Kölns Verteidiger Kevin Pezzoni löst nach Fan-Attacken seinen Vertrag auf. Übergriffe auf Profi-Spieler haben neue Dimension erreicht.

Köln. Die Flucht von Kevin Pezzoni vor dem Hass der Hooligans erschüttert den Fußball, die Übergriffe auf Profi-Spieler haben eine neue Dimension erreicht. Der Abwehrspieler des Bundesliga-Absteigers 1. FC Köln bat den Verein um die Auflösung seines Vertrags, weil er vor seiner Haustür und im Internet von eigenen "Fans" massiv bedroht worden ist. Liga-Präsident Reinhard Rauball schlägt Alarm und warnt vor einer "neuen Stufe der Eskalation".

"Ich weiß nicht, ob man traurig sein soll oder entsetzt oder beides. Das muss allen Entscheidungsträgern die Augen öffnen, dass die Null-Toleranz-Grenze gelten muss. Man muss der Täter habhaft werden, mit der Strenge des Gesetzes und der Vereine", sagte Rauball am Sonntag. DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock nannte die Drohungen "verabscheuungswürdig".

Die Aufarbeitung soll in aller Härte geschehen. "Die Täter erhalten Stadionverbote, werden aus dem Verein ausgeschlossen, sofern sie Mitglieder sind, und der FC wird eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um auch strafrechtlich gegen sie vorzugehen", sagte FC-Präsident Werner Spinner. Die Kölner haben in den sportlich turbulenten vergangenen Monaten immer wieder Probleme mit Gewalttätern gehabt.

Die Reaktionen auf den Fall Pezzoni waren quer durch den Fußball heftig. "Das sprengt alle Grenzen", sagte Trainer Jürgen Klopp vom Double-Gewinner Borussia Dortmund im ZDF-"Sportstudio", "das sind keine Fans, das sind einige Vollidioten." FC-Trainer Holger Stanislawski sprach konsterniert von "einigen Bekloppten", Hoffenheims Coach Markus Babbel erklärte, nun müsse man "höllisch aufpassen, dass das nicht zur Normalität wird".

Stanislawski hatte nach der Niederlage im Zweitligaspiel gegen Energie Cottbus (0:1) von den schlimmen Zuständen berichtet. "Da hat eine Gruppe von Menschen dem Spieler vor dessen Privatwohnung aufgelauert, ihn angepöbelt und ihn massiv bedroht", sagte der Trainer und fügte sichtlich bewegt hinzu: "Das geht nicht, das kann nicht sein! Sie haben Zettel an sein Auto geklebt und ihm klargemacht, dass sie ihm wehtun wollen."

Wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen werde, sagte Stanislawski, könne "ein 23-Jähriger nicht mehr unbeschwert Fußball spielen". Pezzoni habe sich daher entschieden, nicht mehr für den FC aufzulaufen, er habe in Angst gelebt. Während der Karnevalstage hatte ein Angreifer Pezzoni bereits das Nasenbein gebrochen.

Nun wurde der Abwehrspieler auch im Internet bedroht. Bei Facebook gründete sich eine Gruppe, die dazu aufforderte, Pezzoni und Co. "aufzumischen", User schrieben in Kommentaren sogar, dies werde nicht ausreichen.

Kevin Pezzoni äußerte sich nicht zu den Drohungen, er stellte aber eine Nachricht auf seine Facebook-Seite: "Es freut mich zu lesen, wie viel Verständnis für unsere Entscheidung entgegengebracht wird und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt und Co. haben."

Dies habe "weder auf noch neben dem Platz oder im privaten Umfeld etwas zu suchen". Die positiven Rückmeldungen blieben ihm gemeinsam mit "vielen schönen und erfolgreichen Spielen mit dem FC" in Erinnerung. Die Mannschaft stellte sich in einem offenen Brief an die Seite des Bedrohten und pochte auf eine strenge Trennung zwischen Privatsphäre und sportlicher Leistung.

Im vergangenen November hatte ein ähnlicher Fall in der Regionalliga für Aufsehen gesorgt. Daniel Bauer, Spieler des 1. FC Magdeburg, verließ den Verein, weil er bedroht worden war. Zehn Vermummte sollen an Bauers Haustür geschellt, sich als Pizzaservice ausgegeben und dann eindringliche Warnungen ausgesprochen haben.