Die deutsche Torfrau pariert beim 1:0-Sieg über Norwegen zwei Strafstöße. Für das Team von Silvia Neid trifft Anja Mittag mit dem ersten Ballkontakt nach ihrer Einwechslung.

Solna. Sie fielen sich in die Arme, rannten wie wild umher und kreischten vor Freude. Der Jubel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft war überschwänglich und fand vor allem immer wieder ein Ziel: Torfrau und Kapitänin Nadine Angerer. Mit zwei gehaltenen Elfmetern hatte sie den größten Anteil am 1:0-Sieg im Europameisterschaftsfinale im schwedischen Solna gegen Norwegen und dem anfangs völlig unerwarteten achten EM-Titelgewinn in der Geschichte des deutschen Frauen-Fußballs.

Die deutsche Mannschaft, die den Titel am Sonntagabend mit einer rauschenden Hotel-Party feierte, wird am Montag um 13.45 Uhr in Frankfurt erwartet. Dann geht es ab zum Römer, wie es längst Tradition ist, wenn deutsche Fußballer einen großen Titel holen. Gegen 16 Uhr (ARD live) präsentiert sich das Team von Bundestrainerin Silvia Neid den Fans mit dem EM-Pokal auf dem Balkon. Als materiellen Lohn für den EM-Sieg kassieren alle Spielerinnen die Rekordprämie von 22.500 Euro.

„Was diese junge Mannschaft wieder geleistet hat, macht mich so stolz. Dieser EM-Titel ist sehr besonders. Nach den Hiobsbotschaften hat keiner damit gerechnet, dass wir so weit kommen“, sagte Neid und lobte Matchwinnerin Angerer: „Sie hat ihre ganze Klasse unter Beweis gestellt. Sie wollte im Finale unbedingt keinen reinlassen. Das hat man gemerkt.“ Die umjubelte Torhüterin fand es einfach nur „phänomenal und geil“, wieder Europameister zu sein. Im Vorfeld habe sie die Elfmeterschützen der Norwegerinnen zwar ein wenig studiert, im Finale dann aber doch spontan reagiert.

Zu den ersten Gratulantinnen gehörte natürlich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) habe „eindrucksvoll seine internationale Klasse mit Fußball auf höchstem Niveau unter Beweis gestellt“ und „die Menschen in unserem Land mit seiner leidenschaftlichen und kämpferischen Spielweise begeistert“, schrieb die Regierungschefin in einem Telegramm an Silvia Neid: „Ich gratuliere sehr herzlich!“

+++ Der Spielverlauf im Liveticker +++

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach freute sich schon kurz nach dem Abpfiff auf die Party: „Als Siegestanz mit Silvia Neid würde mir ein schöner Boogie gut gefallen“, sagte er und fügte dann an: „Der Titel ist ein toller Erfolg und eine Bestätigung für den Frauenfußball in Deutschland. Was das junge Team nach dem Ausfall vieler Stammspielerinnen geleistet hat, verdient ein Riesenkompliment. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass diese junge Mannschaft das schafft. Wir sind stolz auf unsere Frauen.“

Die haben es geschafft, sich nach der schwachen Vorrunde, in der die verunsichert wirkende und spielerisch enttäuschende DFB-Auswahl 0:1 gegen Norwegen verloren hatte, im Viertelfinale gegen Italien (1:0) und dem Halbfinale gegen Schweden (1:0) selbst aus der Krise zu schießen. „Wir haben als Team immer zusammengehalten. Das ist einfach überragend“, sagte Lena Lotzen von Bayern München, und die Wolfsburgerin Nadine Keßler erklärte: „Unser Zusammenhalt ist einfach unglaublich. Wir haben nie aufgegeben und uns den Titel alle erarbeitet.“

An den Teamgeist, der letztlich der Schlüssel zum Erfolg war, hatte auch Kapitänin Angerer immer wieder appelliert. „Wir brauchen Mut, Leidenschaft und Spaß“, hatte sie gefordert und beschwor immer wieder das Motto „Laganda 008“, das für alle Spielerinnen und Trainerinnen auf einem roten Armband um ihre Handgelenke während des gesamten Turniers präsent war. Das schwedische Wort „Laganda“ heißt auf Deutsch „Teamgeist“, die 008 steht für den achten Titel.

Angerer griff im Finale erstmals entscheidend ein, als Schiedsrichterin Cristina Dorcioman auf eine Schwalbe von Catherine Dekkerhus hereinfiel. Angerer hielt den Strafstoß von Trine Rönning grandios mit ihrem rechten Bein – und damit ihre Mannschaft im Spiel (29.). In der 33. Minute parierte sie einen Schuss von Ingvild Stensland. Nur vier Minuten nach der Pause brachte die eingewechselte Anja Mittag die deutsche Mannschaft nach einem tollen Zuspiel von Celia Okoyino da Mbabi aus acht Metern in Führung. Es war der allererste Ballkontakt Mittags. Die große Chance zum Ausgleich bot sich den Norwegerinnen nach einem Foul von Jennifer Cramer an Caroline Hansen in der 61. Minute. Doch diesmal scheiterte Solveig Gulbrandsen mit ihrem Elfmeter an Nadine Angerer.

„Wir können uns alle bei ,Natze‘ bedanken“, sagte Lena Gößling über die Torhüterin, und Okoyino da Mbabi kündigte euphorisch die Nachspielzeit an: „Unser absoluter Teamgeist hat uns diesen Titel beschert. Die Feier wird bestimmt bis in die Morgenstunden gehen.“

Statistik

Deutschland: Angerer/Brisbane Roar (34 Jahre/124 Länderspiele) - Maier/Bayern München (20/15), Krahn/Paris St. Germain (28/94), Bartusiak/1.FFC Frankfurt (30/74), Cramer/Turbine Potsdam (20/10) - Keßler/VfL Wolfsburg (25/18), Goeßling/VfL Wolfsburg (27/55) - Lotzen/Bayern München (19/16) ab 46. Mittag/LdB FC Malmö (28/97), Marozsan/1. FFC Frankfurt (21/24), Laudehr/1. FFC Frankfurt (27/65) ab 77. Schmidt/1.FFC Frankfurt (23/35) - Da Mbabi/1. FFC Frankfurt (25/84). Trainerin: Neid

Norwegen: Hjelmseth - Mjelde, Rönning, Christensen ab 85. Kaurin, Akerhaugen - Hansen, Gulbrandsen ab 69. Thorsnes, Stensland ab 76. Isaksen, Dekkerhus, Hegland - Hegerberg. Trainerin: Pellerud

Schiedsrichterin: Cristina Dorcioman (Rumänien)

Tor: 1:0 Mittag (49.)

Zuschauer: 41.301

Besondere Vorkommnisse: Angerer hält Foulelfmeter von Rönning (29.); Angerer hält Foulelfmeter von Gulbrandsen (61.) Beste Spielerinnen: Angerer, Kessler - Stensland, Mjelde

Gelbe Karten: - Krahn