscht aber Zuversicht, dass man die Gruppenphase erreicht und dadurch rund 20 Millionen Euro einnimmt. Weder Keller („Wir haben so viel Qualität in der Offensive, dass wie eine sehr gute Chance haben, weiterzukommen“) noch Heldt beschäftigen sich mit einem Scheitern. „Das Geisterspiel im leeren Stadion wird ungewohnt, ein Nachteil wird es allerdings nicht sein. PAOK hat zwar weiter nichts zu verlieren, aber nichtsdestotrotz werden wir weiterkommen“, meinte der Manager.

Die beste Nachricht kam aus der medizinischen Abteilung. Farfán fällt zumindest nicht so lange aus wie zunächst befürchtet. Bei einer Attacke von PAOK-Profi Ergys Kace (86.) erlitt er „nur“ eine schwere Prellung am Knöchel. Gleichwohl ist der Einsatz des Peruaners in Hannover am Samstag und in Griechenland drei Tage später unsicher.

Statistik

Schalke: Hildebrand – Uchida, Matip, Höwedes, Christian Fuchs – Höger (78. Goretzka), Jones – Farfan (87. Pukki), Draxler, Meyer (69. Clemens) – Szalai. – Trainer: Keller

PAOK: Jacobo – Kitsiou, Katsouranis, Vitor, Lino – Tziolis, Lazar – Lawrence (62. Kace) – Stoch, Salpingidis (62. Athanasiadis), Lucas (90.+1 Oliseh). – Trainer: Stevens

Schiedsrichter: Stephane Lannoy (Frankreich)

Tore: 1:0 Farfan (32.), 1:1 Stoch (73.)

Zuschauer: 52.444

Beste Spieler: Jones, Farfan – Lucas, Stoch

Gelbe Karten: Uchida – Kitsiou, Stoch, Tziolis, Lazar

Erweiterte Statistik (Quelle: impire):

Torschüsse: 16:9

Ecken: 5:4

Ballbesitz: 64:36 %