Am Sonnabend (15.30 Uhr hier im Liveticker) kommt es zum Nordduell mit dem HSV. Das Abendblatt sprach mit Werder Bremens Tim Borowski.

Bremen. Am Tag der Bekanntgabe des vorläufigen WM-Kaders dreht sich in Bremen alles um die Nationalspieler. Tim Borowski (30) gehört seit zwei Jahren nicht mehr dazu. Er verfolgt den Trubel gutgelaunt aus der Ferne, schlürft einen Kaffee und begibt sich auf die Suche nach den Gründen.

Abendblatt:

Herr Borowski, Bundestrainer Joachim Löw hat seinen vorläufigen WM-Kader bekannt gegeben. Ihr Name steht nicht auf der Liste. Überrascht?

Tim Borowski:

Sicher nicht. Momentan bin ich da zu Recht kein Thema.

Bei der letzten WM gehörten Sie noch zum Kern der Mannschaft, spielten ein gutes Turnier und besaßen glänzende Perspektiven. Was ist passiert?

In der anschließenden Saison war ich viel verletzt, verlor den Anschluss, andere spielten sich in den Fokus. Bei der Euro 2008 machte ich zwei Spiele, doch dann war meine Zeit schlagartig vorbei. Das Ende kam heimlich, still und leise.

Haben Sie das Kapitel abgehakt?

Wenn ich über alles Negative nachdenken würde, würde es mich zerfressen.

Dann womöglich auch Ihr Jahr beim FC Bayern München, das Sie mehrheitlich auf der Bank verbrachten?

Mit dem richtigen Trainer wäre diese Saison sicher besser und anders verlaufen. Auch für mich persönlich.

Man hört ja die skurrilsten Dinge über die Saison mit Jürgen Klinsmann.

Ich war dabei.

Sie galten als sein Wunschspieler.

Mich hat einiges überrascht, da waren schon fragwürdige Entscheidungen dabei. Aber abgehakt.

Seit 2009 sind Sie wieder zurück in Bremen. Wunschlos glücklich dürften Sie dennoch nicht sein.

Ich hatte in dieser Saison weniger Einsatzzeit als ich mir vorgenommen hatte. Die Hinrunde war durchwachsen, ich hatte Verletzungen. In der Winterpause habe ich mich richtig reingekniet.

Werders Ziele lauten Pokalsieg und Champions-League-Qualifikation. Hätten Sie vor neun Wochen daran geglaubt?

Die Champions League war damals in weiter Ferne, wir hatten andere Probleme. Aber uns war stets bewusst, dass wir eine gute Mannschaft haben und den Glauben daran auch nicht verloren. Wer in schwierigen Zeiten ruhig und besonnen bleibt, der wird belohnt.

Fast schon traditionell kann Werder gegen den HSV ein Ziel erreichen. Macht es gegen Hamburg besonders Spaß?

Ich mache das nicht am HSV fest, Ziele erreicht man über eine ganze Saison. Aber es ist schon ein besonderes Spiel.

Für viele HSV-Fans stellt Ihr Verein gerade aufgrund der vergangenen Jahre ein Trauma da. Haben Sie Mitleid?

Es ist für HSV-Fans zuletzt nicht leicht gewesen, und das soll auch so bleiben. Aber an ein Trauma glaube ich nicht.

Weshalb schafft es der HSV nicht, auf Augenhöhe mit Werder zu kommen?

Das kann ich nicht beurteilen.

Anders gefragt: Welche Elemente sind wichtig, wenn man sich dauerhaft in der Bundesligaspitze festsetzen will?

Konstanz ist im Fußballgeschäft selten geworden, bedeutet für mich aber ein wichtiges Erfolgsrezept. Hinzu kommt eine gute Jugendarbeit. Wir haben ja jetzt auch eine junge Mannschaft mit vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. Meine Mutter hat mir am Wochenende zum 30. Geburtstag ein Buch geschenkt. Mit Zeitungsausschnitten, Fotos und Interviews. Da habe ich gerade gelesen, dass ich diese Dinge schon 2000 genannt habe. Das hat also schon etwas mit einer Philosophie zu tun.

Sollte es zum 40. den Fortsetzungsband geben, in welchen Trikots werden Sie abgebildet sein? Es gab ja auch mal Gerüchte über einen Wechsel zum HSV.

Mehrfach, ja. Ich kann mir aber gut vorstellen, meine Laufbahn bei Werder zu beenden. Ich spiele hier mit Ausnahme der Saison bei Bayern seit 14 Jahren. Meine Frau kommt aus Bremen, meine Tochter ist hier geboren. Es passt einfach. Ich will mich noch einmal durchsetzen, und wenn dann ein Anruf von Jogi Löw käme, würde ich sofort wieder hinfahren.