Hamburg. Gegen die Nürnberg Ice Tigers gab es für die Freezers die erste Heimniederlage. Die Hamburger verloren mit 1:2.

Es gibt da dieses neue Ritual bei den Hamburg Freezers. Nach jedem Sieg in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) wählt der beste Spieler des vorangegangenen Sieges den besten Spieler des aktuellen Spiels. Dieser bekommt als Auszeichnung eine Feuerwehruniform, weil jener Beruf dafür steht, für andere alles zu geben. Genau diese Einstellung erwartet Serge Aubin von seinen Profis in jedem Spiel. Am Sonntagnachmittag war nach der 1:2 (0:0, 0:1, 1:1)-Niederlage in der Barclaycard-Arena gegen die Nürnberg Ice Tigers zwar kein Helm zu vergeben, einen Feuerwehrmann allerdings hätte es dringend gebraucht, denn nach nur vier Spielen der Saison 2015/16 brennt es bei den Freezers.

Auch Aubin hätte Abkühlung nötig gehabt, denn als der Freezers-Cheftrainer nach einem schmallippigen Statement auf der offiziellen Pressekonferenz in die obligatorische Runde mit den Hamburger Medienvertretern einscherte, da hätte ein kleiner Funke gereicht, um den Frankokanadier zur Explosion zu bringen. „Wir haben keine Zweikämpfe gewonnen, im Über- und Unterzahlspiel nicht das getan, was wir können, nicht hart genug gearbeitet, kein Tempo und keine Kreativität entwickelt. Das ist einfach nicht gut genug, um in dieser Liga Punkte zu holen“, sagte er. Nach dem Grund für die fehlende Leidenschaft solle man „bitte die Spieler fragen“.

Das allerdings hatte man zuvor schon getan – und dabei recht kleinlaute Erklärungsversuche und umso deutlichere Schuldeingeständnisse erhalten. „Wir sind zu langsam ins Spiel gekommen und hatten 40 Minuten lang überhaupt keine Leidenschaft“, gab Abwehrspieler Kevin Schmidt zu. Angreifer Adam Mitchell, der ob der Ausfälle der Verteidiger Brett Festerling (durchtrennter Nerv im Handgelenk), Christoph Schubert (Schädelprellung) und Jonas Liwing (Knöchelblessur) in die Defensive zurückgezogen worden war, konnte auch keine Begründung dafür liefern, warum das Team erst im Schlussdrittel so etwas wie Siegeswillen ausgestrahlt hatte. „Wir können viel besser spielen, aber wenn wir so spät damit anfangen, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir verlieren“, sagte er, „vier Punkte aus vier Spielen sind selbstverständlich ein Fehlstart.“

Da ist es also wieder, das Wort, das die Hamburger in ihrem Umfeld nicht mehr hören wollten. Nachdem sie in den vergangenen beiden Jahren so schwach gestartet waren, dass die Aufholjagd die im Saisonendspurt – sprich Play-offs – nötige Kraft aufgezehrt hatte, sollte in diesem Jahr alles besser werden. „Wir hatten uns das anders vorgestellt“, sagte Sportdirektor Stéphane Richer, der allerdings vor Panikmache warnte. „Es sind erst vier Spiele gespielt, und man muss das große Bild sehen. Wenn einem fünf Leistungsträger fehlen, ist das schwer zu kompensieren“, sagte er. Neben dem Defensivtrio fehlten die Stürmer Julian Jakobsen (Knöchel) und David Wolf (Sperre).

Richer hat recht, dennoch dürfen die offensichtlichen Probleme nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dass Brett Festerling frühestens im November wieder seine Topleistung würde bringen können, war vor Saisonbeginn klar. Abzüglich des noch nicht DEL-reifen Dominik Tiffels, 21, mit nur sechs Abwehrspielern in die Saison zu gehen, das war eine bewusste Entscheidung, die den Verantwortlichen nun, da das Verletzungspech ein treuer Begleiter bleibt, auf die Füße zu fallen droht. Richer beobachtet zwar den Markt, reagieren will er aber erst, „wenn Brett in drei, vier Wochen noch nicht fit ist“.

Auch die Torhüter schwächeln

14 Gegentore aus den ersten vier Saisonspielen sind nicht wegzudiskutieren, auch wenn dafür natürlich nicht die verbliebenen Abwehrspieler allein verantwortlich sind. „Defensivarbeit ist eine Aufgabe des gesamten Teams“, sagte Kevin Schmidt, „und natürlich müssen wir über die vielen Gegentore reden.“ Dass die Mannschaft gegen Nürnberg offensiv keine Risiken einging und bei ihren acht ungenutzten Powerplays seltsam gelähmt agierte, wirkte wie eine Strategie, um wenigstens hinten sicher zu stehen. „War es aber nicht“, sagte Aubin, „wir waren einfach geistig zu langsam heute.“

Erwähnt werden muss auch, dass die Torhüter Sébastien Caron, der beim 5:6 nach Verlängerung in Krefeld am Freitagabend schwach hielt, und Dimitrij Kotschnew, der gegen Nürnberg auch nicht immer sicher wirkte, bislang nicht die Rückhalte sind, als die man sie kennt. Aubin wollte allerdings die Schuld nicht an Einzelpersonen festmachen. „Wir haben im Moment zu viele Mitläufer, da ist das gesamte Team gefordert, die richtige Einstellung zurückzugewinnen“, sagte er.

Wer deutscher Eishockeymeister werden will, und das wollen die Spieler der Freezers, der muss im März in Topform sein, wenn nach 52 Hauptrundenspielen die Play-offs starten. Aber bis dahin gehört es zum Job, den zahlenden Fans Leistung zu bieten. Feuer ins Spiel könnte vor allem Nordamerika-Rückkehrer Wolf bringen, der am kommenden Sonntag in München nach abgesessener Sperre sein Comeback gibt. Wenn er wie erhofft zündet, dann wird es auch wieder einen Feuerwehrmann geben bei den Hamburg Freezers.

Die Statistik

Tore: 0:1 (30:27) Pföderl (Joslin, Klubertanz) 5-4, 0:2 (47:35) Nowak (Steckel, Pfleger), 1:2 (59:52) Mitchell (Roy, Davies).

Strafminuten: 8/20.

SR: Brill/Schütz (Zweibrücken/Rosenheim).

Z.: 6617.