St. Paulis Neuzugang Moritz Volz traut den Engländern, auf deren Insel er lange spielte, viel zu - nur keinen Sieg gegen Deutschland.

Hamburg. Freitag war Trainingsstart an der Kollaustraße, und ich fühle mich gleich sehr wohl unter meinen neuen Kollegen. Ich habe mich die gesamte Sommerpause auf die Vorbereitung gefreut, aber etwas Wehmut bleibt trotzdem. Denn sollten die deutschen Angstgespenster (so wird unsere Nationalmannschaft auf der Insel bezeichnet) am Sonntag die Engländer schlagen, möglichst im Elfmeterschießen, dann wäre ich nirgends lieber als zu Hause in London. In elf Jahren auf der Insel habe ich gelernt, dass es nichts Schlimmeres gibt, als gegen Deutschland zu verlieren, aber auch nichts Schöneres, als uns zu schlagen. Die Engländer haben einen Riesenrespekt und Hochachtung vor uns Deutschen. Und zwar in allen Belangen. Egal ob im Business oder im Sport.

Nach den bitteren Niederlagen 1990 und 1996 sind wir ihr absoluter Angstgegner. Das Schlimmste, was sie sich vorstellen können, ist eine erneute Niederlage im Elfmeterschießen. Podolskis Fehlschuss gegen Serbien macht ihnen Mut, und Beckenbauers Interview, in dem er sich über Englands Spielstil mokierte, motiviert mindestens so viel wie der anstehende Besuch der Lebenspartner ab dem Viertelfinale. Aber ob das reicht, wird sich zeigen.

Die lange Premier-League-Saison ohne Winterpause scheint viele Nationalspieler eine Menge Kraft gekostet zu haben, und so waren bisher noch keine überzeugenden Leistungen von ihnen zu sehen. Aber durch das Weiterkommen ist sehr viel Druck von den Schultern aller Beteiligten gefallen. Ich bin mir sicher, im Achtelfinale eine stark verbesserte und enorm gefährliche englische Mannschaft zu sehen, die unsere jungen Adler auf Herz und Nieren testen wird, aber am Ende aufgrund des psychologischen Nachteils ihre Koffer packen kann. Mein Tipp: 3:2 nach regulärer Spielzeit. Oder 4:1 nach Elfmetern.

Moritz Volz spielte in England für den FC Fulham, Wimbledon FC und Ipswich Town. Während seiner Zeit in London schrieb er Kolumnen für die "Times".