Lukas Podolski, einst Spaßvogel einer ganzen Nation, zeigt sich bei der WM gereift - spielerisch und menschlich

Kapstadt. Über einzelne Spieler redet Joachim Löw nicht gern. Es hat also eine gewisse Bedeutung, wenn der Bundestrainer mal von seiner Linie abweicht und darüber berichtet, wie sehr es ihm gefalle, dass Lukas Podolski als gelernter Stürmer bei der WM so gut in der Defensive mitarbeite. "Das ist", sagt Löw, "schon sehr beeindruckend."

Gut, in der modernen Fußballwelt ist es das Normalste der Welt, dass sich ein offensiver Spieler auch mal an der Abwehrarbeit beteiligt. Aber was ist schon normal in diesen Tagen, in denen es eine deutsche Mannschaft ins Halbfinale schaffte, die vor dem Turnier kaum einer auf dem Zettel hatte? Und zwar genauso wenig wie Podolski, der mit der Empfehlung von zwei Toren in 27 Bundesligaspielen für den 1. FC Köln nach Südafrika kam.

Löw interessierte diese Quote einen feuchten Kehricht. Er setzte auf Podolski und wurde in dieser Entscheidung bislang noch nicht eines Besseren belehrt. Ganz im Gegenteil: Podolski spielt eine hervorragende WM. Er besticht durch gute taktische und kämpferische Leistungen - und widerlegt im fernen Afrika auch so ganz nebenbei die Mär des Gute-Laune-Prinzen.

Wer den 25 Jahre alten Stürmer im Kreis der deutschen Nationalelf beobachtet, dem fällt auf, dass Podolski nicht nur spielerisch gereift ist, sondern auch menschlich. Genau wie Bastian Schweinsteiger, sein früherer kongenialer Partner.

2004, als der deutsche Fußball nach der Europameisterschaft am Boden lag, waren sie es, die den Anhängern mit ihrer erfrischenden Spielweise Hoffnung gaben. Sie hatten Witz, sie hatten Charme und zogen als "Poldi & Schweini" eine ganze Nation in ihren Bann. Inzwischen sind sechs Jahre vergangen. Schweinsteiger möchte nicht mehr "Schweini" genannt werden und wirkt inzwischen sehr abgeklärt. Allerdings ist er immer freundlich und nicht selten humorvoll. Podolski dagegen ist es egal, dass er auch heute noch "Poldi" genannt wird. Weil er es komisch finden würde, sagt er, wenn es nicht mehr so wäre. Auch mit Späßen, das liegt in seinem Naturell, geizt er nicht. Nur die Dosierung ist erheblich besser.

Podolski legt den Fokus auf andere Dinge. Den Fußball, das ist klar. Aber auch auf die Familie. Seit zwei Jahren ist Podolski Vater eines Sohnes. Louis heißt er und ist das große Glück von Podolski und seiner langjährigen Freundin Monika. "Die Familie gibt mir sehr viel Kraft", sagt Podolski und strahlt, wenn er über Louis spricht: "Er macht mich stark! Wenn wir mal verloren haben, gibt mir Louis neue Kraft."

Auch wenn er nicht immer bei seinem Sohn sein kann, trägt er ihn trotzdem immer bei sich. In einem Fotoalbum, das ihm seine Verlobte geschenkt hat. Der Verantwortung der Familie gegenüber ist er sich bewusst. "Ich muss immer an sie denken und kann nicht einfach so machen, was ich will."

So wie auf dem Platz, wo er sich innerhalb der Mannschaft unterzuordnen und an die Maßgabe der Trainer zu halten hat. In Südafrika hat er alle Spiele auf der linken Seite im offensiven Mittelfeld bestritten. Gegen Australien (4:0) und England (4:1) hat er jeweils einmal getroffen, dazu beinhaltet sein Konto noch zwei Torvorlagen. "Es läuft gut, keine Frage", so der Angreifer, "aber wir haben noch nichts erreicht. " Was er möchte, hatte er nach dem Triumph im Viertelfinale über Argentinien ja schon lauthals verkündet: "Noch zwei Spiele, dann haben wir das Ding." Also, den WM-Pokal.