Besonders ein deutscher Nationalspieler wird die aktuellen Diskussionen um die formschwachen Angreifer der deutschen Nationalmannschaft (Gomez, Klose, Podolski, Cacau) und die Nichtnominierung des Leverkuseners Stefan Kießling auch ein wenig zufrieden registriert haben: René Adler.

Mainz. Weil der (sorgenvolle) Blick der Öffentlichkeit verstärkt auf die deutsche Offensive ging, vollzog sich der jüngste Wechsel im Tor beinahe geräuschlos.

Nachdem Robert Enke wegen einer Viruserkrankung nicht nominiert werden konnte, erhielt der Torwart von Bayer Leverkusen das Vertrauen und wird in Moskau sein siebtes Länderspiel bestreiten.

Vor einem Jahr debütierte der 24-Jährige beim glanzvollen 2:1-Hinspielsieg gegen die russische Mannschaft in Dortmund. Seitdem kämpft er mit Enke (Hannover), Manuel Neuer (Schalke) und Tim Wiese (Bremen) um den Status als Nummer eins im Tor. Optisch hob er sich gegen die beiden Letztgenannten beim ersten Training schon mal ab: Während der Leverkusener in Weiß auflief, trugen seine Kontrahenten Schwarz.

Klar ist: Sollte Adler in Russland und gegen Finnland überzeugen, ist er im Rennen um den Startplatz in Südafrika ganz weit vorn, auch wenn Joachim Löw gestern verdeutlichte: "Er steht in den zwei Qualifikationsspielen im Tor, weil er uns zuletzt absolut überzeugt hat. Wir haben keine Bedenken. Er hat sehr viel Selbstvertrauen. Was danach kommt, wird man sehen."

So scheint auch Adler zu denken. Wie ein außenstehender Beobachter referierte der 24-Jährige über seine Rolle in der "T-Frage": "Ich bin weit davon entfernt, mir Gedanken über Geschehnisse zu machen, die in der Zukunft liegen, so spektakulär die Torhüterdiskussion in der Öffentlichkeit auch rüberkommt. Das würde mir nur meine Kraft rauben. Ich lasse dieses Thema nicht groß an mich ran."

Professionell, ja fast unterkühlt analysiert Adler den Wettkampf im Tor. Schauspiele, wie sie es in der Vergangenheit zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann gegeben hat, gehören offensichtlich der Vergangenheit an. Adler ist keiner, der verbal Ansprüche stellen will: "An einen Oliver Kahn komme ich in der Außendarstellung nicht ran, aber das ist auch nicht meine Art und Weise. Aber auf dem Platz bin auch ich sehr leidenschaftlich und emotional."

In der russischen Mannschaft steht mit Igor Akinfejew (23) ebenfalls ein junger Torwart im Kasten - ein Ausdruck des Generationswechsels? Nicht für Adler. "Entscheidend ist doch, ob ein Torwart die Bälle hält oder nicht, das Alter spielt dabei keine Rolle." Realismus Marke Adler, der nach seinen überzeugenden Auftritten gegen Südafrika (2:0) und Aserbaidschan (4:0) zeigen muss, dass er wirklich so nervenstark ist, wie er sich in diesen Mainzer Tagen gibt.

Denn in einem Nebensatz gibt der Keeper dann doch zu, dass er den Druck spürt: "Man steht als Nationalspieler noch mehr im Fokus. Es herrscht eine ganz andere Erwartungshaltung, man hat noch mehr Verantwortung", schilderte Adler seine Entwicklung seit dem ersten Länderspiel. "Es werden weniger Fehler verziehen."