Der HSV-Torwart kehrt nach zweijähriger Pause in den Kreis der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zurück

Hamburg. Um 12.24 Uhr war René Adler der erste Profi, der am Freitag den Platz neben der HSV-Arena betrat. Und er ging nach dem Ende des Abschlusstrainings vor dem Bundesliga-Spiel beim SC Freiburg (Sa., 15.30 Uhr, Liveticker bei abendblatt.de) um 13.55 Uhr als letzter Spieler wieder vom Platz.

Nur ein winziger, aber bezeichnender Beleg dafür, dass sich der HSV-Torwart den Telefonanruf am frühen Morgen erarbeitet hatte. Andreas Köpke, der Torwarttrainer der deutschen Nationalmannschaft, fragte den 27-Jährigen, was er denn nächste Woche vorhabe. "Dann", erzählt Adler weiter, "informierte er mich darüber dass ich für das Spiel gegen die Niederlande am Mittwoch nominiert bin. Er hat gesagt: Du und Manuel. So wie in alten Zeiten. Nur dass ihr beide älter geworden seid."

Am 17. November 2010, beim 0:0 gegen Schweden in Göteborg, hatte Adler zuletzt für die DFB-Auswahl im Tor gestanden. Was folgte, ist bekannt. Verletzungen kosteten ihn erst die WM-Teilnahme und den Stammplatz bei Joachim Löw. Und auch für Bayer Leverkusen blieb er in der vergangenen Saison ohne Liga-Einsatz. Doch zehn Einsätze im HSV-Trikot reichten, um seine (internationale) Klasse wieder nachhaltig in Erinnerung zu rufen. "Ich freue mich sehr, dass René nach seiner langen Verletzung wieder an seine alte Stärke anknüpfen konnte", sagte Löw. "Er soll wieder seine Chance bekommen, sich auch international zu bewähren. Die Entscheidung ist eine für René Adler und keine gegen Marc-André ter Stegen und Ron-Robert Zieler (rotgesperrt, die Red.) , die selbstverständlich weiter im Fokus bleiben werden."

Kein Wunder, dass Adler euphorisch reagierte. "Ich freue mich riesig, nach so langer Zeit wieder dabei zu sein. Wenn ich daran denke, wo ich vor einem halben Jahr stand, kommt es mir fast vor wie im Märchen. Die Nominierung ist eine schöne Belohnung für die harte Zeit. Ich werde die Tage bei der Nationalmannschaft genießen und Vollgas geben." Bezeichnend für Adler war aber sein Facebook-Eintrag am Freitag. Kein Wort über sein Comeback beim DFB, stattdessen eine Erinnerung an Robert Enke: "Morgen vor drei Jahren ging ein guter Mensch und Kollege von uns. Helft zusammen mit gegen die Krankheit Depression."

Wie schon beim Doppel-Spieltag gegen Irland und Schweden gehört auch Heiko Westermann zum Aufgebot. "Schön, dass ich jetzt zum zweiten Mal in Folge dabei bin", freute sich der HSV-Kapitän. "Spiele gegen Holland haben ihren besonderen Reiz. Natürlich hoffe ich, dieses Mal auch zum Einsatz zu kommen. Ich würde auch aufpassen, dass van der Vaart nichts passiert ..."

Dass auch Adler bei seinem Comeback einige Einsatzminuten erhält, ist nicht ausgeschlossen. "Wir werden am Montag in Ruhe besprechen, wie wir es machen", kündigte Löw an, der die klare Hierarchie im deutschen Tor unterstrich. "Manuel Neuer war bei uns in den letzten zweieinhalb Jahren die Nummer eins. Da gibt es keinen Grund, etwas zu verändern."

Nur: Wie kurzlebig der Fußball zuweilen ist, mussten besonders Neuer und Adler erleben. "Im Moment ist Manuel die Nummer eins und hat seit 2010 auch überragend gehalten", sagte HSV-Manager Frank Arnesen, "aber wir wissen alle, dass es schnell gehen kann. Er muss konstant sein Niveau halten und auf seine Chance warten. In jedem Fall ist es ein Luxus für die Nationalmannschaft, solch eine Nummer zwei zu besitzen." In gewisser Hinsicht schließt sich ein Kreis: Der letzte HSV-Profi im DFB-Tor war Jörg Butt, der 2000 sein Debüt für die Nationalelf gegen Liechtenstein feierte und ein Jahr später wohin wechselte? Genau, zu Leverkusen.

Nicht nur Adler, auch Arnesen durfte die Berufung des HSV-Keepers als Erfolg verbuchen. Schließlich war es der Däne, der die (ablösefreie) Verpflichtung Adlers gegen Zweifel angesichts der langen Verletzungspause durchsetzte. In Hamburg weiß man inzwischen längst, dass Adler nicht nur ein Ausnahmetorwart ist, der Neuer als Rivale gefährlich werden kann. Sondern auch eine echte Persönlichkeit.

DFB-Aufgebot: Neuer, Adler - Boateng, Höwedes, Hummels, Lahm, Mertesacker, Schmelzer, Westermann - L. Bender, Draxler, Götze, Gündogan, Kroos, Müller, Neustädter, Özil, Podolski, Reus, Schürrle - Klose.